Funkfrequenzen:Der Hammer fällt bei fünf Milliarden

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Die Mobilfunker haben teure Frequenzen ersteigert. Was hat der Verbraucher davon?

Von Varinia Bernau, München

16 Tage lang haben sich die drei Mobilfunkkonzerne Deutsche Telekom, Telefónica Deutschland und Vodafone in einer ehemaligen Kaserne in Mainz ein Bietergefecht geboten - und letztlich gemeinsam 5,08 Milliarden Euro für Funkfrequenzen auf den Tisch gelegt. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Warum haben die drei Konzerne so viel Geld in die Auktion gesteckt?

Die Spendierfreude der drei Bieter ist überraschend - und zeigt, wie wertvoll Frequenzen inzwischen sind. Sie sind der Schlüssel, um den Kunden auch unterwegs eine stabile und schnelle Internetverbindung zu bieten. Für immer mehr Menschen ist das Smartphone zu einem Helfer in allen Lebenslagen geworden. Mit mehr als zwei Milliarden Euro hat Vodafone am meisten Geld bei der Auktion gelassen. Wohl auch, weil der Konzern in den vergangenen Jahren wegen Funklöchern und lahmen Internetverbindungen einige Kunden verloren hat.

Was passiert mit dem erlösten Geld?

Etwa 1,33 Milliarden Euro gehen jeweils zur Hälfte an die Länder und den Bund. Die wollen dieses Geld in die Förderung des Netzausbaus stecken. In den Stadtstaaten sollen so Funknetze an öffentlichen Plätzen ausgebaut werden, in die man sich mit Smartphone oder Laptop kostenlos einklinken kann. Zudem sollen Zuschüsse für die Verlegung von Glasfaserkabeln in dünn besiedelte Regionen fließen. Diese Netze sind stabiler und schneller als die Datenübertragung per Funk.

Profitieren dürfte von dieser Förderung neben einigen kleineren Internetanbietern wie den Töchtern städtischer Energieversorger vor allem die Telekom. Denn sie verfügt über ein weitaus größeres Kabelnetz als Vodafone und Telefónica - und könnte so auch einer der ersten Empfänger der Fördermittel für den Ausbau in ländlichen Regionen werden. Kritiker monieren deshalb, dass der Bund das von allen drei Unternehmen eingesammelte Geld letztlich nutzt, um vor allem ein Unternehmen zu unterstützen - und zwar auch noch eines, an dem der Bund selbst ein Drittel der Aktien hält.

Der größte Teil der Erlöse aber, etwa 3,75 Milliarden Euro, fließt in den Bundeshaushalt. Wofür dieses Geld verwendet wird, ist also Verhandlungssache.

Welcher Anbieter hat sich welche Frequenzen gesichert - und was können die damit machen?

Vodafone hat sich als erster Bieter auf das bislang noch fürs Fernsehen genutzte Spektrum im Bereich von 700 Megahertz gestürzt, die Rivalen zogen nach. Am Ende hat sich jede der drei Firmen den gleichen Anteil dieser begehrten Frequenzen sichern können. Dafür hat Vodafone am meisten Anteile im hohen Frequenzbereich von 1500 und 1800 Megahertz ersteigert, gefolgt von der Telekom.

Grundsätzlich gilt: Je niedriger die Frequenz, desto weiter tragen die Funkwellen. Mit dem Spektrum im niedrigen Bereich lassen sich also große Gebiete mit wenigen Masten gut versorgen, mit dem im hohen Bereich hingegen große Datenmengen über kurze Strecken transportieren, um die Bevölkerung in Ballungsräumen zu bedienen.

Können Kunden nun also bald überall schnell surfen?

Drei Jahre haben die drei Mobilfunkanbieter nun Zeit, ihr Netz aufzurüsten. Das ist die Auflage bei der Auktion. Dann müssen sie es Verbrauchern an jedem Ort ermöglichen, mit einer Geschwindigkeit von mindestens zehn Megabit pro Sekunde zu surfen. Gemessen daran, dass der bislang schnellste Mobilfunkstandard LTE das Surfen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 150 Megabit pro Sekunde ermöglicht, klingt das zunächst einmal nicht nach allzu ehrgeizigen Vorgaben. Das liegt daran, dass die tatsächliche Geschwindigkeit, mit der man unterwegs surfen kann, immer davon abhängt, wie viele Menschen in der Gegend dies gerade ebenfalls tun - und wie groß die Datenmengen sind, die sie dabei hin- und herschicken. Vor allem auf dem Land dürfte der Netzausbau noch dauern. Denn die dafür geeigneten 700er-Frequenzen werden noch von den Rundfunkanstalten genutzt. Sie sollen vom nächsten Frühjahr an schrittweise freigegeben werden. Die Nachbarländer nutzen diese Frequenzen allerdings noch länger für den Rundfunk. Sie würden damit gerade in Grenzregionen auch den hiesigen Handyempfang stören. Deshalb drängt Deutschland derzeit andere Länder zur Eile. Die Mobilfunkanbieter werden sich ihrerseits beim Ausbau in den Regionen zurückhalten, wo sie Störungen fürchten müssen.

Was heißt das für die Dienste, die bislang noch auf den versteigerten Funkfrequenzen laufen - wie Fernsehen?

Derzeit nutzt zwar nur jeder zehnte deutsche Haushalt digitales Antennenfernsehen (DVBT). Dennoch sind in den Rundfunkanstalten viele verärgert. Es fehle an Fernsehgeräten, die mit der neuen Technik klarkommen, und nicht jedem könne man zusätzliche Kosten für Kabelfernsehen oder Satellitenschüssel zumuten.

Zum anderen geht es um Grundsätzliches. Die Rundfunkanstalten fürchten, dass nun, da sie die Frequenzen abtreten mussten, die Mobilfunkanbieter zu einem mächtigen Wächter werden können. Sie könnten entscheiden, so die Sorge, welche Serien und Sendungen Zuschauer sehen - und welche nicht. Schon heute hat etwa die Telekom zweieinhalb Millionen Kunden bei ihrem internetbasierten Fernsehdienst Entertain. In der Vergangenheit stand sie dabei in der Kritik, diesem Dienst in ihren Netzen Vorfahrt zu gewähren. In den Auflagen zur Auktion steht nun, dass die Mobilfunker die ersteigerten Frequenzen den Anbietern von Streamingdiensten nicht diskriminierungsfrei zur Verfügung stellen müssen. Die Mobilfunkfunkanbieter könnten also von anderen Mediendiensten Gebühren verlangen - und die unliebsame Konkurrenz so klein halten.

© SZ vom 20.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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