Gasstreit mit der Ukraine:Russland erklärt Abkommen für unwirksam

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Alles schien unter Dach und Fach, nun ist die Wiederaufnahme der russischen Gaslieferungen erneut ungewiss: Moskau setzte das Abkommen einseitig außer Kraft.

Sonja Zekri

Die Wiederaufnahme russischer Gaslieferungen ist trotz eines russisch-ukrainischen Abkommens über internationale Kontrolleure an den Pipelines weiter ungewiss. Russlands Präsident Dmitrij Medwedjew sagte am Sonntagabend im Fernsehen, die Ukraine habe nach der Unterzeichnung des Abkommens durch Moskau am Samstag vor ihrer Unterschrift am Sonntagmorgen eine Erklärung hinzugefügt, durch welche die Vereinbarung "unwirksam" werde. Russland werde erst Gas liefern, wenn die Ukraine diesen Zusatz "annulliere".

Der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine eskaliert. (Foto: Foto: Reuters)

Nach Angaben der Nachrichtenagentur Ria-Novosti hat die ukrainische Regierungschefin Julia Timoschenko nach mehrstündigen Verhandlungen am Sonntag als wichtigste Punkte der Vereinbarung hervorgehoben, dass die Ukraine ein verlässlicher Transitpartner sei, kein Gas gestohlen habe und Russland für Gaslieferungen im Jahr 2008 kein Geld schulde. Genau diese Punkte wirft Moskau Kiew aber vor.

Der russische Regierungschef Wladimir Putin protestierte am Abend in einem Telefonat mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso gegen diesen Zusatz. Die Ukraine habe mit einer beigefügten Erklärung den Sinn des von allen Seiten unterzeichneten Protokolls verfälscht. Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft teilte hingegen am Sonntagabend in Prag mit, sie halte die Vereinbarung für "voll gültig".

EU-Energiekommissar Andris Piebalgs habe klargestellt, dass die einseitige Erklärung der Ukraine kein Bestandteil des Abkommens sei. Der EU-Ratspräsident, Tschechiens Premier Mirek Topolanek, hatte in Pendel-Diplomatie am Samstag erst Putin zur Unterschrift bewegt, dann Timoschenko.

Putin hatte die Stationierung der Beobachter vor Ort zur Bedingung dafür gemacht, dass Russland wieder Gas liefert. In der vergangenen Woche hatte er alle Gaslieferungen mit dem Argument einstellen lasse, die Ukraine "stehle" Gas. Kiew weist dies zurück.

Zur Kontrollkommission sollen nach den Worten Putins Vertreter der beiden Energiekonzerne Gazprom und Naftogas sowie der EU und der ukrainischen und russischen Energieministerien gehören, außerdem Experten europäischer Energiekonzerne und einer internationalen Monitoring-Organisation. Sobald alle Beobachter ihre Arbeit aufgenommen haben, werde das russische Gas wieder fließen, hatte Putin beteuert. Sie befänden sich bereits in der Ukraine, in Russland und einigen europäischen Ländern, sagte Putin. Ihre Mission solle so lange wie möglich dauern.

Sollte sich allerdings herausstellen, dass die Ukraine wieder Gas "stehle", werde Moskau die Lieferung um eben jene Menge drosseln. Kiew hatte anfangs russische Inspektoren abgelehnt, weil es dadurch seine nationale Souveränität beeinträchtigt sieht. Für die ukrainische Regierungschefin Timoschenko war die Unterzeichnung der erste öffentliche Auftritt seit den geplatzten Verhandlungen über ein Gas-Abkommen in der Silvesternacht.

Die Verhandlungen zwischen Gazprom und Naftogas über die künftigen Preise für Gas und Transit kamen nicht vom Fleck. Naftogas-Chef Oleg Dubina sagte am Samstag, die dreitägigen Verhandlungen "haben zu nichts geführt". Die Slowakei beschloss unterdessen, trotz eines EU-Verbots den umstrittenen Atomreaktor in Jaslovske Bohunice wieder anzufahren.

© SZ vom 12.01.2009/dmo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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