Hape Kerkeling:Ab in die Fahrschule

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Horst Schlämmer, Kunstfigur des Komikers Hape Kerkeling, tut für Geld fast alles. Und beschert Volkswagen 90.000 Probefahrten.

Angelika Slavik

Horst Schlämmer ist ungehobelt, ungepflegt und schlecht gekleidet. Seine Witze sind flach und vorhersehbar, bei Frauen kommt sein provinzieller Charme auch nicht besonders gut an. Horst Schlämmer macht all das nichts aus, denn unter dem Strich, sagt er, komme es im Leben darauf an, "dass der Rubel rollt".

Horst Schlämmer: "Der Rubel rollt." (Foto: Foto: dpa)

Dieses Ziel dürfte er erreicht haben: Schlämmer ist die erfolgreichste Werbefigur, die es in Deutschland je gegeben hat - und wohl auch eine der bestbezahlten.

Am Wochenende prämierte der Art Directors Club (ADC), eine Vereinigung der Werbewirtschaft, Schlämmers Werbeauftritt für den Autobauer Volkswagen mit insgesamt 13 Trophäen. Zuvor hatte die Kampagne bereits beim wichtigsten Werbefestival der Welt in Cannes zwei Auszeichnungen abgeräumt.

Verfrühtes Geständnis

Der kauzige Journalist Horst Schlämmer ist eine Kunstfigur des Komikers Hape Kerkeling. Der erfand Schlämmer bereits vor einigen Jahren als stellvertretenden Chefredakteur des ebenfalls fiktiven Grevenbroicher Tagblatts.

Als solcher bedient er ein breites Spektrum an Klischees: das vom windigen Journalisten ebenso wie jenes vom chauvinistischen Provinzkaiser. Kräftig unterstützt vom Fernsehsender RTL wurde Horst Schlämmer zu einer der bekanntesten Figuren in der deutschen Medienlandschaft. Mit abgetragenem Trenchcoat und strubbeligem Schnauzer garantierte er Quotenerfolge und ausverkaufte Hallen.

Diese Popularität befeuerte auch das Interesse an Schlämmers Internetauftritt: In einem Weblog, einem Online-Tagebuch, dokumentierte Schlämmer seinen Weg zum Führerschein: von der Anmeldung in der Fahrschule bis zur praktischen Prüfung.

Schnell erlangten die Videos Kultstatus, bereits nach vier Wochen gehörte der Schlämmer-Blog zu den drei meistgelesenen Weblogs im deutschen Sprachraum. Dass sich Schlämmer während seiner Fahrstunden so außerordentlich begeistert über den VW Golf der Fahrschule äußerte, machte aber viele Internetnutzer misstrauisch.

Einen Monat nach dem Start des Online-Auftritts musste Schlämmer dann auch einräumen, dass sein Weblog eigentlich eine Werbeaktion für Volkswagen ist. "Die bezahlen quasi meinen Führerschein", nuschelt er in rheinischem Akzent in einem Video auf der Website.

Wenn das Geständnis auch "ein wenig früher kam als geplant", wie es bei VW heißt: für das Unternehmen hat sich das Engagement trotzdem ausgezahlt. Sieben Millionen Mal wurden Schlämmers Fahrschulvideos aus dem Netz heruntergeladen, 90.000 Probefahrten führt VW auf die Kampagne zurück. Um so viel Aufmerksamkeit zu generieren, hätte man für konventionelle Plakate, Anzeigen und TV-Spots etwa 6,5 Millionen Euro ausgeben müssen, rechnet man in Wolfsburg. Kerkeling, Schlämmer und die Website sollen "etwa ein Viertel" dieses Betrags gekostet haben.

Wie viel Geld Schlämmer seinem Erfinder insgesamt eingebracht hat, ist nicht bekannt. Klar ist: Der Rubel rollt. "Auch wenn das jetzt Euro heißt", wie Schlämmer sagt. Darauf kommt es schließlich an, im Leben.

© SZ vom 15.4.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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