Hottinguer:Die Sache mit dem "U"

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Die Banque Hottinguer in Paris hat einen guten Ruf als diskreter Geldverwalter für sehr reiche Familien. Dumm nur, dass jetzt eine kleine Züricher Privatbank namens Hottinger & Cie Insolvenz anmelden musste. Die Verwirrung war groß.

Von Leo Klimm

Niemand mag es, wenn sein Name falsch geschrieben wird. Das gilt auch für Jean-Philippe Hottinguer, zumal sein Name für eine der ältesten und vornehmsten Finanzdynastien Europas steht. Hottinguer oder Hottinger, mit oder ohne "U" - das ist nicht dasselbe. Noch wichtiger wird dieser kleine, aber feine Unterschied, wenn eine Züricher Privatbank namens Hottinger & Cie AG gerade pleitegeht, die Pariser Banque Hottinguer, die von Jean-Philippe Hottinguer nämlich, sich dagegen guter wirtschaftlicher Gesundheit erfreut.

Die Sache mit dem "U" ist eine komplexe und jahrhundertealte Geschichte. Diese Woche nun hat sie zu folgenreicher Verwirrung geführt: Eine französische Zeitung schrieb, Hottinguer - mit "U" - sei bankrott. Auch in den sozialen Netzwerken verbreitete sich die falsche Nachricht schnell. "Wir bekamen viele Anrufe besorgter Kunden", erklärt ein Sprecher der Banque Hottinguer, die auf eine sehr vermögende Klientel spezialisiert ist.

Ein Teil der Familie heißt Hottinger, ein anderer Hottinguer - das verwirrt

"Es gibt nichts Schlimmeres für einen Banquier, als dass der gute Ruf beschädigt wird." Also sah sich das ansonsten diskrete Etablissement gezwungen, prominent platzierte Anzeigen zu schalten, um in gefetteten Textzeilen zu erklären: zwischen Hottinguer und Hottinger gibt es keinerlei Verbindung. Nicht beim Kapital, nicht gesellschaftsrechtlich, nicht sonst irgendwie. "Der Name Hottinguer wurde beschmutzt", empört sich der Sprecher. Verschlimmert werde die ganze Sache auch noch dadurch, dass sich die Hottinguers und die Hottingers gegenseitig nicht ausstehen können. "Wie das eben manchmal so ist in Familien".

Denn es gibt natürlich doch eine Verbindung zwischen Hottinguer und Hottinger. Die beiden Geldhäuser werden von verfeindeten Vettern geführt. Wobei das Urproblem - die Frage, ob der Name mit oder ohne "U" zu schreiben ist - schon vom gemeinsamen Vorfahren Hans-Konrad Hottinger verschuldet wurde. Der wanderte 1786 von Zürich nach Paris aus, wo er zunächst durch ungedeckte Spekulationsgeschäfte auffiel. Nach der Französischen Revolution brachte er es dennoch bis zum Vermögensverwalter Napoleons. Und sein Name wurde französisiert in: Jean-Conrad Hottinguer. Mit eingefügtem "U". Das war nötig, damit das "G" auf Französisch weiter hart ausgesprochen wird. Nicht weich, nicht wie "J".

Ob mit oder ohne "U": Um den Namen wurden schon einige Kämpfe ausgetragen, was zu diversen Abspaltungen und Neugründungen von Bankhäusern mit verwirrend ähnlichen Bezeichnungen führte. Auch der heutige Pariser Banquier Jean-Philippe Hottinguer, der sowohl die französische als auch die Schweizer Staatsbürgerschaft besitzt, hat sich einst gemeinsam mit zwei Cousins von einer anderen Hottinguer-Bank losgesagt - um dann 25 Jahre lang um die Namensrechte zu streiten.

Seine verhassten Cousins aus Zürich konnten ihr Institut - die Bank Hottinger & Cie - nun nicht mehr retten. Die Schweizer Finanzmarktaufsicht schickte sie in den Konkurs, weil Überschuldung droht. Das Haus, das immerhin 1,5 Milliarden Schweizer Franken verwaltet, kann nicht das nötige Eigenkapital vorweisen, eine Kapitalerhöhung um 7,5 Millionen Franken im vergangenen Jahr reicht bei weitem nicht aus. Es ist das Aus für die Züricher Bank Hottinger. Ohne "U".

Allerdings existiert in der Züricher Hottingerstrasse noch immer ein Finanzinstitut namens "JCE Hottinger", das von der Pleite nicht betroffen ist. Hinter diesem Vermögensverwalter steht der Pariser Familienzweig um den 77-jährigen Jean-Philippe Hottinguer.

Bei "JCE Hottinger" allerdings nennt er sich Jean-Philippe Hottinger. Ohne "U". Das lädt geradezu zu Verwechslungen ein. Aber der Mann führt seinen guten Namen tatsächlich in beiden Ausführungen: Als Franzose schreibt er sich mit "U", als Schweizer ohne. Am Ende ist es irgendwie doch alles eins.

© SZ vom 31.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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