Getreide und Öl:Die Eselpreisbindung

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Soll der Weizenpreis an den Ölpreis gekoppelt werden? Landvolk-Chef Werner Hilse möchte auf diese Weise mehr Geld verdienen - da hätte er besser eine Eselzucht eröffnet.

Tobias Dorfer

Man hat es nicht einfach als Landwirt. Jeden Tag muss man im Dreck herumstapfen, muss säen, ernten, Unkraut jäten. Da tröstet es offenbar nur wenig, dass die Preise für Getreide in den letzten beiden Jahren rasant angestiegen sind. Da geht noch was, findet zumindest Werner Hilse, der offenbar mehr von der weltweiten Nahrungsmittelkrise profitieren möchte.

Weizenernte im Odenwald: Eine Eselzucht wäre vielleicht lukrativer. (Foto: Foto: ddp)

Werner Hilse ist ein Landwirt aus dem Landkreis Lüchow-Dannenberg. Im Nebenberuf kümmert er sich als Vorsitzender des Landvolkes Niedersachsen um die Belange der niedersächsischen Bauern. Mit ein wenig Neid schielt er auf die Gewinnmargen von Ölkonzernen wie Exxon Mobil oder Shell. Zwar können sich derzeit auch die Getreidebauern nicht über mangelnde Aufmerksamkeit beklagen - doch mehr Gewinne erzielen, das wollen auch Hilse und seine Bauern. Schließlich regiert die Nachfrage den Preis, deshalb gibt es ja in Deutschland Marktwirtschaft.

Und weil die große Weltpolitik doch ein wenig interessanter ist als ein Grußwort auf der "LandTageNord Erlebwas-Messe" in Wüsting bei Oldenburg, hat sich Werner Hilse aus dem Wendland hilfesuchend an das Zentralorgan der kleinen Leute gewandt: Der Bild-Zeitung erzählte der Landwirt, man müsse den Weizenpreis an den Ölpreis koppeln. "Der Energiewert von Weizen ist nur halb so teuer wie Öl", klagt der Landwirt.

Ungünstiger Zeitpunkt

Früher wollten die Menschheit so ziemlich alles und jeden an den US-Dollar koppeln. Jetzt ist es der Ölpreis, den die Welt im Auge hat - auch wenn die Bindung des Gaspreises an den Rohölpreis derzeit unter heftigem Beschuss steht. Werner Hilse möchte also eine neue Preisbindung.

Natürlich kann niemand dem Landwirt absprechen, dass Energie inzwischen nicht nur aus Rohöl, sondern auch aus Getreide gewonnen wird. Nur während Öl dauerhaft knapp bleibt, ist der Weizenpreis vor allem eine Sache der Ernte. Sollen nun die Wettertemperaturen auch an den Ölpreis gebunden werden?

Hilses Wunsch kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Denn der Weizenboom hat in den vergangenen Monaten deutlich an Fahrt verloren. Seit dem diesjährigen Höchststand sind die Weizenpreise um 40 Prozent gefallen.

Und dann hat der Weltgetreiderat auch noch prognostiziert, im laufenden Anbaujahr dürfte wieder deutlich mehr Weizen geerntet werden. Das Korn sprießt, die Lager werden aufgefüllt - auch die Europäische Union erwartet für dieses Jahr eine deutlich bessere Weizenernte.

Ein Esel für 180 Euro

Angesichts der ziemlich ernüchternden Zahlen hätte Werner Hilse besser eine Eselzucht eröffnet. Denn in der Türkei haben die hohen Kosten für Benzin und Diesel die Eselpreise in schwindelerregende Höhen getrieben. Weil den anatolischen Landwirten das Benzin für ihre Traktoren schlicht zu teuer ist, setzen sie wieder auf das verbrauchsarme Ein-ES-Fahrzeug - den guten alten Esel. In nur einem Jahr hat sich der Preis für einen Esel nahezu versiebenfacht - von 26 Euro auf bis zu 180 Euro. Im Dorf Lök in der Provinz Yozgat hat sich die Zahl der graufelligen Bewohner auf 100 Stück verdoppelt.

Ein, zugegeben, schwacher Trost für Werner Hilse und seine niedersächsischen Bauern. Immerhin bleibt dem Landvolk dort ein kleiner Trost. Denn schaut man sich die langfristige Entwicklung der Preise für Weizen und Öl an, dann kommen die Landwirte gar nicht so schlecht weg. Seit Januar 2006 ist der Ölpreis um stolze 108 Prozent gestiegen - Weizen jedoch kostet 124 Prozent mehr.

Manchmal hat es der Bauer doch gar nicht so schwer.

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