Gesetzesentwurf:Mehr Geld fürs Alter

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Gut, wer privat vorgesorgt hat mit Riester und Betriebsrente. (Foto: Patrick Seeger/dpa)

Die Koalition will Betriebsrenten attraktiver machen - mit einer verstärkten Förderung und dem Wegfall von Rentengarantien.

Von Cerstin Gammelin, Thomas Öchsner, Berlin

Die Bundesregierung will die betriebliche Altersvorsorge attraktiver machen. Direkte Zuschüsse sollen Geringverdiener zum Abschluss bewegen. Zugleich soll die Riester-Rente gestärkt und die Grundzulage von 154 Euro auf 165 Euro angehoben werden.

Wie am Montag aus Regierungskreisen verlautete, sollen Unternehmen Betriebsrenten künftig auch auf der Grundlage reiner Beitragszusagen ohne garantierte spätere Leistungshöhe anbieten können. Voraussetzung dafür ist, dass sich die Tarifpartner vorher über eine andere Art der Absicherung einigen und diese in einem Tarifvertrag festhalten.

Ziel des Gesetzentwurfs ist es, die zusätzliche Altersvorsorge zu stärken. Derzeit haben etwa 60 Prozent der Arbeitnehmer Aussicht auf eine Betriebsrente, allerdings gilt dies in weit geringerem Maße für Geringverdiener und Arbeitnehmer kleiner Betriebe. Um Verbrauchern die Pläne zur Förderung betrieblicher Altersvorsorge verständlich zu machen, ist aber wohl eine umfassende Informationskampagne nötig. Denn das neue Konzept zeichnet sich auf den ersten Blick vor allem durch zweierlei aus: Es ist kleinteilig und durch bürokratenhafte Worte wie "Doppelverbeitragung" oder "Enthaftung" unverständlich.

Die Reform der betrieblichen Altersvorsorge soll in diesem Jahr vom Bundeskabinett beschlossen werden. Die Regeln könnten dann zum 1. Januar 2018 wirksam werden. Und das sind die Kernpunkte der Betriebsrentenreform:

Geringverdiener: In Zukunft sollen Arbeitgeber einen staatlichen Zuschuss von 30 Prozent bekommen, wenn sie für Geringverdiener 240 bis 480 Euro Beitrag pro Jahr in eine betriebliche Altersvorsorge (BAV) einzahlen. Das Geld soll es nur für Geringverdiener bis zu einer Einkommensgrenze von 2000 Euro brutto monatlich oder 24 000 Euro jährlich geben.

Steuervorteil: Der Förderrahmen, bis zu dem Lohnbestandteile, die in die betriebliche Altersvorsorge fließen, von der Steuer verschont bleiben, wird erhöht. Bisher können Arbeitnehmer bis zu 6,4 Prozent ihres Lohnes steuerfrei in Betriebsrenten umwandeln. Dieser Rahmen wird auf sieben Prozent erhöht. Vier Prozent des sozialversicherungspflichtigen Lohns sind schon bisher sozialabgabenfrei, daran ändert sich nichts. Die steuerbefreiten 6,4 Prozent entsprechen derzeit 2976 Euro (das sind vier Prozent) plus 1800 Euro. Sieben Prozent wären dann 5208 Euro.

Freibetrag: Zahlungen aus der betrieblichen Altersvorsorge oder staatlich geförderten privaten Riester-Rente werden bislang mit Ansprüchen aus der staatlichen Grundsicherung verrechnet. Ärgerlich für alle Ruheständler, die wegen ihrer zu kleinen Rente noch die staatliche Grundsicherung bekommen und privat oder betrieblich vorgesorgt haben: Sie haben von ihrem wenigem Geld etwas für den Ruhestand gespart, haben aber nichts davon, weil es mit der staatlichen Hilfe verrechnet wird. Die Bundesregierung will deshalb einen Freibetrag für solche Fälle einführen. Er beträgt mindestens 100 Euro monatlich und kann in bestimmten Fällen auf maximal 202 Euro pro Monat steigen. Hilfsbedürftige Rentner können also von ihrer Betriebsrente oder Riester-Rente, die es dann obendrauf gibt, mindestens 100 Euro, höchstens aber 202 Euro behalten. Die Formel lautet: gesetzliche Minirente plus Grundsicherung plus Sockelbetrag 100 Euro.

Arbeitgeber: Vor allem kleine und mittlere Unternehmen scheuen davor zurück, ihren Mitarbeitern Angebote für die betriebliche Altersvorsorge zu machen. Ein wichtiger Grund: Sie müssen dann noch viele Jahre dafür haften, dass die Renten auch ausgezahlt werden. Künftig sollen Unternehmen deshalb nicht mehr Betriebsrenten in einer bestimmten Höhe garantieren müssen. Sie müssen nur für die eingezahlten Beiträge garantieren. Die Arbeitgeber sollen aber eine "Zielrente" angeben, bei der die spätere Leistung nicht garantiert, aber berechnet wird. Die Beschränkung auf die Zielrente soll aber nur gelten, wenn sich Arbeitgeber und Gewerkschaften auf Modelle der betrieblichen Altersvorsorge in Tarifverträgen geeinigt haben. Die Arbeitgeber müssen mindestens 15 Prozent des umgewandelten sozialversicherungspflichtigen Entgelts zusätzlich als Arbeitgeberzuschuss an die Versorgungseinrichtung weiterleiten, die im Tarifvertrag vereinbart wurde als Garantiegeberin.

Krankenkassen- und Pflegebeiträge: Wird eine Betriebsrente ausgezahlt, müssen die Rentner den vollen Beitragssatz zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zahlen. Dagegen gibt es große Proteste. Die Zahlungspflicht wird aber nicht abgeschafft, weil den Krankenkassen sonst jedes Jahr ein paar Milliarden Euro fehlen. Künftig soll es aber eine minimale Ausnahme geben: Wer eine Riester-Rente mit einer betrieblichen Altersvorsorge kombiniert, muss in der Auszahlungsphase künftig nur den halben Satz des Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrags zahlen. Solche Vertragskonstruktionen sind jedoch äußerst selten (drei bis vier Prozent des Gesamtbestands).

© SZ vom 02.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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