HypoVereinsbank:Abkehr von der Tradition

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Die Bereinigung der Immobilienkredite der HypoVereinsbank korrigiert einen lange währenden Mangel der Unternehmensstrategie.

Von Karl-Heinz Büschemann

Die Wortwahl lässt vermuten, dass die Bank-Manager lange darüber nachgedacht haben, wie sie diese Nachricht verkaufen: Das Deutschland-Geschäft werde "strategisch neu ausgerichtet".

Die HypoVereinsbank entsorgt ihre Leichen im Keller. (Foto: Foto: dpa)

Von einem "Umbau der Risiken ist die Rede", von einer "Freisetzung der Ressourcen", und dann gibt es bei der HypoVereinsbank (HVB) in Zukunft auch noch ein Geschäftsfeld mit dem schönen Namen "Real Estate Restructuring".

Selten wurde eine Bilanzbereinigung in einem Unternehmen so nett formuliert. Mit ihrer Ankündigung vom Freitag, den Wert ihrer Immobilienkredite, der insgesamt bei 105 Milliarden Euro liegt, um 2,5 Milliarden Euro nach unten zu korrigieren, bereinigt das zweitgrößte deutsche Bankhaus einige Exzesse der Vergangenheit. Keine deutsche Bank hat im Verhältnis zu ihrem Gesamtgeschäft so viele Immobilienkredite in ihrem Portfolio wie die HVB.

Problem war schon einmal deutlich sichtbar

Das Problem hat eine lange Tradition. Die Öffentlichkeit bekam schon einmal ein Gefühl dafür, wie stark das Bankhaus, das im Jahr 1998 aus der Bayerischen Vereinsbank und der benachbarten Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank zusammengefügt wurde, im Geschäft mit Gebäuden und Grundstücken engagiert ist.

Schon kurz nach der spektakulären Fusion der Geldhäuser im Sommer 1997 gab es in der neuen Bank einen Riesenkrach darüber, dass die frühere Hypo-Bank sich mit umfangreichen Immobilienfinanzierungen grässlich verspekuliert hatte - zum großen Teil in Ostdeutschland - und den Fusions-Partner Vereinsbank über ihre wahre Lage getäuscht hat.

Untreue und Bilanzfälschung

Damals musste die neue HypoVereinsbank unter großem Aufsehen 3,5 Milliarden DM aus dem Schrottimmobilienerbe der Hypo-Bank abschreiben. Der Bankplatz München hatte einen dicken Skandal.

Die Chefs der beiden Banken, Eberhard Martini von der Hypo und Albrecht Schmidt von der Vereinsbank, bekämpften sich auf dem offenen Markt. Die Staatsanwälte ermittelte gegen Martini und drei weitere Ex-Vorstände. Ins Visier gerieten auch Mitarbeiter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Wedit. Sie sollen seinerzeit den Hypo-Managern geholfen haben, Verluste zu verschleiern. Es ging um Untreue und Bilanzfälschung - schwere Vorwürfe in einem Gewerbe, das vom Vertrauen seiner Kunden lebt.

Eberhard Martini ging durch diesen Krach in die Münchner Wirtschaftsgeschichte als der Manager ein, der die alte Hypo-Bank mit seinen aus dem Ruder gelaufenen Immobiliengeschäften in Grund und Boden gewirtschaftet hatte. Dagegen präsentierte sich Albrecht Schmidt als der Sieger.

Die Börse blieb vorsichtig

Doch das Problem mit den Immobilien blieb. Offenbar lagen auch auf der Seite der alten Vereinsbank noch etliche Leichen im Keller. Die Börse blieb vorsichtig im Umgang mit der HVB-Aktie. Zu groß war der Verdacht, dass das Immobiliengeschäft noch versteckte Risiken bergen könnte.

Die HVB gründete eine eigene Tochtergesellschaft, die Hypo Real Estate (HRE), für das Geschäft mit Immobilien und trennte sich von einem großen Teil ihrer gesunden Objekte.

Allerdings blieben die ganz schlimmen Fälle bei der Kernbank hängen, während die HRE an der Börse Erfolge feierte. Die Immobilienkredite bei der HVB, die als notleidend gelten, weil die Kreditnehmer die Darlehen nicht mehr bedienen können, belaufen sich auf rund 15 Milliarden Euro.

Diese Grundstücke und Gebäude hat die Bank praktisch aufgegeben und deshalb in den Geschäftsbereich "Real Estate Restructuring" ausgelagert. Von dort aus sollen sie Schritt für Schritt versilbert werden.

Wohl noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik hat ein Kreditinstitut den Verkauf von Immobilien in diesem Umfang angekündigt. Einen ähnlichen Weg sind andere Banken allerdings schon früher gegangen. Unter anderem Dresdner Bank und Commerzbank.

Schonender Verkauf

Die Auslagerung fauler Kredite, da sind sich Fachleute einig, hilft ein wenig Zeit zu gewinnen und erlaubt den schonenden Verkauf der Immobilien.

Viele der kritischen Grundstücke und Gebäude liegen in Ostdeutschland, wo sich die Hypo-Bank nach der Wende in der Hoffnung auf blühende Landschaften stärker in Häusern und Grundstücken engagierte als andere Geldhäuser.

"Heute sagen sich auf den Grundstücken Fuchs und Hase gute Nacht", lästert ein Banker. "Der Immobilienmarkt in Deutschland ist noch immer schlecht", sagt eine Sprecherin der Bank. Dass er sich erholt, glaubt in der HVB offenbar niemand mehr.

Bürogebäude stehen leer

Selbst in attraktiven Städten wie München oder Frankfurt zeigt der Immobilienmarkt deutliche Schwächen und setzt den Banken zu. Die Mieten gehen zurück, viele Büros und Wohnungen stehen leer mit der Folge, dass der Buchwert der Gebäude gedrückt wird.

In Frankfurt stehen inzwischen 17 Prozent der Büroflächen leer. In ganz Deutschland hatten Mitte des vergangenen Jahres schon neun Millionen Quadratmeter Bürofläche keine Mieter.

Die Allianz AG hat in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres 450 Millionen Euro auf ihren umfangreichen Immobilienbesitz abgeschrieben.

Größere Kreditrisiken als die Deutsche Bank

Grund genug für die HypoVereinsbank, für dieses Geschäft pessimistisch in die Zukunft zu sehen. Eine Folge ist, dass die Bank für Kreditrisiken im laufenden Jahr noch immer 1,3 Milliarden Euro ansetzen muss. Ein Betrag, der auch nach der jüngsten Portfolio-Bereinigung noch immer deutlich größer ist als die entsprechende Vorsorge der größeren Deutschen Bank.

© SZ vom 22.01.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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