Flüge in den Nahen Osten:Einzelne Starts gestrichen

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Nach dem Kriegsbeginn starten einige Fluglinien nicht mehr in den Nahen Osten, andere fliegen weiter. Reiseveranstalter bringen deutsche Touristen wie gebucht zum Urlaubsziel.

Mehrere Fluglinien haben nach dem Kriegsbeginn im Irak Flüge in die Krisenregion gestrichen. Lufthansa, British Airways, Olympic Airways, Austrian Airlines und EgyptAir annullierten einzelne Flüge in Städte rund um den Kriegsschauplatz.

Wie die Lufthansa am Donnerstag nach einer Sitzung des Krisenstabes in Frankfurt am Main mitteilte, fallen bis zum Wochenende neun Flüge aus: am Donnerstag fallen zwei Flüge von Frankfurt und einer von München nach Tel Aviv aus. Weg fällt auch je ein Flug von Frankfurt in die jordanische Hauptstadt Amman und über Kuwait ins saudiarabische Damman. Am Freitag sollen vier Flüge nach Tel Aviv, Amman und Beirut ausfallen.

Pro Tag seien mehrere hundert Passagiere betroffen. Zu den Kosten wegen der Ausfälle wollte sich die Lufthansa nicht äußern.

Auch andere europäische Airlines strichen Flüge. Wegen Ausweichrouten schlossen sie zudem Verspätungen nicht aus. Experten befürchten, dass der Irak-Krieg die ohnehin gebeutelte Luftfahrt-Branche zusätzlich belasten wird.

Air France strich ebenfalls die Verbindung nach Amman. Flüge nach Bagdad sind ausgesetzt. Sechs Gesellschaften, darunter British Airways, hätten zudem ihre Routen nach Beirut aus wirtschaftlichen Überlegungen eingestellt, teilte der Flughafen Beirut mit. Die holländische KLM strich ihre Verbindungen nach Amman und Kuwait.

Hotline der Lufthansa

Eine Lufthansa-Sprecherin sagte, Verspätungen könnten nicht ausgeschlossen werden, da etwa auf Strecken nach Asien die Golfregion nun umflogen werden müsse. "Das Ausmaß hängt davon ab, wie stark die Flugräume eingeschränkt oder geschlossen werden."

Kunden, die in den kommenden Tagen fliegen oder Angehörige oder Freunde von Langstreckenflügen abholen wollen, können sich unter der Telefon-Hotline 01803 803 803 über Ausfälle und mögliche Verspätungen informieren.

Ablflug nach Plan

Andere Gesellschaften wie Swiss, Air France oder Aeroflot änderten ihre Flugpläne am Donnerstag zunächst nicht. "Auch an den drei Berliner Flughäfen sind alle Maschinen wie geplant gestartet und gelandet", sagte ein Flughafensprecher am Donnerstag. Selbst die Flüge von und nach Tel Aviv wurden am Vormittag in Schönefeld ohne Zwischenfälle abgefertigt. Insgesamt fünf Maschinen starteten in den Nahen Osten, sie folgen unter anderem Luxor und Istanbul an.

Die schweizerische Fluggesellschaft Swiss kündigte an, den normalen Flugplan einzuhalten.

Air France hatte zwar am Mittwoch "vorsorglich" einen Flug in die jordanische Hauptstadt Amman gestrichen. Am Donnerstag sollte das normale Flugprogramm jedoch fortgesetzt werden.

Deutsche Urlauber starten trotz Kriegsaubsruch

Große deutsche Reiseveranstalter gestatten Urlaubern bis zum 30. April wegen des Irak-Krieges die kostenlose Umbuchung von Reisen in Ziele nahe der Golfregion. Nach dem Kriegsbeginn sind Flüge der Reiseveranstalter TUI und Thomas Cook am Donnerstagmorgen planmäßig gestartet. Es habe bisher keine Absage gegeben, lediglich fünf Passagiere seien nicht an Flughäfen erschienen, sagte ein TUI-Sprecher. Ziele waren unter anderem die Türkei, Ägypten und Zypern. Das seien weniger als an anderen Tagen. "Bislang verläuft alles normal", hieß es auch in der Zentrale von Thomas Cook (Neckermann).

"Bisher hat es keine Absagen von Passagieren gegeben", bestätigte der Firmensprecher beim Ferienflieger Air Berlin, Peter Hauptvogel. Allerdings habe es in den vergangenen Wochen bei Buchungen für die Türkei oder Ägypten eine gewisse Zurückhaltung gegeben.

Auch beim Touristik-Konzern FTI, der hauptsächlich Reisen in die Mittelmeerregion und in die USA anbietet, läuft das Programm normal weiter.

Heiße Leitungen bei den Veranstaltern

Vermehrte Anrufe von Urlaubern, die in islamische Länder wie Ägypten und Tunesien aber auch in die Türkei fliegen wollen, registrieren die großen deutschen Reiseveranstalter.

