Imageschaden für Niedersachsen:TUI zieht es nach Hamburg

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Der Touristik- und Schifffahrtskonzern TUI will seinen Stammsitz noch in diesem Jahr von Hannover nach Hamburg verlegen. Damit verliert Niedersachsens Ministerpräsident Wulff einen Dax-Konzern - mitten im Wahlkampf.

Meite Thiede

Erst Karmann, und jetzt TUI: Aus der Industrie bekommt Christian Wulff (CDU) auf den letzten Metern seines Wahlkampfes keinen Rückenwind. Zwei Wochen vor der Landtagswahl muss Niedersachsens Ministerpräsident eine weitere schlechte Botschaft verkraften.

Der Umzug des Konzerns schlägt auf das Image des Landes Niedersachsen. (Foto: Foto: dpa)

Der Touristik- und Schifffahrtskonzern wird wahrscheinlich noch in diesem Jahr seinen Stammsitz von Hannover nach Hamburg verlegen. Das hat zwar nicht so eine bittere Auswirkung auf die Beschäftigungslage Niedersachsens - bei Karmann in Osnabrück, Wulffs Wahlkreis, werden in diesen Tagen gerade 500 Kündigungen geschrieben -, aber der Umzug von TUI schlägt mächtig aufs Image des Landes.

Die niedersächsische Wirtschaft strotzt nicht gerade vor Großkonzernen. Neben VW und Continental ist TUI der dritte Dax-Wert. Bald sind es nur noch zwei. Dafür kann sich allerdings Wulffs Parteikollege Ole von Beust, der seine Wähler vier Wochen später an die Urnen bittet, freuen. Denn TUI wird der erste Dax-Wert der Hansestadt.

TUI will die Gerüchte nicht kommentieren, aber nach Informationen aus der Hamburger Bankenszene wird der TUI-Aufsichtsrat sich am 23. Januar mit den neuesten Umwälzungen des Vorstandsvorsitzenden Michael Frenzel beschäftigen. Bestenfalls werden die Verschmelzung der Schifffahrtstochter Hapag-Lloyd (HL) auf die TUI AG und der Umzug nach Hamburg bereits beschlossen, mindestens aber wird Frenzel das neue Konzept vorstellen.

Geordneter Rückzug

Praktisch bedeutet dies, dass die Konzernzentrale in der Karl-Wiechert-Allee in Hannover, in der die Holding sitzt, geräumt wird. Dort arbeiten derzeit noch 300 Leute; ein Abbau der Mannschaft auf 120 bis Jahresende ist bereits beschlossen. Das operative touristische Geschäft von TUI ist in der Karl-Wiechert-Allee der Zentrale schräg gegenüber angesiedelt. In der HL-Zentrale am feinen Hamburger Ballindamm wird es dafür wohl etwas eng, wenn Frenzel und seine Truppe dort einziehen.

Verschmelzung und Umzug sind die Konsequenz aus der bisherigen Entwicklung des Konzerns und waren von Unternehmensbeobachtern auch schon erwartet worden. Nach Frenzels ständigen Kurswechseln geht es jetzt um einen geordneten Rückzug. In den neunziger Jahren hatte er aus dem Stahl- und Anlagenbaukonzern Preussag den Touristikkonzern TUI gezimmert, doch die versprochenen Renditen stellten sich nicht ein.

Die Branche hatte sich nach den Terroranschlägen 2001 gewandelt. Deshalb schwenkte Frenzel wieder um: Im vergangenen Jahr fusionierte er die TUI-Touristik mit der britischen First Choice zu der in London ansässigen TUI Travel. TUI hält 51 Prozent an dem Unternehmen, hat jedoch in der vergangenen Woche ein Zehn-Prozent-Paket an die Deutsche Bank verliehen und wird im Gegenzug 450 Millionen dafür bekommen. In fünf Jahren kann dieses Paket zurückgekauft werden. Doch Frenzel wird darüber nicht mehr entscheiden, denn 2012 wird er 65 Jahre alt und sein Vertrag läuft aus.

Im Gespräch mit Singapur

Vielleicht wird das in Moskau entschieden: Der Stahlmilliardär Alexej Mordaschow formiert sich als neuer Großaktionär, hat sein Aktienpaket auf 5,1 Prozent aufgestockt. Statt Touristik konzentriert sich TUI jetzt auf Schifffahrt. Vor Jahren hat HL die kanadische Reederei CP Ships gekauft und war damit in der Weltrangliste der Containerreedereien auf Platz vier vorgerückt. Doch Frenzel bleibt aktiv: Nach den jüngsten Gerüchten spricht er gerade mit der Reederei NOL aus Singapur über gemeinsame Pläne.

© SZ vom 14.01.2008/jkr/mah - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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