Hotel-Kette:Müller One

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Neu eröffnet: Das Motel-One-Hotel am ebenfalls neuen Hauptbahnhof in Wien. (Foto: Arnulf Hettrich/imago)

Schön soll es sein und wenig kosten: Was der Chef der Hotelkette Motel One anders als die Konkurrenz macht.

Von Michael Kuntz, München

Diesen Raum im Motel One München Süd kann man nicht zum Übernachten mieten. Und zwar nicht nur, weil das Boxspringbett und die Regenwalddusche fehlen. Es ist ein Konferenzraum von überschaubarer Größe, mit etwa doppelt so vielen Quadratmetern, wie die durchschnittlich 16,8 in einem Gästezimmer der Budget-Hotelkette.

Das Sitzungszimmer liegt in der Beletage des außen eher schmucklosen, innen jedoch edel designten Hauptquartiers von Motel One mit Hotelbetrieb, Chefbüros, Ausbildungs-Akademie und dem einzigen Restaurant der Kette, in dem es mehr als Frühstück gibt. Dieses auf den ersten Blick ganz normale Sitzungszimmer also ist sozusagen das Allerheiligste dieser mittlerweile nicht nur in Deutschland, sondern auch in mehreren europäischen Ländern erfolgreichen familiengeführten Firma. Es ist der "Award Room". In dem Regal an der Wand rechts hinter der Tür stehen die Auszeichnungen für das Unternehmen und seinen Gründer Dieter Müller, 62.

Herr Müller, wie viele Urkunden und Pokale sind es denn? Dieter Müller wäre nicht Dieter Müller, wenn er jetzt nur die Zahl nennen würde. Das wäre nun wirklich zu einfach. Er sagt, die Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung habe vor einiger Zeit von 21 Auszeichnungen berichtet. Nun seien noch zwei dazugekommen.

Diese vornehm dezente Form der Antwort sagt eine Menge über den Mann aus. Er war mal Angestellter des französischen Hotelkonzerns Accor und führt dem Marktführer ( zu dem unter anderem Ibis, Mercure, Novotel gehört) - ja der ganzen Branche vor, wie die Menschen übernachten wollen, ohne viel Geld für Dinge auszugeben, die sie in einem Hotel nicht nutzen. Design für alle, das war auch mal der Gedanke von Ikea-Gründer Ingvar Kamprad. Design in einem Zwei-Sterne-Hotel, wo man früher eher versiffte Teppiche und allenfalls Gelsenkirchener Barockmöbel erwartete, das war der Gedanke von Dieter Müller. Er setzt ihn kongenial um, wie allein die Tatsache zeigt, dass er seit Jahren praktisch alle wichtigen Branchenpreise erhält.

Müller ist ein Meister der stilvollen Inszenierung, wahrscheinlich auch deshalb, weil er mit Ursula Schelle-Müller eine Frau als Ehe- und Geschäftspartnerin hat, die ebenfalls ein Gespür für schöne Dinge besitzt. Ein paar von ihnen reichen aus, um eine Übernachtung angenehm zu machen, die nur den Bruchteil einer Nacht im Grandhotel kostet.

"Wenn Budget die richtigen Akzente setzt, kommt am Ende Luxus heraus, der für jeden bezahlbar ist."

Man kann sich gut vorstellen, wie die Zwei von Motel One schon am Frühstückstisch darum ringen, das kostbare Konzept des berühmten Lichtkünstlers Ingo Maurer dann doch nicht zu kaufen, wohl aber für die Illumination der Rezeption des Motel One am Deutschen Museum in München an die 100 000 Euro auszugeben.

Design für alle, es ist ein auch wirtschaftlich erfolgreiches Konzept. Derzeit sind 51 Hotels mit 13 887 Zimmern in Betrieb. Es sind drei Häuser weniger als vor einem Jahr, weil die neun etwa 15 Jahre alten Hotels der ersten Generation mit nur 72 Zimmern und in Randlage der Städte verkauft wurden. Sechs Hotels wurden 2015 eröffnet. In Deutschland kam nur das Motel One Magdeburg dazu, international Häuser in London, Prag, Manchester, Amsterdam und am neuen Wiener Hauptbahnhof.

