Gefährliche Handys:Siemens bleibt auf 65er-Reihe sitzen

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Ausgerechnet mit der 65er-Serie wollte das Unternehmen seinen Rückstand in der Mobilfunksparte aufholen. Jetzt werden die Geräte wegen eines Softwarefehlers allerorts aus den Regalen genommen. Durch die Rückrufaktion drohen dem Konzern hohe finanzielle Einbußen.

Siemens muss einem Pressebericht zufolge einen Verkaufsstopp seiner kompletten neuen Handyreihe hinnehmen. Auf Grund eines möglicherweise gefährlichen Softwarefehlers bei allen neun Modellen der 65er-Serie hätten die Großkunden Media Markt, T-Mobile, Vodafone, E-Plus und O2 die Geräte am Donnerstag aus dem Sortiment genommen, berichtet die Financial Times Deutschland (FTD).

"Wir verkaufen die Reihe nicht mehr", sagte ein Media-Markt-Sprecher der FTD. Die Geräte würden aus den Regalen genommen. Auf Grund des Fehlers kann es beim Abbruch eines Telefonats wegen eines leeren Akkus zum lauten Abspielen der Ausschaltmelodie kommen.

"Im Extremfall könnte die Lautstärke zu Hörschäden führen", teilte Siemens am Donnerstag mit. "In der Praxis gab es keinen konkreten Fall", betonte eine Siemens-Sprecherin. "Es handelt sich um einen reinen Warnhinweis." Betroffen seien fünf Modelle der 65er-Reihe. Um wie viele Geräte es sich handelt, konnte die Sprecherin nicht sagen. Eine neue Software sei bereits entwickelt, Siemens warte noch auf die Freigabe von den Netzbetreibern.

Handy-Nutzer könnten das Up-Date dann per Internet oder auch in den Geschäften der Siemens-Partner erhalten. Bis dahin empfiehlt Siemens Nutzern, die Ausschaltmelodie abzuschalten.

Keine Aufregung bei den Kunden

Auf den Warnhinweis hätten nur vereinzelte Handy-Besitzer reagiert, berichteten Sprecher der Siemens-Partner übereinstimmend. "Bei den Kunden gibt es keine große Aufregung", sagte T-Mobile-Sprecher Christian Schwolow. 02 und Vodafone wollen ihre Kunden schriftlich informieren, wie der Fehler behoben werden kann. O2-Sprecherin Christine Knoepffler ging davon aus, dass die 65er-Reihe schon Anfang September wieder im Handel sein wird.

Die 65er-Handys wurden laut der Sprecherin bisher in Europa angeboten, der Verkauf in Asien sollte in Kürze beginnen. Die Produktion laufe normal weiter, weil ohnehin höhere Software-Versionen verwendet würden.

Siemens wollte mit 65er-Serie aufholen

Ausgerechnet mit den vom Softwarefehler betroffenen Handys habe Siemens den Rückstand seiner defizitären Mobilfunksparte zur Konkurrenz wettmachen wollen.

Die Aufholjagd werde sich nun verzögern, sagte Nicolas von Stackelberg, Analyst bei der Investmentbank Sal. Oppenheim, der Zeitung. "Das wird einen negativen Effekt auf den Marktanteil und den Umsatz haben", zitiert die FTD Neil Mawston, Analyst von der Marktforschungsfirma Strategy Analytics.

Wie hoch der finanzielle Mehraufwand für die Siemens-Partner ausfallen wird, ist noch unklar. Schadenersatzforderungen sind derzeit bei den betroffenen Unternehmen kein Thema. "Wir haben mit Siemens seit 25 Jahren eine gute Partnerschaft. Das kriegen wir geregelt", sagte Media-Markt-Sprecher Bernhard Taubenberger. Die Kostenaufteilung werde noch geklärt, sagten auch die Sprecher der anderen Siemens-Partner.

Siemens will die kränkelnde Mobilfunksparte (ICM) sanieren und mit der Netzwerktechnik fusionieren. Ob die Sanierung des zuletzt defizitären Handy-Geschäfts wie geplant vorankomme, sei unklar, sagte die Siemens-Sprecherin. Ursprünglich wurde für das Schlussquartal die Rückkehr in die schwarzen Zahlen angepeilt.

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