Geld für Gründer:Ein schlüssiges Konzept von A bis Z

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Ein Businessplan, eine gute Unternehmenspräsentation, Geduld und ein Quäntchen Glück: Wie Gründer und Jungunternehmer für ihre Firmenidee Investoren gewinnen können.

Von Marcel Grzanna

Ingo Rakemann und seine Partner versuchten es zwei Jahre lang ohne einen detaillierten Finanzplan. Am Ende scheiterten die Jungunternehmer daran, einen privaten Investor zu finden für ihr Start-up-Unternehmen in der Glücksspielbranche. Viele potenzielle Geldgeber hatten sie angesprochen. Etliche Male sagte man ihnen, es sei eine "gute Idee", was sie da vorhätten. Aber niemand rang sich dazu durch, das Projekt mit seinem Kapital anzuschieben. Die Partner gaben auf. Das war 2006, und trotz des Misserfolges sagt Rakemann heute: "Es war eine gute Zeit, weil wir viel gelernt haben. Das nimmt uns keiner mehr."

Heute ist Rakemann Geschäftsführer seines Expertennetzwerks Deutschland, über das Existenzgründer, aber auch gestandene Mittelständler, die in einer ähnlichem Situation sind wie er damals und Geld bei einem privaten Investor suchen. In den zwölf Jahren hat sich einiges verändert. "Da kommt heute niemand mehr ohne einen Businessplan an", sagt Rakemann. Eine detaillierte Aufschlüsselung der Finanzen ist Standard, um den Geldgebern zu vermitteln, dass die eigene Geschäftsidee tatsächlich funktioniert. Das Problem: Ideen gibt es zuhauf, auch gute, aber die Investoren verteilen ihre Mittel keineswegs mit der Gießkanne, sondern sind extrem darauf bedacht, sichere Gewinne einzufahren. Nur wem es gelingt, sein Konzept von A bis Z schlüssig als Erfolgsrezept zu präsentieren, dürfte am Ende das Glück haben, mit einer Finanzspritze belohnt zu werden.

"Ein absolutes No-Go ist es, die Konkurrenz auf dem Markt nicht zu kennen", sagt Rakemann. Er erinnert sich an eine Präsentation in Köln, bei der ein Jungunternehmer den Gästen nicht beantworten konnte, mit wem er es in seinem Markt aufnehmen wollte. "Die Präsentation war an dem Punkt eigentlich zu Ende." Gute Vorbereitung und überzeugendes Auftreten sind eine Sache, aber idealerweise sollten Firmen auf der Suche nach Kapital bereits ein fertiges Produkt und im Optimalfall bereits auch Nutzerdaten vorlegen können. Das erhöht die Chance auf das Okay eines Investors. Doch immer noch gehören auch ein Quäntchen Glück und viel Geduld dazu, die richtigen Leute zur richtigen Zeit zu treffen. "Unternehmer sollten sich ein Zeitlimit von zwei oder zweieinhalb Jahren geben, um einen Investor zu finden. Wenn es in diesem Zeitraum nicht klappt, wird es wohl eher schwierig", sagt Rakemann.

Zumal Risikokapital-Gesellschaften oder Gründerfonds sehr sorgfältig nach Investitionszielen suchen. Die Beratungsgesellschaft KPMG zählt in ihrem vierteljährlichen Venture Plus Report für das erste Quartal dieses Jahres in Europa 548 Vereinbarungen zu Unternehmensbeteiligungen durch Risikokapital. 5,2 Milliarden US-Dollar waren diese Investitionen insgesamt wert. Fünf der zehn am meisten begünstigten Firmen stammen aus Deutschland.

Viele Programme und Initiativen vermitteln Förderkredite oder nützliche Kontakte

Mit 560 Millionen Dollar führt die Berliner Auto 1 Group die Liste an. Die Firma ist bereits seit einigen Jahren erfolgreich mit ihrem Online-Zweitwagengeschäft, das über diverse Plattformen entweder Autohändler direkt miteinander verknüpft oder Kunden mit Händlern. Das Unternehmen ist bereits am Markt etabliert und in 27 europäischen Staaten mit 3000 Angestellten tätig. Die Finanzspritze zu einem solch fortgeschrittenen Zeitpunkt der Firmengeschichte dient zur weiteren Expansion und wird als Late-stage-Capital, Spätphasen-Kapital bezeichnet. Auch die Nummer zwei in Europa kommt aus Deutschland. Das Biotechnologie-Unternehmen BioNTech aus Mainz sammelte 270 Millionen Dollar ein und hat sich vorgenommen, "die Immuntherapien der Zukunft zu entwickeln und damit die Behandlung von Krebs und anderen Krankheiten zu revolutionieren", wie es auf der Firmen-Webseite heißt. Auf den Plätzen vier, neun und zehn folgen drei weitere Firmen aus Berlin. Das Fintech N26 etwa erhielt 160 Millionen Dollar. Die Solaris Bank ist ein Technologie-Unternehmen mit eigener Banklizenz, das eine digitale Banking-Plattform entwickelt hat.

Andere Firmen können das Angebot nutzen, um darüber eigene Finanzdienstleistungen wie Bezahlmethoden oder Finanzierungen zu bieten. 70 Millionen Dollar war den Investoren der Einstieg in das Geschäftsmodell wert. Mit 63,7 Millionen Dollar kann die Frontier Car Group rechnen, die vornehmlich in Entwicklungs- und Schwellenländern den Autohandel digitalisiert und effizienter machen will. Im internationalen Vergleich des Risikokapital-Markts spielt Europa jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Weltweit flossen 49,3 Milliarden Dollar in 2661 Unternehmen, 60 Prozent davon in den USA, mehr als 30 Prozent in Asien. 2,5 Milliarden Dollar gingen allein an den Fahrdienstservice Grab aus Singapur, der sich damit einreihte in die Liste der sogenannten Unicorns, Einhörner, die von Investoren mit mindestens einer Milliarde Dollar gefüttert wurden.

Von solchen Dimensionen können die allermeisten Unternehmer nur träumen. Und nicht jeder Inhaber einer Firma ist ein IT-Nerd, der mit einer brandneuen App die Welt erobern möchte. Mancher will Haareschneiden, Häuser bauen oder Mode verkaufen. Aber vielleicht benötigt der- oder diejenige auch Geld. Rakemann, gleichzeitig Mitbegründer der Initiative Deutschland startet, die Jungunternehmern beim Aufbau ihres eigenen Geschäfts unterstützt, empfiehlt jedem unbedingt auch die Möglichkeit auszuloten, Fremdkapital an Land zu ziehen. Zahlreiche Programme vermitteln Förderkredite, die dazu dienen, das Geschäft anzuschieben. Es lohnt sich, das Internet nach Finanzierungsmöglichkeiten zu durchforsten. Zahlreiche Plattformen vermitteln Kontakte zu den Business Angels, Unternehmensengel. Das sind oft erfolgreiche Unternehmer oder Privatleute, die sich an Existenzgründungen beteiligen und wertvolle Kontakte und Erfahrungen einbringen.

© SZ vom 27.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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