HypoVereinsbank:Buhrufe und Pfiffe für Albrecht Schmidt

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Dem früheren Vorstandschef wird die Hauptschuld an der schlechten Lage des Instituts gegeben. Auch sein selbstherrlicher Wechsel an die Aufsichtsratsspitze wird dem Ex-Vorstandsssprecher übel genommen.

Martin Reim

(SZ vom 15.05.2003) — Auf der Hauptversammlung der HypoVereinsbank (HVB) am Mittwoch in München äußerten sich die Aktionäre höchst kritisch. Im Mittelpunkt der Vorwürfe stand Albrecht Schmidt, der Ende 2002 vom Vorstandsvorsitz an die Spitze des Aufsichtsrates wechselte.

Die Aktionäre der HVB hatten zuletzt zwei Negativ-Premieren zu verkraften. Wenn man die Geschichte der Bayerischen Vereinsbank, der wichtigeren der beiden HVB-Gründungsinstitute, fortschreibt, gab es 2002 zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte einen Verlust (für die Hypo-Bank als zweites Vorgängerinstitut liegen solche Angaben nicht vor).

Der Fehlbetrag erreichte 0, 9 Milliarden Euro, weshalb - das ist die zweite Nachkriegs-Premiere - die Dividende ausfallen soll. Für 2001 wurden noch 1,50 Euro je Aktie bezahlt.

Probleme sind hausgemacht

Ulrich Hocker von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sagte, die von ihm vertretenen Teilhaber seien "stinksauer" - vor allem angesichts eines Kursverlustes der HVB-Aktie von rund drei Vierteln im vergangenen Jahr. Der Niedergang der HVB sei nicht nur auf die Marktverhältnisse, sondern auch auf "hausgemachte Probleme" zurück zu führen.

Beispielsweise könne es kein Zufall sein, dass das Institut "bei allen größeren nationalen Insolvenzen dabei gewesen" sei - etwa beim Zusammenbruch des Medienkonzerns Kirch-Gruppe und des Flugzeugbauers Fairchild Dornier.

Zweitens habe die Bank ihre Beteiligungen, etwa am Versicherungskonzern Allianz, zu zögerlich abgebaut und damit "den richtigen Zeitpunkt verpasst", um mit den Einnahmen das Eigenkapital zu stärken. Drittens habe man im Immobilien-Bereich, wo im Vorjahr eine massive Risikovorsorge nötig wurde, das "Desaster" nicht frühzeitig genug erkannt.

Angesichts dieser "Fehler" sprach sich der DSW-Vertreter gegen die geplante Wahl Schmidts in den Aufsichtsrat aus, weil klar sei, dass dieser dann den Vorsitz übernehmen werde. Der Manager sei durch seine "Persönlichkeitsstruktur" nicht für dieses Amt geeignet und wolle vermutlich vom Aufsichtsrat aus eine "Mit-Geschäftsführung" innehaben.

Schmidt hatte sein Vorstandsamt Ende 2002 an Dieter Rampl abgegeben und sich per Beschluss des Registergerichts München in den Aufsichtsrat aufnehmen lassen, wo er den Vorsitz übernahm. Auf der Hauptversammlung sollte er offiziell in das Gremium gewählt werden. Die Abstimmung der Aktionäre - sie konnten nur die gesamte Aufsichtsratsliste annehmen oder ablehnen - hatte bis Redaktionsschluss noch nicht begonnen.

Der "eitle Egomane" ist der "Hauptschuldige"

Schmidt, dessen Rede von Pfiffen und Zwischenrufen unterbrochen wurde, begründete den vorzeitigen Wechsel damit, dass die Verantwortungen in Vorstand und Aufsichtsrat jeweils für ein volles Geschäftsjahr gelten sollten.

Auch Harald Petersen von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre lehnte die geplante Wahl Schmidts ab, weil er als "Hauptschuldiger" für die schlechte Lage der HVB gelte. Aus Sicht Petersens hat jedoch der gesamte Aufsichtsrat "einen schlechten Eindruck hinterlassen", weil er Schmidt nicht in die Parade gefahren sei.

Wilhelm Rasinger, Vertreter des österreichischen Interessenverbandes für Anleger, bezeichnete den Aufsichtsratschef als "blendenden Selbstdarsteller" und "eitlen Egomanen". Angesichts des Aufrücken Schmidts ohne Aktionärsvotum sagte er: "Der Balkan fängt schon in München an."

Vorstandschef Rampl warb für Verständnis dafür, dass das vergangene Jahr "sehr enttäuschend" ausgefallen sei. Er bekräftigte das Ziel, im laufenden Jahr "einen kräftigen Turnaround in der operativen Performance" zu vollziehen. Man halte weiterhin am Vorhaben fest, 2003 einen Gewinn vor Steuern von 300 bis 600 Millionen Euro zu erzielen.

Die Zahl soll im wesentlichen das angepeilte Ergebnis des gewöhnlichen Geschäfts umfassen; es sind weder Mittel enthalten, die der vor einer Abspaltung stehenden Tochter Hypo Real Estate mitgegeben werden, noch mögliche Gewinne aus der Veräußerung von Unternehmensteilen. Nicht festlegen wollte sich Rampl in der Frage, wann wieder eine Dividende bezahlt werde.

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