Investitionen in ETF:Die ganze Welt im Depot

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Mit Indexfonds können Anleger ihr Geld breit streuen, das heißt: auf verschiedene Risikoklassen und Regionen verteilen. Wie eine solche Strategie aussehen kann.

Von Harald Freiberger, München

Die Stiftung Warentest zählt sie zu den "wenigen Geldanlagen, die wir empfehlen können": Indexfonds, auch ETF genannt, haben in den vergangenen Jahren auf dem Markt für Geldanlagen eine Erfolgsgeschichte geschrieben. Mit ihrer Hilfe können Anleger breit gestreut investieren, also in viele einzelne Wertpapiere aus unterschiedlichen Anlageklassen und Regionen. Dies verteilt die Risiken und eignet sich deshalb besonders für die langfristige Geldanlage.

Der Vorteil von Indexfonds sind auch die niedrigen Kosten. Sie orientieren sich an einem Index, zum Beispiel dem Deutschen Aktienindex (Dax), und bilden dessen Entwicklung nach. Anders als bei Investmentfonds braucht es deshalb keinen Fondsmanager, der täglich über die Zusammensetzung der einzelnen Wertpapiere entscheidet. Die Jahresgebühr für Indexfonds kostet deshalb in der Regel nur 0,2 bis 0,4 Prozent der investierten Summe, während aktiv gemanagte Fonds kaum unter 1,0 Prozent zu bekommen sind.

Deshalb bieten Banken Indexfonds von sich aus auch selten an. Der Kunde muss den Berater schon danach fragen. Die größten Anbieter von Indexfonds sind iShares (dahinter steckt der große US-Fondsverwalter Blackrock), db x-Trackers (Deutsche Bank), Lyxor (Société Générale) und Comstage (Commerzbank). Bei wem der Anleger kauft, ist fast egal: Da sich die Wertentwicklung stets am zugrunde liegenden Index orientiert, sind die Unterschiede bei der Rendite minimal.

Niedrige Zinsen, hohe Unsicherheit - wie soll man da noch sein Geld investieren? In der "Geldwerkstatt" erklären wir aktuelle Fragen zur Geldanlage. (Foto: SZ-Grafik)

Allerdings ist die Welt der Indizes fast genauso unübersichtlich wie der Kapitalmarkt selbst. Es gibt Tausende von Indizes für die unterschiedlichsten Segmente, differenziert nach Aktien, Anleihen, Rohstoffen oder Währungen, nach Ländern, Regionen oder Branchen.

Wie kann vor diesem Hintergrund für Privatanleger eine Strategie aussehen, um in Indexfonds zu investieren, zum Beispiel für die Altersvorsorge? Die SZ hat dazu Anlageexperten gefragt. Sie empfehlen, sich auf wenige Indizes zu konzentrieren, die jeweils ein wichtiges Segment repräsentieren. Das könnten, wie unten näher beschrieben, zum Beispiel sein: der Dax für deutsche Aktien, der MSCI World für Aktien aller Industrieländer, der MSCI Emerging Markets für Aktien von Schwellenländern, der iBOXX Sovereigns Eurozone für europäische Staatsanleihen und der Barclays Euro Corporate Bonds für europäische Unternehmensanleihen. Mit ihnen lässt sich die gesamte Anlagewelt abdecken, gleichzeitig lassen sich die Risiken nach den Bedürfnissen des jeweiligen Anlegers verteilen.

"Die grundsätzliche Frage ist, wie man Anleihen und Aktien gewichtet", sagt Stephanie Lang, Portfoliostrategin bei Blackrock in Deutschland. Je länger der Anlagehorizont sei, umso mehr könne ein Privatanleger in der Regel ins Risiko gehen, um die Rendite-Chancen von Aktien zu nutzen. Denn historisch gesehen zahle sich das damit verbundene Risiko aus. Das zeigt auch die Wertentwicklung der Indizes.

"Der Anlagehorizont für Aktien sollte mindestens fünf Jahre betragen", sagt Andreas Beck vom Münchner Institut für Vermögensaufbau, einem Dienstleister für Vermögensverwalter. Als ausgewogen gilt ein Verhältnis von 50 zu 50 Prozent zwischen Aktien und Anleihen. Ein 30-Jähriger, der für die Altersvorsorge spart und fast 40 Jahre Zeit hat, könnte den Aktienanteil aber auch auf bis zu 80 Prozent erhöhen, da er Börsen-Tiefs aussitzen kann.

Ein ausgewogenes Portfolio mit Indexfonds sieht für Beck so aus: Der Anleger investiert 45 Prozent seines langfristig zur Verfügung stehenden Kapitals in einen Indexfonds auf den MSCI World, fünf Prozent auf den MSCI Emerging Markets und je 25 Prozent auf den IBoxx Sovereigns sowie auf den Barclays Corporate Bonds.

Mit einem solchen Portfolio hat der Anleger sozusagen die ganze Welt im Depot: Er setzt auf die weltweiten Aktienmärkte, und zwar sowohl in der industrialisierten Welt (MSCI World) als auch in Schwellenländern (MSCI Emerging Markets). Zu beachten ist allerdings, dass US-amerikanische Aktien im MSCI World etwa 60 Prozent ausmachen; das bedeutet ein hohes Risiko für den Fall, dass der Dollar gegenüber dem Euro fällt. Die deutsche Wirtschaft macht dagegen nur einen Anteil von rund drei Prozent aus. Anleger können dieses Risiko zum Beispiel ausgleichen, indem sie zusätzlich in einen Indexfonds auf den Dax anlegen.

"Wer in mehrere Aktien-Indexfonds investiert, sollte aufpassen, dass er eine Region nicht doppelt oder dreifach abdeckt und damit unbeabsichtigt übergewichtet", warnt Blackrock-Expertin Lang. Ein Beispiel: Wer gleichzeitig in MSCI World, den europäischen Stoxx Europe 600 und den Dax anlegt, hat deutsche Aktien dreifach berücksichtigt, da sie in allen Indizes enthalten sind. Eine Alternative wäre zum Beispiel eine Verteilung auf den Dax, den US-Aktienindex S&P 500 und den MSCI Emerging Markets.

Die beiden Anleihen-Indexfonds sollen dafür sorgen, dass Anleger das Risiko streuen und nicht ausschließlich auf den Aktienmarkt setzen. Anleihen europäischer Staaten und großer Unternehmen bringen zwar weniger Rendite als Aktien, sind aber nicht so schwankungsanfällig.

Anlage-Experte Beck nennt es "das Dilemma des Privatanlegers", dass er gut und renditeträchtig in Aktien nur dann investieren könne, wenn er das Geld langfristig nicht brauche. "Gerade junge Leute haben oft nicht das Geld dafür", sagt er. Investieren lässt sich in Indexfonds aber nicht nur mit einer einmaligen Anlage, sondern auch mit einem Sparplan. Dabei fließt jeden Monat ein fester Betrag in den Fonds. Bei vielen Indexfonds ist dies bereits ab einem monatlichen Betrag von 50 Euro möglich, bei manchen auch ab 25 Euro. Wer also etwa 100 Euro im Monat langfristig sparen will, könnte 50 Euro in den MSCI World fließen lassen und jeweils 25 Euro in die beiden Anleihefonds.

© SZ vom 08.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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