Heinrich von Pierer zieht Konsequenzen:Rücktritt nach neuen Vorwürfen

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Heinrich von Pierer soll nach Informationen der Süddeutschen Zeitung davon gewusst haben, dass der Elektronikkonzern in den 90-er Jahren eine Gegenorganisation zur IG Metall aufbaute. Nun trat der Siemens-Aufsichtsratsvorsitzende von seinem Posten zurück.

Klaus Ott und Uwe Ritzer

Die Siemens-Spitze hat nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth während der Amtszeit des früheren Vorstandschefs Heinrich von Pierer systematisch mit Millionenzahlungen die Ergebnisse von Betriebs- und Aufsichtsratswahlen beeinflusst.

Demnach investierte der Konzern verdeckt 50 Millionen Euro, um von 1990 an eine Gegenorganisation zur IG Metall aufzubauen. Die Initiative zur Gründung der arbeitgeberfreundlichen Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger (AUB) ging den Ermittlungen zufolge im Jahr 1988 direkt vom Siemens-Vorstand und der Arbeitgeberseite im Aufsichtsrat aus.

Von den Vorgängen soll auch der langjährige Vorstands- und Aufsichtsratschef Pierer gewusst haben, wie die Süddeutsche Zeitung in ihrer Wochenendausgabe berichtet.

Abschiedsbrief

Pierer war in der Nacht zum Freitag als Aufsichtsratschef zurückgetreten. Pierer beklagte sich in einem Abschiedsbrief an die Mitarbeiter über pauschale Vorverurteilungen in der Öffentlichkeit, die oftmals ohne Rücksicht auf die Faktenlage erfolgt seien.

Er wolle mit dem Schritt das Wohl des Unternehmens über seine eigenen Interessen stellen, erklärte Pierer. Eine Mitschuld an den Vorfällen wies er weiter von sich. ,,Eine persönliche Verantwortlichkeit mit Blick auf die laufenden Ermittlungen war nicht Grundlage meiner Entscheidung.''

Auch die Staatsanwaltschaft München, die gegen mehrere Siemens-Manager wegen Schmiergeldzahlungen in Millionenhöhe ermittelt, widersprach Vermutungen, dass der Rücktritt im Zusammenhang mit ihren Ermittlungen stehe.

Weiterhin Innovationsberater

Zum Nachfolger als Aufsichtsratschef soll am kommenden Mittwoch Gerhard Cromme, Aufsichtsratschef bei ThyssenKrupp und Vorsitzender der Regierungskommission Corporate Governance bestellt werden. Pierer soll weiterhin Innovationsberater der Bundesregierung bleiben.

Der Rücktritt Pierers beflügelte bis Mittag die Siemens-Aktie um knapp vier Prozent. Neben Pierers Abtritt sorgten vor allem Angaben für Auftrieb, Siemens habe die von Unternehmenschef Klaus Kleinfeld aufgestellten Renditeziele im zweiten Quartal erfüllt.

© Primetime vom 20.04.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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