Informationstechnologie im Mittelstand:Guter Kauf will Plan haben

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Gerade kleine und mittelständische Unternehmen gehen beim Kauf einer neuen Computer-Anlage eher unsystematisch vor - das kostet sie später Zeit, Geld und Nerven.

Rudolf Götz

Viele wissen es oder ahnen es zumindest, aber zu wenige ziehen die richtigen Konsequenzen daraus: Wer nicht genügend Zeit - und damit auch Geld - in die Planung einer neuen EDV-Umgebung investiert, zahlt später drauf.

Beschäftigen Sie sich vor dem Kauf nicht mit der Frage, welche Hardware oder Software Sie benötigen, sondern damit welche Aufgaben in Ihrem Betrieb anfallen. (Foto: Foto: iStockphoto)

Jede unnötig gesparte Planungsstunde kostet im Betrieb 100 Anpassungsstunden, lautet eine Faustregel in der Branche. Das mag möglicherweise etwas hoch gegriffen sein, die generelle Richtung der Aussage aber stimmt.

Dementsprechend fahren häufig diejenigen besonders schlecht, die mit notwendigen Änderungen zu lange warten und dann hektisch eine miserable Lösung umsetzen.

Doch Zeit allein ist beim Planen nicht alles. Vielmehr sollte diese Zeit effektiv genutzt werden, um sehr systematisch vorzugehen und darüber hinaus einige weitere wichtige Punkte zu beachten. Unser Leitfaden hilft dabei.

Beteiligen Sie Ihre Mitarbeiter

Legen Sie zunächst klar fest, wer in Ihrem Unternehmen für das Projekt "Neue EDV-Anlage" zuständig ist. Unabhängig davon sollten Sie versuchen, ihre Mitarbeiter umfassend in die Planung einzubinden.

Erstens können ihre Mitarbeiter wertvolle Erfahrungen einbringen und zweitens werden diese so darauf vorbereitet, dass sie sich möglicherweise schon bald von liebgewonnenen Gewohnheiten verabschieden müssen. Damit beugen sie späteren Widerständen vor.

Überprüfen Sie Ihre Betriebsabläufe

Beschäftigen Sie sich am Anfang nicht mit der Frage, welche Hardware oder welche Software Sie konkret benötigen, sondern damit, welche Aufgaben in Ihrem Betrieb anfallen. Schreiben Sie sich dafür die Tätigkeiten und Abläufe im Betrieb auf, so haben Sie einen leichteren Überblick über Ihren späteren EDV-Bedarf.

Legen Sie die Ziele fest. Machen Sie sich anschließend Gedanken darüber, welche Ziele Sie mit der neuen Anlage erreichen wollen.

- Wollen Sie dadurch beispielsweise nur schneller arbeiten? - Soll sie die Kosten senken? - Soll sie helfen, die Effizienz zu steigern? - Soll sie zu besseren Entscheidungen beitragen? - Soll sie zu einer besseren Betriebsübersicht führen?

Lesen Sie weiter, warum das Erstellen eines Pflichtenhefts notwendig ist.

All das sind Punkte, die sie bedenken müssen. Doch Vorsicht: "Eine schlechte Betriebsorganisation wird nicht besser, indem ich mir eine neue EDV beschaffe", betont Günter Rodenkirchen, Vorstandsmitglied der EDV-Beratungsgesellschaft Alevanti. Vielmehr sei eine gute Betriebsorganisation eine wesentliche Voraussetzung für einen sinnvollen EDV-Einsatz.

Was soll mit der neuen EDV erreicht werden?

Erstellen Sie auf Basis der Vorüberlegungen ein Pflichtenheft. Es dient als Grundlage für spätere Angebote und die Auswahl der geeigneten Software.

Darin sollten Sie zuerst kurz Ihren Betrieb und die Ziele beschreiben, die Sie mit der neuen EDV-Anlage erreichen wollen. Darüber hinaus muss das Pflichtenheft noch einige detaillierte Angaben enthalten. Dazu zählt:

- wie viele EDV-Arbeitsplätze die neue Anlage umfassen soll, - welche Datenmengen anfallen, - ob und wenn ja welche der vorhandenen Daten in das neue System übernommen werden sollen und - welche Mitarbeiter auf welche Daten zugreifen dürfen.

Welche Programme brauchen Sie konkret?

Wenn Sie das Pflichtenheft fertig gestellt haben, haben Sie zwei Alternativen:

- Entweder gehen Sie damit direkt zu einigen EDV-Unternehmen und lassen sich von diesem Angebote über die geeignete Soft- und Hardware erstellen oder aber Sie arbeiten - noch etwas mehr vor und beschäftigen sich zunächst damit, welche Software Sie gerne hätten.