Die Auslastung der Zimmer in den drei Jahre und älteren Häusern liegt bei mehr als 80 Prozent, im Schnitt bei etwa 75 Prozent. Der Umsatz pro Zimmer betrug 88 Euro. Motel One wuchs erneut zweistellig: Der Umsatz stieg um 26 Prozent auf 322 Millionen Euro, der Gewinn aus dem laufenden Geschäft ebenfalls um 26 Prozent auf 64 Millionen Euro. Dazu beigetragen hat, dass knapp 80 Prozent der Buchungen, weit mehr als bei anderen Hotels, über die eigene Internet-Seite und per Telefon ohne Vermittler direkt gewonnen werden konnten.

Das für die kommenden zwei bis drei Jahre geplante Wachstum auf 75 Hotels mit dann etwa 21 600 Zimmern sei gesichert, sagt Müller. Motel One ist zwar ein familiengeführtes Unternehmen, aber kein Familienunternehmen. Müller ist mit 34 Prozent größter Aktionär bei der Motel One AG. Außer ihm halten die Familie Hopp des früheren SAP-Gründers (33 Prozent) und drei weitere Aktienbesitzer Anteile. Die Motel One wiederum hält 65 Prozent an der Motel One GmbH, der eigentlichen Betriebsgesellschaft. Hier hat Müller mit einem Fonds von Morgan Stanley (35 Prozent) einen finanzstarken Investor als Partner für die Budget-Design-Hotels mit dem größten Wachstums unter den Hotelmarken in Europa.

Die Zentrale von Motel One steht etwas unspektakulär in der belebten Tegernseer Landstraße am Münchner Stadtrand. In München stehen zwar sieben Hotels. Doch Berlin ist nicht nur Deutschlands Metropole Nummer eins, es ist mit neun Häusern auch die Hauptstadt im Reich des Hotel-Königs Müller One. Das Haus am Tiergarten nahe des Wissenschaftszentrums Urania steht schon seit sechs Jahren, Zeit für eine gründliche Modernisierung. Die Bar hat nun als Thema das Weltall. Müller legt sieben Prozent vom Umsatz für Renovierungen zurück, deutlich mehr als im Hotelgewerbe üblich.

Auf dem Bildschirm flackert ein Feuer: "Die Leute glauben, es sei zwei Grad wärmer"

Wie viele Motel One verträgt Berlin, Herr Müller? "Na, Accor hat 40 Häuser. Davon sind wir doch weit entfernt." Im Übrigen sei der Anteil von Motel One in Berlin stets unter fünf Prozent geblieben, weil der Gesamtmarkt dort stärker gewachsen ist als die Münchner Budget-Kette. Gefühlt allerdings wirkt bei der Fahrt mit der S-Bahn Berlin wie eine Motel-One-City, weil gleich mehrere Häuser an der zentralen Bahntrasse zwischen Westkreuz und Ostkreuz stehen. Aus der S-Bahn ist oft das Flackern der Kamine in den Lounges der Hotels zu sehen. Im Winter lodern Feuer auf großen Flachbildschirmen - "Die Leute glauben, es sei zwei Grad wärmer, als es tatsächlich ist", sagt Müller. Wenn in seinem Dachbüro neben dem Grünwalder Stadion mehr Sommer als Winter ist, lässt er die Flachbildschirme umschalten auf "Aquarium", zur Erfrischung sozusagen.

Die Sache mit dem Kamin funktioniert wohl ganz gut, in Berlin und anderswo. Allerdings nicht in Schottland. Hier wirkte in den umgebauten, historischen Gebäuden das Bildschirm-Flackern etwas albern. Auch dieses Problem löst Müller sensibel: In Newcastle zum Beispiel lodert ein echtes Feuer im betriebswirtschaftlich gerade noch vertretbaren Erdgas-Kamin. Der erzeugt nicht nur für gefühlte, sondern sogar echte Wärme.

© SZ vom 21.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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