Große Aufgaben:Neuer Mann, alte Probleme

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Alles wird teurer, auch das Abheben von Bargeld an fremden Automaten: Die Postbank hat die Gebührenvereinbarung zu Ende August gekündigt. (Foto: Ralf Hirschberger/dpa)

John Cryan muss jetzt tun, was Jürgen Fitschen und Anshu Jain schuldig geblieben sind - zum Beispiel die Postbank wieder loswerden.

Von Harald Freiberger, Frankfurt

Auf John Cryan wartet einer der anspruchsvollsten Banker-Jobs, die derzeit weltweit zu vergeben sind. Die Deutsche Bank steckt tief in der Krise, es gibt Probleme an allen Ecken und Enden. Das sind die größten Aufgaben für Cryan:

Vertrauen gewinnen

Obwohl sie sich den "Kulturwandel" auf die Fahne geschrieben haben, ist es Anshu Jain und Jürgen Fitschen nicht gelungen, das Vertrauen von Öffentlichkeit, Politik und Kunden zu gewinnen. Im Gegenteil: Das Ansehen der Bank ist so tief gesunken wie wohl noch nie in der Geschichte des Instituts. Dazu haben Skandale um US-Immobilienkredite, manipulierte Zinsen, Devisen und Rohstoffe oder jüngst Geldwäsche-Vorwürfe in Russland beigetragen. Die bisherigen Chefs verzögerten teilweise sogar die Aufarbeitung. Obendrein fraßen die Milliarden-Strafen einen großen Teil der Gewinne auf. Cryan muss noch ausstehende Rechtsstreits, etwa in Sachen Devisen, schnell ausräumen. Es wird noch viel Geld verschlingen. Analyst Huw Van Steenies von Morgan Stanley erwartet bis 2017 weitere Rechtskosten von bis zu drei Milliarden Euro.

Irrtümer korrigieren

Der größte strategische Fehler vor allem von Jain war es, bei seinem Amtsantritt angenommen zu haben, das Bankgeschäft könne zu alter Stärke zurückkehren. Deshalb vermied er den großen Schnitt und behielt teure Strukturen bei, während rundherum die meisten Großbanken Kosten senkten, sich von Geschäften verabschiedeten, ganze Abteilungen schlossen. Die Regulatoren haben den Banken einen Strich durch die Rechnung gemacht: Sie verlangen, dass sie ihre Geschäfte mit viel mehr Kapital unterlegen, damit nicht wieder die Steuerzahler einstehen müssen, wenn sie schiefgehen. Dadurch sind viele Geschäfte unprofitabel geworden. Die ist ein zentraler Faktor, den Jain ganz klar unterschätzte. Alles für jeden anzubieten geht heute nicht mehr. Es war ein großer Irrtum, den Cryan nun korrigieren muss.

Geschäfte abbauen

Da die Bank erschreckend knapp kapitalisiert ist und zu wenig Geld verdient, bleibt ihr nichts anderes übrig, als Geschäft abzubauen, das Kapital bindet. Fitschen und Jain haben den Weg vorgezeichnet, sie wollen in manchen Bereichen im Investmentbanking sparen. Doch das wird nicht reichen. "Alle Wetten auf Währungen, Anleihen oder Aktien stehen auf dem Prüfstand, jedes Handelsgeschäft, dem kein realwirtschaftliches Geschäft zu Grunde liegt", sagt Personalberater Andreas Halin. Er wird ein dorniger Weg: Cryan muss ganze Handelstische schließen - und viele Leute entlassen.

Visionen entwickeln

Eine spezielle Baustelle ist das unrentable Privatkundengeschäft. Fitschen und Jain beschlossen, die Postbank zu verkaufen. Umsetzen muss dies nun Cryan, bis Ende 2016 soll das Institut mit 14 Millionen Kunden über die Börse verkauft werden. Im Filialgeschäft der Deutschen Bank fallen 200 von 700 Filialen weg. Vorerst unklar ist, wie viele Stellen abgebaut werden. Cryan muss hier noch vielen Mitarbeitern wehtun. "Es ist zwar entschieden, dass Kosten gespart werden, aber längst nicht, wie das Privatkundengeschäft künftig aussehen und welche Rolle es im Konzern spielen soll", sagt Halin. Hier geht es für Cryan darum, das zu tun, was Fitschen und Jain schuldig geblieben sind: eine klare Vision mit messbaren Zahlen vorzulegen - und diese dann umzusetzen.

© SZ vom 09.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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