IW-Studie:Ohne Geld und ohne Abschluss

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Studien zufolge ist vor allem der Bildungshintergrund der Eltern entscheidend dafür, ob ihre Kinder in der Schule Erfolg haben oder nicht. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Wer in Armut aufwächst, bricht eher die Schule ab. Das kann wiederum die Wirtschaft in den besonders betroffenen Regionen bedrohen.

Von Katharina Kutsche, München

Wenn Kinder in Armut aufwachsen, sind ihre Chancen auf einen Schulabschluss gefährdet. Das ist nicht neu, doch nun ergibt eine Studie des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), dass sich dieses Problem auch regional abbilden lässt: Je höher die Armutsgefährdung in einzelnen deutschen Regionen ist, desto höher ist dort die Quote der Schulabbrecher. Das wiederum hat Folgen für die Wirtschaft vor Ort.

IW-Studienleiter Wido Geis sagt, "wenn Kinder in schwierigen Verhältnissen aufwachsen, hat das einen negativen Effekt auf ihren Schulerfolg". Am stärksten betroffen sind demnach Gelsenkirchen und Leipzig sowie das nördliche Sachsen-Anhalt mit den Landkreisen Salzwedel und Stendal. In Gelsenkirchen etwa sind fast 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen armutsgefährdet, etwa ein Zehntel aller Jugendlichen verlässt die Schule ohne Hauptschulabschluss. In Leipzig liegt die Armutsgefährdungsquote bei 28 Prozent, die Quote der Schulabbrecher bei etwa zwölf Prozent und damit doppelt so hoch wie im bundesweiten Durchschnitt.

Geis und sein Team nutzten für ihre Untersuchung die Ergebnisse des Mikrozensus 2013. Als armutsgefährdet gilt, wer über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens in Deutschland verfügt - unter Berücksichtigung der regional unterschiedlichen Lebenshaltungskosten. Nach diesen Kriterien ist im Schnitt knapp ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland armutsgefährdet. Den regionalen Armutszahlen stellten die Forscher die Ergebnisse der Schulstatistik von 2014 gegenüber, ebenfalls heruntergebrochen auf Landkreise und Regionen. Besonders positiv steht das westliche Mittelfranken da: Hier verlassen lediglich drei Prozent der Jugendlichen die Schule ohne Abschluss, nur sieben Prozent der jungen Menschen sind armutsgefährdet.

Die Probleme der Eltern werden häufig an die Kinder vererbt

Der Grund für den Zusammenhang zwischen Armut und schlechten Bildungschancen liegt jedoch nicht vorrangig im geringen Einkommen der einzelnen Familien. Studien zufolge ist vor allem der Bildungshintergrund der Eltern entscheidend dafür, ob ihre Kinder in der Schule Erfolg haben oder nicht. Und viele Eltern haben gerade wegen ihrer eigenen mangelnden Bildung ein geringeres Einkommen. Daher falle es ihnen schwerer, ihre Kinder bei den Hausaufgaben und beim Lernen für Schularbeiten ausreichend zu unterstützen.

In der Folge werden Bildungs- und Einkommensarmut häufig weitervererbt. "Und damit habe ich einen regionalen Teufelskreis", sagt Geis, "denn in der nächsten Generation gibt es weniger Fachkräfte, die in der Wirtschaft arbeiten können." Das mindere die regionalen Wachstumsmöglichkeiten. Den Preis für diese Entwicklung zahlen die Städte und Landkreise: Wer keinen Schulabschluss hat, ist oft auf Sozialleistungen angewiesen, überwiesen von den kommunalen Trägern.

Geis fordert daher, "den Kindern die Möglichkeit zu bieten, diese Nachteile auszugleichen, auch durch den Ausbau von Ganztagsschulen." Die Politik solle für Kinder aus armutsgefährdeten Haushalten ein Lernumfeld schaffen, das es ihnen leichter mache, in der Schule Erfolg zu haben, so der IW-Forscher. Zwar könne die Schulabbrecherquote nicht mit Bildungsarmut gleichgesetzt werden, weil viele Jugendliche ihren Abschluss später nachholen, etwa durch ein Berufsgrundbildungsjahr auf einer Berufsschule. Doch nicht alle schaffen diesen Schritt, zudem binde dieser Übergang Geld und Zeit, in denen die jungen Leute dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, erklärt Geis. Die Lösung liege daher in der frühen Förderung von Kindern aus bildungsfernen Familien, etwa durch Hausaufgabenhilfe und Sprachförderung.

© SZ vom 25.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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