Güterverkehr:Fehlermeldung

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Evolution statt Revolution: Eine neue Datenverarbeitung will die Post nun selbst entwickeln. (Foto: Ralf Hirschberger/dpa)

Die Post wollte per Technik den Versand von Fracht um den Globus verbessern. Doch die Computer wollen nicht so wie das Unternehmen. Ein Problem, das viel Geld kostet.

Von Varinia Bernau, München

Technologiekonzerne erwecken gerne den Eindruck, dass Computer die für den Menschen so mühsame Zettelwirtschaft spielend einfach erledigen. Ein trügerischer Eindruck. Die digitale Infrastruktur, die all die Dokumente aus Papier, die etwa für eine Frachtsendung nötig sind, ersetzt, ist äußerst kompliziert - und das heißt eben auch: äußerst teuer.

Das bekommt nun einmal mehr die Deutsche Post zu spüren. Jährlich transportiert der Konzern etwa 2,2 Tonnen Frachtgüter durch die Luft und noch einmal 2,8 Tonnen über See. Vor fünf Jahren hat der Konzern beschlossen, ein ganz neues IT-System einzuführen, das diese Güter quer über den Globus steuern soll. Das Frachtgeschäft, das etwa ein Viertel zum Konzernumsatz beiträgt, wirft immer geringere Gewinne ab. Gewinne, die deutlich unter denen der Wettbewerber liegen. Die Computer sollten dies ändern. Doch daraus wurde nichts.

Nun zieht die Post die Reißleine. Die mit den Partnern IBM und SAP entwickelten Systeme seien "sehr, sehr kompliziert und am Ende fehlerhaft", räumte Post-Finanzchef Larry Rosen ein. Die hohen Abschreibungen auf die gescheiterte Einführung der neuen Datenverarbeitungssysteme zwingen das Unternehmen, seine Gewinnprognose zu senken. Der Konzern strich die Gewinnerwartung für dieses Jahr nun um mindestens eine halbe Milliarde Euro auf 2,4 Milliarden Euro zusammen.

Es ist schon die zweite Kürzung in diesem Jahr. Der Ärger hatte sich abgezeichnet: Bereits im November vergangenen Jahres nämlich war die Einführung des Systems geplatzt. Die Ergebnisse aus einer Erprobung in einzelnen Ländern waren derart ernüchternd, dass sich der Konzern entschloss nachzujustieren - ehe das System weltweit zum Einsatz kommt. Manche Branchenbeobachter meinen, es fehle in den Reihen der Post am fachlichen Knowhow, um solch einen Schritt zu begleiten. Andere vermuten, dass die an die IT geknüpften Erwartungen schlichtweg zu hoch waren: In einem Bericht des Manager Magazin im April hieß es, dass das Budget für dieses Projekt weit über dem liege, was sich Rivalen wie Kühne + Nagel oder auch Schenker solch ein System kosten lassen.

Nun arbeitet die Post mit den alten Partnern an einem neuen System. Auch weil man aus solchen Verträgen nicht so schnell rauskommt. Die Laufzeiten für solche IT-Projekte sind lang. Aber die Post sieht sich durchaus nach neuen Partnern um. Statt des ganz großen Wurfes soll die Technik nun in kleinen Schritten erneuert werden. Das gibt mehr Spielraum, um nachzusteuern. Heißt aber auch: Das Projekt wird sich noch über Jahre hinziehen. "Evolution statt Revolution", sagt Rosen.

Als eine Fehlentscheidung will die Post die Einführung des neuen Systems allerdings nicht sehen. "Wir verfolgen unverändert das Ziel, unser Frachtgeschäft zu erneuern", unterstrich Konzernchef Frank Appel. Das laufende Jahr sei ein "Jahr des Übergangs", versuchte er die Anleger zu beruhigen. Analysten zeigten sich überrascht von der Höhe der Absenkung, die Post-Aktien brachen am Donnerstag um bis zu 3,6 Prozent ein.

Insgesamt sind im Frachtbereich Abschreibungen und Rückstellungen von 345 Millionen Euro angefallen, teilte die Post mit. Hinzu kämen Belastungen in anderen Sparten in Höhe von 200 Millionen Euro - etwa für die Abschreibungen auf nicht genutzte Flugzeuge, aber auch für Pensionen für Beamte.

© SZ vom 30.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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