Folge der Rentenreform:Weniger Geld für Neu-Rentner

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Die Rentenreformen führen offenbar zu deutlich niedrigeren Zahlungen an Senioren. Im Vergleich zum Jahr 2000 erhalten die Rentner bis zu 14,5 Prozent weniger Geld. Links-Fraktionschef Lafontaine sprach von "politisch organisierter Rentenarmut".

Die Rentenreformen haben nach Recherchen der Bild-Zeitung zu einem drastischen Rückgang der Zahlungen an Neu-Rentner geführt. Das Blatt beruft sich auf aktuelle Zahlen der Deutschen Rentenversicherung Bund.

Eine Gruppe von Rentnern in Chemnitz (Foto: Foto: ddp)

Demzufolge sind die Rentenzahlungen für Versicherte, die im vergangenen Jahr in den Ruhestand gegangen sind, im Vergleich zum Jahr 2000 um bis zu 14,5 Prozent gesunken. Ein Bund-Sprecher bestätigte die im Bericht skizzierte Entwicklung.

Demnach erhielt ein männlicher Rentner, der im vergangenen Jahr in den Ruhestand ging, im Durchschnitt eine Netto-Rente von 790 (Ost: 836) Euro. Im Vergleich zum Jahr 2000 entspreche dies einem Minus von 10,5 (Ost: 5,3) Prozent.

Rückgang im Westen stärker als im Osten

Noch drastischer fiel der Rückgang bei Männern aus, die krankheitsbedingt nicht mehr arbeiten konnten und deshalb eine sogenannte Erwerbsminderungsrente beziehen. Wer 2006 erstmals Erwerbsminderungsrente bezog, erhielt im Schnitt 14,5 Prozent weniger als ein Neu-Rentner im Jahr 2000. In Ostdeutschland sind es 12,5 Prozent.

Bei Frauen wirkten sich die reformbedingten Kürzungen laut Bild im Durchschnitt nicht so stark aus, weil ihre Rentenansprüche wegen stärkerer Berufstätigkeit und einer besseren Anrechnung der Kindererziehungszeiten insgesamt steigen.

Der Sprecher der Deutschen Rentenversicherung Bund, Dirk von der Heide, bestätigte der Zeitung die Entwicklung. "Die Verringerung der Rentenzahlbeträge bei Neu-Rentnern zeigt, dass die Rentenreformen und Abschläge bei frühzeitigem Renteneintritt wirken", sagte von der Heide.

Außerdem hätten die höhere Arbeitslosigkeit sowie die gestiegenen Krankenkassen- und Pflegebeiträge zu einer Verringerung der Rentenzahlbeträge der Neu-Rentner geführt.

Forderung nach Diskussion über Rentenniveau

Der Präsident der Deutschen Rentenversicherung Bund, Herbert Rische, hat in einem Interview mit dem Bonner Generalanzeiger davor gewarnt, das Rentenniveau nicht zu sehr aus dem Blick zu verlieren.

Er sagte: "Wir haben in den vergangenen Jahren zu stark auf die Beitragssatzstabilität geschaut." Nun müsse wieder ausgewogener über Beitrag und Leistung diskutieren werden.

Rische äußerte sich zufrieden darüber, dass die Herausforderungen für die Alterssicherung aus der demografischen Entwicklung "rechtzeitig" bewältigt worden seien. Er nannte vor allem die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre. Diese Altersgrenze gilt erst vom Jahr 2029 an. Nach 2010 wird das Renteneintrittsalter monatsweise angehoben.

"Zynische Forderung"

Der Fraktionschef der Linken, Oskar Lafontaine kritisierte, die "politisch organisierte Rentenarmut" sei schon jetzt spürbar. Diese Entwicklung sei "unhaltbar". Die "Rentenkürzungen der letzten Jahre" müssten zurückgenommen werden. Aufforderungen zu verstärkter Privatvorsorge nannte Lafontaine zynisch. Immer mehr Menschen arbeiteten im Niedriglohnbereich und hätten kaum noch Geld, die Ausgaben für ihr tägliches Leben zu bestreiten.

Der Sprecher der Rentenversicherung, Dirk von der Heide bestätigte die Zahlen, schränkte aber ein: "Immer mehr Menschen machten von der Möglichkeit eines vorzeitigen Rentenbeginns Gebrauch". Der sei jedoch mit Abschlägen verbunden. So seien im vergangenen Jahr 50 Prozent der Renten mit Abschlägen belegt gewesen. Dies mindere die Zahlbeträge der Renten.

Darüber hinaus seien die Auszahlungen an die Senioren durch die hohen Krankenkassen- und Pflegebeiträge belastet gewesen. Nicht zuletzt hätten die Menschen immer mehr Brüche in ihrer Erwerbsbiographie. Zeiten der Arbeitslosigkeit etwa minderten die Zahlbeträge.

Ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums sprach von statistischen Mittelwerten, die in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht sehr aussagekräftig seien. Die Rentenzahlbeträge seien nicht mit dem tatsächlichen Alterseinkommen gleichzusetzen, da viele Senioren mit kleiner Rente noch über eine betriebliche Absicherung, über eine Beamtenpension oder angespartes Vermögen verfügten.

Zudem gälten die Vereinbarungen zur Sicherung des Netto-Rentenniveaus. Laut Beschluss der Bundesregierung darf es bis 2020 nicht unter 46 Prozent und bis 2030 nicht unter 43 Prozent des Bruttolohns vor Steuern sinken.

© sueddeutsche.de/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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