In der Krise:Niemals lügen

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Ein PR-Experte erklärt, wie Firmen am besten Krisen bewältigen. Lufthansa und Daimler sieht er positiv. Aber er nennt auch negative Beispiele.

Interview von Max Hägler

Daniel Neuen beobachtet die Branche der PR-Berater und Kommunikationsagenturen - und warnt vor Fehlern.

SZ: Herr Neuen, man sollte meinen: Reden kann jeder. In manchen Fällen scheint das nicht auszureichen. Wer braucht eine Kommunikationsberatung?

Daniel Neuen: In sogenannten Sondersituationen kann es für Unternehmen sehr nützlich sein, sich externe Hilfe zu holen: Bei Firmenübernahmen wie bei dem Deal zwischen Monsanto und Bayer oder bei Krisen wie etwa einer Schiffshavarie, die in vielen Dimensionen Folgen hat. Oder denken Sie an Skandale wie beim ADAC oder beim Versicherer Ergo. Externe Berater haben Erfahrung in Ausnahmesituationen, kennen Fallstricke, etwa wenn es um Börsenregeln geht und können abschätzen, was wie ankommt in der Öffentlichkeit.

Man sieht immer wieder dieselben.

Zumindest bei Deals, wie das heißt, tauchen hierzulande immer wieder vier Firmen auf: CNC, Hering Schuppener, FTI und Brunswick. Oft sind es ehemalige Journalisten, die ihren Auftraggebern gegen hohes Honorar dabei helfen, deren Sicht in die Öffentlichkeit zu tragen, also etwa in die Politik, zu Investoren und in die Medien. Geht es um Krisen, weitet sich das Feld.

Manche bezeichnen solche Berater abfällig als Spindoktoren oder Strippenzieher. Zu Recht?

Wer nicht dauerhaft nur einer Position verpflichtet ist, muss moralisch wohl eher flexibler sein, das kann man kritisieren. Andererseits: Ein Jurist arbeitet auch nicht anders. Diesen kann man mandatieren und ein Jahr später arbeitet er vielleicht für andere, vielleicht sogar für die Gegenseite.

Journalisten wiederum halten zu allen Seiten Kontakte und puzzeln sich aus den diversen Infos ein Gesamtbild.

Deswegen wissen gute Kommunikationsberater, dass sie vielleicht nicht alles sagen sollten aus Sicht ihres Kunden, aber niemals das Falsche: Es wird irgendwann herauskommen und dann ist ihr Ruf ruiniert und der des Kunden auch. Externe können mitunter freier sprechen, auch bei vielleicht heiklen Dingen. Da spielen manche Unternehmen gerne über Bande.

Aber auch Unternehmen mit vielen Milliarden Euro Umsatz, die nur ihre eigene Haltung vertreten haben wollen, sind oft nicht in der Lage, selbst mit Politikern und Journalisten zu sprechen.

Man muss trennen: Ein internes Sparring mit guten Beratern schadet selten. Aber ja, es kann sehr unsouverän aussehen, wenn Unternehmen in der Dimension von Dax-Konzernen diese Berater direkt auf Politiker und Journalisten ansetzen und sich selbst nicht trauen - dabei wäre es Kernaufgabe eines Unternehmens. Dass es anders geht, sah man bei der Lufthansa: Nach dem Absturz der Germanwings-Maschine meldeten sich in Windeseile vermeintliche Experten mit fragwürdigen Ratschlägen, den Unfall kleinzureden. Die Entscheider bei der Lufthansa gaben darauf nichts, redeten selbst und wirkten empathisch. Das war das Beste. Dass es auch im Tagesgeschäft so funktioniert, zeigt Daimler: Dort spricht der Kommunikationschef Jörg Howe ja selbst - bei fast allen Wetterlagen.

© SZ vom 05.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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