Hypothekenkrise:Wenn Schwäche schwächer macht

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Anleger verkaufen panisch ihre Wertpapiere, Fonds warnen vor Verlusten von über 80 Prozent und stoppen Auszahlungen: Die Verunsicherung an den Märkten verstärkt sich gerade selbst.

Die US-Hypothekenkrise sorgt mit immer neuen Negativmeldungen aus der Finanzbranche an den Märkten weiter für große Verunsicherung. In Nordamerika und Australien warnten milliardenschwere Fonds ihre Anleger vor Verlusten, sollten die Panikverkäufe anhalten.

Die Investoren reagierten beunruhigt und machten an den Aktienmärkten in den USA, Europa und Asien erneut Kasse. Von der Entspannung nach den massiven Finanzspritzen der Notenbanken in den vergangenen Tagen war am Mittwoch nicht mehr viel zu spüren.

In den USA sah sich ein Fonds, der vor allem im Rohstoffsegment etwa 1,6 Milliarden Dollar verwaltet, veranlasst, seine Kunden vor einem massiven Mittelabzug zu warnen. Ansonsten drohten erhebliche Verluste, erklärte Sentinel Management dem Vernehmen nach in einem Schreiben an die Investoren vom 13. August.

Medienberichten zufolge beantragte die Gesellschaft bei der zuständigen US-Aufsichtsbehörde CFTC, alle Zahlungen an die Anleger einstellen zu dürfen, bis sich die Lage stabilisiere. Sentinel selbst wollte dazu keine Stellungnahme abgeben.

Die Nachrichten lösten am Dienstag an der Wall Street Kursverluste aus: Der Dow-Jones-Index sank auf den tiefsten Stand seit dem 24. April. Auch von anderen Finanzinstituten trudelten schlechte Nachrichten ein: Der US-Hypothekenfinanzierer Thornburg Mortgage verschob wegen Liquiditätsproblemen die Dividendenzahlung um etwa einen Monat: Die Aktie brach um 47 Prozent ein.

Thornburg sah sich wegen der Krise sogar genötigt mitzuteilen, derzeit dennoch nicht Gläubigerschutz nach Kapitel 11 zu beantragen. Als Grund für die Engpässe nannte die Firma "beachtliche Verwerfungen" im Hypothekenmarkt und einen bislang nicht erlebten Wertverfall ihrer mit entsprechenden Darlehen besicherten Wertpapieren.

Verluste von mehr als 80 Prozent drohen

Auch in Australien hatten unlängst Hedgefonds und die Investmentbank Macquarie vor erheblichen Einbußen wegen der US-Hypothekenkrise gewarnt. Der australische Fonds Basis Capital kündigte nun an, stärker betroffen zu sein als bislang angenommen.

Er warnte vor drohenden Verlusten von mehr als 80 Prozent - bislang hatte der Fonds maximal 50 Prozent in Aussicht gestellt. Eine kanadische Ratingagentur sagte derweil voraus, dass auch der nördliche US-Nachbar von der Krise nicht verschont werde. Prominentestes deutsches Opfer der Hypothekenkrise ist bislang die Mittelstandsbank IKB, die sich in den USA massiv verspekuliert hatte und von der KFW mit Milliardenhilfen gestützt werden musste.

Wegen der rasant gestiegenen Zahl an Ausfällen bei Baufinanzierungen in den USA haben sich weltweit viele Anleger in den vergangenen Wochen panikartig aus Papieren zurückgezogen, die mit Forderungen aus solchen Hypothekenkrediten besichert sind.

Dies führte bei vielen Fonds zu massiven Wertverlusten und zwang sie dazu, Auszahlungen zu stoppen. Weltweit stieg die Angst vor einer Ausweitung der Krise auf den gesamten Kreditmarkt. Entsprechende Befürchtungen belasteten auch die Aktienmärkte und veranlassten wiederum Zentralbanken rund um den Globus zu milliardenschweren Finanzspritzen in das Bankensystem.

Die Lage am Geldmarkt, auf dem sich Banken mit Liquidität versorgen, stabilisierte sich seither. An den Aktienmärkten allerdings dürfte die Krise längst nicht überstanden sein. "Der Markt schießt zuerst und stellt später Fragen", sagte ein Stratege. Die Märkte seien ohnehin nervös und Schwäche führe zu weiterer Schwäche. Der Deutsche Aktienindex verlor bis zum Nachmittag mehr als 0,8 Prozent.

Eingriff der Notenbanken

Die US-Notenbank wird am Mittwoch nach einer Pause am Vortag offenbar erneut mit einem Offenmarktgeschäft in das Marktgeschehen eingreifen. Vorläufige Schätzungen deuteten auf einen weiteren Bedarf hin, teilte die Notenbank am Mittwoch mit. Die Federal Reserve führt Interventionen in der Regel in den ersten zehn Minuten nach der Öffnung der Aktienmärkte durch.

Am Montag und am vergangenen Freitag hatte die US-Notenbank wegen Liquiditätsengpässen infolge der Krise am US-Hypothekenmarkt insgesamt rund 40 Milliarden US-Dollar in den Markt gepumpt.

Die Europäische Zentralbank sah am Dienstag eine allmähliche Normalisierung am Geldmarkt. Die EZB hatte infolge der Turbulenzen an den Finanzmärkten wegen der US-Immobilienkrise vier Mal Milliardensummen in den Markt gepumpt, hielt am Mittwoch aber still.

Zuletzt stellte die Notenbank den Geschäftsbanken am Dienstag 7,7 Milliarden Euro frisches Geld zur Verfügung. Seit vergangenen Donnerstag summierte sich die Summe, mit abnehmender Tendenz, damit auf über 210 Milliarden Euro

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