Machen Sie sich dabei zunächst Gedanken über das

Betriebssystem

:

Soll es Windows sein oder vielleicht doch Linux? Befassen Sie sich anschließend mit dem Office-Programm. Was sollte dieses leisten? Und setzen Sie sich erst dann mit der Spezialsoftware auseinander:

- Brauchen Sie beispielsweise ein Programmpaket für Auftragsbearbeitung, Lagerbuchhaltung, Fakturierung, Finanzbuchhaltung und Gehaltsabrechnung? - Welches E-Mail-Programm ist für Sie geeignet? - Welche branchenspezifischen Programme benötigen Sie?

Gerade bei der Suche nach branchenspezifischen Programmen können Sie neben Softwarehäusern auch die Industrie- und Handleskammern oder die Handwerkskammern ansprechen. Die wissen häufig, welche Software die Unternehmen verschiedener Branchen einsetzen.

Wichtig: Alle Programme sollten möglichst so zusammenarbeiten, dass Daten ohne Neueingabe zwischen ihnen ausgetauscht werden können. Natürlich müssen die Programme über eine bedienerfreundliche Benutzeroberfläche und eine gute Dokumentation verfügen. Pflicht sind auch Antivirenprogramme.

Angebote einholen

Lassen Sie sich anhand des Pflichtenheftes und ihrer möglichen Software-Wünsche verschiedene Angebote erstellen. Die Auswahl der Hardware ergibt sich dabei aus den Software-Anforderungen.

Übertreiben Sie es dabei bei der Hardware nicht: Für normale Büroanwendungen benötigen Sie keinen Hochleistungsrechner. Dennoch sollten Sie bei der technischen Qualität der Geräte nicht sparen. "Billig ist nicht immer günstig", sagt Günter Kern, Mitglied der Geschäftsleitung des Computerdienstleisters microCAT aus Martinsried.

Standardisieren Sie Hardware und Software

Beim Kauf der Hard- und Software sollten Sie auf einige weitere Punkte achten:

- Entscheiden Sie sich für eine einheitliche Hardware. Der Wartungsaufwand wird wesentlich geringer, wenn Sie nicht jedesmal herausfinden müssen, welche Hardwareelemente Sie benötigen. Nach Ablauf der Garantiezeit können Sie defekte Rechner als Ersatzteillager verwenden.

- Setzen Sie möglichst wenig verschiedene Programme ein und achten Sie darauf, dass auf allen Rechnern die gleiche Programmversion installiert wird. So reduzieren Sie das Risiko möglicher Programmfehler und den Aufwand für Schulungen. Die Standardisierung der Software hat auch den Vorteil, dass Sie Tools zur Verteilung und Aktualisierung der Programme einsetzen können.

- Und schließlich: Kaufen Sie Software und Hardware möglichst bei einem Anbieter. So vermeiden Sie bei Problemen Schuldzuweisungen zwischen verschiedenen Händlern.

Berücksichtigen Sie auch Sonderthemen

Neben den Soft- und Hardware-Standards sollen Sie auch einige weitere Themen im Blick behalten. Vergessen Sie bei den Planungen beispielsweise nicht die Datensicherung.

Auch die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) sollten Sie im Blick behalten. Diese umfassen die staatlichen Vorgaben zur Aufbewahrung digitaler Unterlagen und zur Mitwirkungspflicht der Steuerpflichtigen bei Betriebsprüfungen.

Die Anwendung dieser Regeln dürfte in Zukunft noch deutlich strenger überprüft werden als bislang. Wenn Sie dies bereits bei der Planung der neuen EDV-Anlage berücksichtigen, ersparen Sie sich für die Zukunft einigen Aufwand.

Und lassen Sie sich nicht nur ein Hard- und Softwareangebot geben, sondern gleichzeitig auch Alternativen für Hardware-Wartungsverträge aufzeigen. Diese sollten nach der Anzahl der Rechner, der Reaktionszeit und dem Umfang der Arbeiten gestaffelt sein.

Einweisung, Schulung, Nachfragen

Und noch etwas, das viele von uns aus leidvoller Erfahrung kennen: Wir alle haben viele technische Geräte, kennen uns bei den wenigsten aber wirklich aus. Das sollte zumindest bei der Software, die Sie und ihre Kollegen in Ihrem Unternehmen einsetzen, anders sein.

Deshalb sollten Sie zusammen mit der neuen EDV-Anlage auch die Kosten für Schulungen einplanen. Hilfreich ist darüber hinaus ein schnell erreichbarer externer Ansprechpartner, der Ihnen hilft, falls im laufenden Betrieb dann doch einmal Fragen und Probleme auftauchen. Denn die wird es, allen noch so guten Planungen zum Trotz, bei einer neuen EDV-Anlage immer geben.

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