Flughafen BER:Neuer Chef, alter Ärger

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Der Streit um die Leitung der Berliner Flughäfen ist beendet. Der Berliner Staatssekretär Engelbert Lütke Daldrup wird neuer Geschäftsführer und löst den umstrittenen Karsten Mühlenfeld ab. Und: Der gefeuerte Technikchef Marks kehrt zurück.

Von Jens Schneider, Berlin

Nach einem zähen Ringen der Gesellschafter bekommt die Berliner Flughafengesellschaft (FBB) eine neue Spitze. Der bisherige Staatssekretär und Flughafenkoordinator des Landes Berlin, Engelbert Lütke Daldrup, leitet künftig das Unternehmen, zu dem die Baustelle für den Hauptstadtflughafen BER und die Flughäfen Tegel und Schönefeld gehören. Lütke Daldrup übernimmt die Geschäftsführung von Karsten Mühlenfeld, der den Posten nach massiver Kritik an seiner Amtsführung verliert.

Zugleich gibt Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) den Vorsitz des Aufsichtsrats ab und verlässt das Gremium. Dies sei aus Compliance-Gründen erforderlich, sagte Müller und verwies darauf, dass der künftige Flughafen-Chef ihm in den letzten Jahren zuarbeitete.

Der bisherige Technikchef und Bauleiter des BER, Jörg Marks, kehrt in sein Amt zurück. Seine Entlassung vor zwei Wochen hatte die dramatischen Verwerfungen rund um die Führung des künftigen Hauptstadtflughafens erst ausgelöst. Der jetzt abgelöste Geschäftsführer Mühlenfeld hatte Marks gegen den Wunsch der Gesellschafter des Flughafens beurlaubt, weil er mit dem Baufortschritt unzufrieden war. Gesellschafter der FBB sind die Länder Berlin und Brandenburg sowie der Bund. Zu Jahresbeginn war die für Ende 2017 geplante Eröffnung des Flughafens wegen weiterer Baumängel auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschoben worden. Mühlenfeld warf dem Bauleiter vor, dass alle Termine auf der Baustelle gerissen worden seien.

Er gilt als politischer Vertrauter von Berlins Regierungschef Müller

Das Land Berlin und der Bund sahen jedoch durch die eigenmächtige Entlassung das Vertrauen in Mühlenfeld erschüttert. Sie drängten bereits in der vergangenen Woche darauf, ihn abzulösen. Das Land Brandenburg stemmte sich zunächst dagegen, willigte aber nun ein.

Die Entscheidungen seien einstimmig gefallen, sagte Müller nach der Aufsichtsratssitzung am Montagmittag: "Wir haben uns die Situation nicht gewünscht. Wir hätten sehr gern mit Herrn Mühlenfeld und Herrn Marks weitergearbeitet." Es sei wichtig gewesen, Marks als direkt für den Bau Verantwortlichen wieder einzusetzen, weil der sich viel Know-how am Flughafen erarbeitet habe.

Der neue Flughafen-Chef Lütke Daldrup gilt als politischer Vertrauter von Müller. Der holte ihn im Jahr 2014 als Staatssekretär in den Senat und ernannte ihn später zum Flughafenkoordinator. Der 60-Jährige hatte zuvor schon einmal für die Berliner Senatsverwaltung gearbeitet, in den Jahren direkt nach dem Fall der Mauer. Von 1995 an war Lütke Daldrup dann rund zehn Jahre Stadtbaurat in Leipzig. Unter seiner Regie wurde die bauliche Erneuerung der Messestadt nach der Wende vorangetrieben. Als der dortige Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee 2006 Bundesverkehrsminister wurde, holte er ihn als Staatssekretär ins Ministerium.

Lütke Daldrup kennt das Flughafen-Projekt insofern seit den Anfangsjahren. Er saß zuletzt auch im Aufsichtsrat. Mit seiner Wahl habe man die Führung schnell wieder komplettieren können, erklärte Müller. Man habe sich nicht die Zeit nehmen können, etwa über eine Ausschreibung oder einen Headhunter ein halbes Jahr nach einem neuen Geschäftsführer zu suchen. Kurz vor der Aufsichtsratssitzung war aus dem Umfeld der Gesellschafter zu erfahren, dass einige hoch gehandelte Kandidaten aus der Wirtschaft den Posten abgelehnt hätten.

Lütke Daldrup ist schon der vierte Flughafenchef seit dem Baubeginn des BER 2006. Seine Vorgänger verließen das Unternehmen stets nach Turbulenzen. So musste der Geschäftsführer Rainer Schwarz wegen der geplatzten Eröffnung 2012 und des Krisenmanagements danach 2013 gehen. Der Nachfolger Hartmut Mehdorn trat Anfang 2015 nach Auseinandersetzungen mit dem Aufsichtsrat zurück.

Ein neuer Aufsichtsratschef ist noch nicht gewählt. Das Vorschlagsrecht kommt dem Land Brandenburg zu, da Berlin in Lütke Daldrup bereits den Geschäftsführer stellt. Erwartet wird, dass der bisherige stellvertretende Vorsitzende Rainer Bretschneider die Führung übernimmt. Er ist Flughafenkoordinator des Landes Brandenburg. Der dortige Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) sagte zu der Entscheidung, Lütke Daldrup kenne "das Projekt, die Probleme, die handelnden Personen und die Fallstricke". Die Eröffnung des BER wird frühestens für den Sommer 2018 erwartet.

© SZ vom 07.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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