Gesetzesentwurf:Maut ohne Grenzen

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Die Mautpflicht kommt - vielleicht für ganz Europa? (Foto: Jens Büttner/dpa)

Es geht nur um wenige Sätze, doch die haben es in sich. Bislang kaum beachtete Passagen in dem neuen Entwurf lösen in der Hauptstadt heftigen Wirbel aus.

Von Markus Balser, Berlin

Es geht nur um wenige Sätze im neuen Maut-Gesetz. Doch die haben es in sich. Bislang kaum beachtete Passagen in dem erst in der vergangenen Woche vom Kabinett beschlossenen Entwurf lösen in der Hauptstadt heftigen Wirbel aus. Denn Experten und Politiker erwarten, dass die deutsche Pkw-Maut in der aktuellen Form nur eine Übergangslösung für eine Europa-Maut sein könnte - mit finanziellen Folgen für hiesige Autofahrer.

Im jüngsten Entwurf ermöglicht das Bundesverkehrsministerium einen Systemwechsel, obwohl die geplante Maut noch nicht mal in Kraft ist: "Ziel der Bundesregierung ist ein gemeinsames, interoperables Mautsystem ohne nationale Barrieren", heißt es in dem Entwurf. Sobald es einen europäischen Rahmen gebe, werde man die geplante deutsche Pkw-Maut auf Konformität mit den Brüsseler Plänen überprüfen und bei Bedarf in "technischer und rechtlicher Sicht" anpassen.

Dem Prestigeprojekt der CSU und von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt droht damit neuer Ärger. Die Passage gilt als brisant, weil die EU-Kommission ein anderes als das deutsche System favorisiert. Sie wünscht sich eine streckenabhängige Abgabe - in Deutschland dagegen sind pauschale Zeittarife geplant. Folge einer Umstellung nach EU-Gusto wären aber möglicherweise höhere Kosten für viele Deutsche. Vor allem Berufspendler und Vielfahrer müssten eventuell mit höheren Kosten für die Maut rechnen. Der ländliche Raum könnte generell stärker belastet werden als Städte.

Zwar gilt zunächst das Versprechen der Regierung aus dem Koalitionsvertrag, dass die Maut deutsche Autofahrer nicht belasten soll. Sie werden mindestens um die Mautkosten bei der Kfz-Steuer entlastet. Doch ob die Prämisse bei einem Systemwechsel in einigen Jahren noch gilt, ist fraglich. Die Maut wird erst in der nächsten Legislaturperiode und frühestens 2019 eingeführt. Eine neue Bundesregierung nach der Wahl im Herbst wäre aber nicht mehr an die Prämisse des aktuellen Koalitionsvertrags gebunden - wohl aber an die Vorgaben im Gesetz. Das aber sieht zwar den möglichen Systemwechsel vor, aber keine Deckelung der Kosten. Die ist über die Kfz-Steuer gesetzlich geregelt.

Beim Regierungspartner SPD sieht man die Pläne deshalb längst kritisch. "Durch die Zusage von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, die EU-Kommission bei der Einführung einer europaweiten streckenabhängigen Maut zu unterstützen, wird in den kommenden Jahren der Druck noch größer werden, die deutsche Pkw-Maut zu verändern", sagt SPD-Fraktionsvize Sören Bartol. Nur wenigen sei klar, dass auf Druck der CSU in Deutschland eine Pkw-Maut für alle eingeführt worden ist", sagt Bartol weiter. Beim ADAC redet man Klartext, was das bedeuten könnte: Die verabschiedete Gesetzesvorlage einer überarbeiteten Pkw-Maut ebne den Weg für ein flächendeckendes Mautsystem auf europäischer Ebene - zu Lasten und auf Kosten deutscher Autofahrer.

Das Verkehrsministerium weist die Befürchtungen zurück. "Der Verdacht, dass aus einem europäischen Mautrahmen eine Mehrbelastung entsteht, ist falsch. Richtig ist: Deutschland unterstützt die EU-Kommission dabei, mittelfristig einen Rahmen für ein interoperables europäisches Mautsystem ohne nationale Barrieren zu schaffen, sagt ein Sprecher. Es bleibe dabei, dass es eine Entscheidung der Mitgliedstaaten sei, ob sie daran teilnehmen und mit welchem Mautprinzip. Die heute unterschiedlichen Mautprinzipien würden dabei nicht infrage gestellt, sondern vernetzt.

Einer repräsentativen Umfrage zufolge bezweifeln die Deutschen offenkundig längst, dass sie ein Systemwechsel nicht trifft. Fast die Hälfte der Deutschen lehnt demnach eine Europa-Maut ab. 42 Prozent sind laut der Untersuchung im Auftrag der ADAC-Zeitschrift Motorwelt dagegen. Nur 26 Prozent sind dafür, 30 Prozent enthalten sich. "Das ist ein deutliches Signal an die Politik, auch langfristig ihr Versprechen einzulösen, dass es zu keiner Mehrbelastung für inländische Autofahrer kommt", fordert Ulrich Klaus Becker, ADAC-Vizepräsident für Verkehr.

Damit dürfte die Debatte um die Maut nun im Bundestag Fahrt aufnehmen. Das Parlament muss die Pläne der Bundesregierung genehmigen. Noch gilt ein positives Votum nicht als sicher. Aus beiden Regierungsparteien hatte es zuletzt Kritik gegeben. So hatten in den Bundesländern Rheinland-Pfalz, Saarland und Nordrhein-Westfalen auch Unionspolitiker neue Ausnahmen für die Grenzregionen gefordert. Auch die SPD hat sich bislang nicht eindeutig festgelegt, ob man den Plänen zustimmt.

© SZ vom 30.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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