Google und G-Mail:Der große Bruder liest mit

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Mit einem neuen Dienst will Google die bislang ganz simple E-Mail revolutionieren: G-Mail. Doch damit G-Mail wie angekündigt funktioniert, müssen elementare Datenschutzgrundsätze verletzt werden. Die kalifornische Senatorin Liz Figueroa spricht von einer "Invasion der Intimsphäre".

Von Udo Hoffmann

Google, die weltgrößte Suchmaschine im Internet, vom Erfolg verwöhnt und stets bestrebt, seinen Einfluss zu erweitern (darin einem berüchtigten Softwarehersteller aus Seattle nicht unähnlich), hatte sich alles so schön ausgedacht. Mit G-Mail wollte man ins Geschäft der kostenlosen E-Mails einsteigen, den Konkurrenten MSN von Microsoft und Yahoo eins auswischen und zum Gegenangriff auf deren ureigene Reviere blasen.

Die G-Mail: Ein Instrument der Überwachung? Oder doch ein ganz harmloser und sinnvoller neuer Dienst? (Foto: Foto: Google)

Die Nische von Google, in der das Unternehmen vier Jahre lang ungestört wachsen konnte, ist längst keine Nische mehr, sondern ein höchst profitabler Bereich des Internets. Und eigene Such-Technik, mit der sie in Konkurrenz zu Google treten wollen, haben sowohl Yahoo wie auch Microsoft bereits angekündigt.

Was ist G-Mail?

G-Mail, das neue System von Google, das in den nächsten Wochen starten will, glänzt mit zwei Besonderheiten. Zum einen bietet es jedem Nutzer ein Gigabyte Speicherplatz, das ist etwa das 100fache der meisten Konkurrenten. Und zum zweiten ordnet es die E-Mails automatisch nach dem Inhalt, der Nutzer kann per interner, Google-typischer Suchfunktion sofort die gewünschten E-Mails finden. Eine praktische Hilfe gerade bei größeren Mailmengen.

So weit, so gescheit. Doch nun der Haken: Damit diese Suchfunktion funktioniert, werden die eingehenden E-Mails allesamt durchgescannt. Von Datenschutz, von einem "E-Mail"-Geheimnis kann da natürlich keine Rede mehr sein, die Durchleuchtung des G-Mail-Kunden nimmt orwellsche Ausmaße an.

Datenschutz fraglich

Von daher kein Wunder, dass sich der Widerstand gegen G-Mail direkt nach der Ankündigung formierte. So gab es vor etwa zehn Tagen einen offenen Brief an das Unternehmen, in dem 28 Datenschutzorganisationen Google kritisieren und dazu auffordern, das G-Mail-System zu überdenken.

G-Mail sei ein gefährlicher Präzedenzfall, es könne zu einem ganz neuen Umgang mit E-Mails kommen, der jegliche Privatsphäre ignoriere. Geheimdiensten und andere staatlichen Organisationen würden dieses System zudem sicher gerne übernehmen.

Jetzt hat sich auch die demokratische Senatorin Liz Figueroa aus Kalifornien zu Wort gemeldet, die G-Mail eine "Invasion der Intimsphäre" nennt. Das Vorhaben Googles, passend zur jeweiligen E-Mail Werbung zu schalten, wäre gleichbedeutend mit dem Versuch, mitten in der Wohnung eine Litfasssäule aufzubauen, deren Werbung dem Geschmack des Bewohners entspräche. Sie plant ein Gesetz, welches die Verwendung von G-Mail verbiete.

In einer britischen Kampagne hat desweiteren die Gruppe "Privacy International" Beschwerde gegen die Pläne Googles erhoben, die G-Mail des Empfängers mit Links auszustatten, die zur Korrespondenz und den vermuteten Interessen des Nutzers passen sollen.

Als kritisch betrachtet Privacy International zudem Googles Idee, eine endgültige und permanente Löschung der G-Mails nicht zuzulassen. Damit würden Europäische Datenschutzgesetze außer Kraft gesetzt, die dem Nutzer die volle Kontrolle über seine eigene Kommunikation zusichern.

Google beschwichtigt

In einer Stellungnahme versicherte Google, bei der Bereitstellung von G-Mail mit Datenschutzexperten zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass alle europäischen Vorschriften beachtet würden.

Die Intimsphäre des G-Mails-Nutzers sei in jedem Fall gewährleistet, da das Durchscannen der Mail vollautomatisch erfolge und lediglich nach Schlagwörtern durchsucht. So will das Unternehmen "passende und unauffällige" Annoncen hinzuschalten können, mit dem man die Finanzierung des Ein-Gigabyte-Speicherplatzes und auch einen Gewinn sicherstelle.

Analysten sehen in dem G-Mail-Dienst ein Kernprodukt für Google. So könne das Unternehmen seine Einnahmen aus Werbeeinschaltungen erhöhen und das Geschäft ausweiten. Dies sei vor allem in Hinblick auf den beabsichtigten Börsengang des Unternehmens und im Kampf gegen Microsoft und Yahoo von Bedeutung.

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