Importe:Teures Schnäppchen

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Kulanz in Kalifornien: VW-Käufer in Amerika sollen für manipulierte Dieselmotoren tausend Dollar Entschädigung bekommen. (Foto: Patrick T. Fallon/Bloomberg)

Früher lohnte es sich für Deutsche, ihr Dieselauto billig aus den USA zu importieren - heute nicht mehr. Stattdessen werden die Fahrzeuge nun in die Golfstaaten verschifft.

Von Aloysius Widmann, München

Wenn Autofahrer in den USA keine Diesel mehr kaufen wollen, ist das für Autohersteller kein Problem. Auf Lager wird dort kaum produziert. Händler bestellen und Autohersteller liefern - just in time. Wenn es zu Lageraufbau kommt, dann bei den Händlern. Sie tragen also das Risiko, wenn gewisse Modelle nicht mehr nachgefragt werden. So ist es auch mit Dieselfahrzeugen. Manche Modelle wurden in den USA zu Ladenhütern, seit offenbar wurde, dass Volkswagen bei den Abgaswerten gemogelt hat. Der Absatz von Dieselwagen ist in den USA seit Jahresbeginn um ein Drittel zurückgegangen, erzählen Vertreter diverser Autohersteller.

Auf den ersten Blick müssen sich amerikanische Händler, die viele Diesel herumstehen haben, aber keine Sorgen machen - denn theoretisch können sie das Auto ja auch nach Europa verschiffen, wo sich deutlich höhere Preise erzielen lassen. Einen VW Passat mit 280 PS bekommt man in den Staaten für umgerechnet 32 000 Euro. Frisch aus dem Werk kostet ein fast baugleiches Modell in Deutschland 45 000 Euro.

Würde es sich für Europäer lohnen, in den USA ein solches Auto zu kaufen?

Auch jetzt, nach dem Diesel-Skandal? "Bis vor Kurzem war es ein richtig gutes Geschäft, Neuwagen oder Jahreswagen in den USA zu kaufen und nach Europa zu importieren", sagt Amin Rajabi, Logistikmanager bei West Coast Shipping in Kalifornien: "Aber seit der Euro gegenüber dem Dollar abgewertet hat, lohnt es sich nicht mehr wirklich." Das war zwischen Oktober und Dezember 2015. Denn der Autoimport aus den Staaten ist ganz schön teuer. Bei der Einfuhr von Autos fallen auf Kaufwert und Verschiffungskosten zehn Prozent Zoll und 19 Prozent Mehrwertsteuer an. Bis zu 650 Dollar kostet die Verschiffung eines Autos mit dem Frachtschiff. Der Versand im Container, heute Standard, kostet um die 2000 Dollar. Dazu kommen nochmals rund 500 Dollar für die Verladung.

Ist das Auto einmal in Europa angelangt, muss es für die Zulassung umgerüstet werden. In den USA und Europa gelten unterschiedliche Normen bei der Zulassung von Fahrzeugen. Das fängt an bei Anhängerkupplungen, die unterschiedliche Durchmesser haben müssen, es geht über die Farbe der Blinklichter bis hin zum Tacho, der Meilen pro Stunde anzeigt.

Im Nahen Osten dürfen die Autos auf die Straße, wie sie ankommen

Ein in Amerika zugelassenes Fahrzeug auf den europäischen Stand zu bringen, kann über 2000 Euro kosten - wobei die Preise sehr stark vom einzelnen Fahrzeug abhängen. Wird ein Modell sowohl in Europa als auch in den USA verkauft, ist es leicht, die nötigen Einzelteile vom Hersteller zu kaufen und auszutauschen. Wird das Modell nur in den USA verkauft, muss der Mechaniker kreativ werden. Das kostet.

Ist das importierte Modell erst einmal soweit, dass es für europäische Straßen zugelassen werden kann, hat man meist schon mehr ausgegeben, als ein gleichwertiger Neuwagen in Deutschland kosten würde. Aber selbst wenn nicht: Dann muss immer noch überprüft werden, welche regelmäßigen Abgaben durch die Zulassung des Autos fällig werden. Was nach einem guten Geschäft aussieht, kann eine Kostenfalle werden. Denn wenn der importierte Wagen deutlich mehr Abgase in die Umwelt schleudert als in Europa erstzugelassene Pkws, wird die Ersparnis durch eine höhere Kfz-Steuer wieder wettgemacht.

Deshalb gehen per Schiff die meisten Autoexporte aus den USA nach Dubai, wie Rajabi erzählt: "Dort sind die Einfuhrgebühren mit rund 2,5 Prozent besonders niedrig." Und im Nahen Osten dürfen die Autos auf die Straße, wie sie ankommen.

Die wenigsten davon bleiben aber in Dubai. Das Emirat am Golf dient als Distributionszentrale für den Nahen Osten. Besonders Unfallwagen und Gebrauchtwagen aus den USA landen oft im Libanon, in Saudi Arabien und sogar im Sudan. Damit die Ausfuhr von US-zugelassenen Autos nach Europa wieder attraktiver wird, müsste zusätzlich zum Absatz auch der Wiederverkaufswert von Dieselwagen in den USA fallen. Manche Experten vermuten, dass gebrauchte Diesel in den USA bereits deutlich an Wert verloren haben - aber es gibt dazu keine belastbaren Zahlen. Und die Hoffnung mancher Autoimporteure, dass der Euro bald wieder anzieht, hat Mario Draghi zunichte gemacht. Derzeit werden hauptsächlich Oldtimer aus den USA nach Europa verschifft. Auf diese fallen lediglich sieben Prozent Einfuhrumsatzsteuer an.

© SZ vom 17.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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