Eine Sprecherin von ITS-Reisen sagt: "Die Telefone laufen heiß." Vor allem Kunden, die in den nächsten Tagen in die Türkei oder nach Ägypten fliegen möchten, wollten umbuchen. Als neue Wunschziele nannte die Sprecherin die Kanaren, Balearen oder Griechenland.

Die Sprecherin des Thomas-Cook-Konzerns, Kerstin Heinen, berichtete von 300 Telefonaten in den Servicecentern am Mittwoch. Die allermeisten Anrufer hätten sich entweder über die Möglichkeit des Umbuchens oder allgemein über die politische Lage in der Zielregion informieren wollen. Tatsächlich umgebucht hätten aber nur ganz wenige.

Über einen ähnlichen Trend berichtet auch der Sprecher der Düsseldorfer Fluggesellschaft LTU, Marco Dadomo, und berichtet gleichfalls von rund 300 Gesprächen am Mittwoch. Es sei ausschließlich um allgemeine Informationen gegangen. So habe ein Anrufer gefragt, ob es gefährlich sei, nach Marokko zu fliegen.

Deutsche Touristen auf dem Weg nach Ägypten

Es ist Donnerstagmorgen 05.30 Uhr, als Jürgen Mende am Dresdner Flughafen vor dem Counter der Air Berlin steht. Zwei Stunden nach Beginn des Golfkrieges will der 54-Jährige zusammen mit seiner 52 Jahre alten Ehefrau und dem 26-jährigen Sohn nach Ägypten fliegen. Mit dem Flug AB 7710 geht es um 06.45 Uhr zunächst nach Nürnberg und von dort aus weiter nach Luxor an den Nil.

Mit flauem Gefühl im Magen steht der Familienvater aus Lauchhammer an diesem Morgen am Counter bereit zum Einchecken. "Ich habe schon ein mulmiges Gefühl, aber direkt keine Angst", sagte Mende. Um vier Uhr sei er mit dem Taxi aus Lauchhammer losgefahren und habe sich auf den Weg in das 60 Kilometer entfernte Dresden gemacht und erst nach seiner Ankunft am Airport von dem Ausbruch des Golfkrieges erfahren.

Auch die 33 Jahre alte Susanne Geier aus Dresden will zusammen mit ihrem 35-jährigen Ehemann nach Ägypten. Ihr Ziel ist ein Hotel in Hurghada in der Nähe von Luxor. Dort will sie sich eine Woche lang erholen und entspannen. "Ich hatte vor der Reise Gelegenheit, mich mit einem Ehepaar zu unterhalten, das in Ägypten war." Die Leute hätten nichts von Gefahren bemerkt, und "so etwas beruhigt". Im übrigen lauerten Risiken immer und überall. Die Reaktion ihrer Verwandten auf die Reise nach Ägypten sei nicht so positiv ausgefallen: "Die finden das nicht toll, sondern ganz doof."

In Pirna (Sächsische Schweiz) denkt die 36 Jahre alte Sekretärin Peggy Reinhardt unterdessen darüber nach, ob sie ihre für Juli geplante Reise an die türkische Riviera umbucht. "Ich bin aus Angst schwer am überlegen." Als neues mögliches Ziel hat sie für sich, ihre beiden zwei und zwölf Jahre alten Kinder und ihren 37-jährigen Freund Griechenland ausgesucht.

Gesperrter Luftraum

Ein Sprecher der Deutschen Flugsicherung sagte, bislang sei lediglich der Luftraum über Irak und dem Grenzgebiet in Saudi-Arabien gesperrt. Für den gesamten Nahen Osten gelte eine generelle Warnung. Mit größeren Verspätungen rechne er nicht. "Die Fluggesellschaften fliegen schon seit Tagen Ausweichrouten", sagte er. Bisher laufe alles normal. Die neuen Luftkorridore verlaufen nördlich und südlich der Golfregion. Die meisten Airlines bevorzugen jedoch die nördliche Route über die GUS.

Teure Umwege fliegen

Die längeren Ausweichrouten bedeuten für die Fluggesellschaften mehr Spritverbrauch und damit höhere Kosten. Treffen könnte das besonders Thomas Cook und die LTU, sagte der Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit, Georg Fongern. Die zweimotorigen Maschinen könnten nicht genug Treibstoff mitführen und müssten daher zwischenlanden. Die Thomas-Cook-Flieger tanken auf dem Weg nach Asien in Turkmenistan nach. "Eine Zwischenlandung braucht die gesamte Gewinnmarge auf", sagte Professor Hartmut Fricke vom Institut für Luftfahrt in Dresden. Dabei sei das noch der günstigere Fall: "Einige zahlen auch drauf." Es stelle sich die Frage, wie lange die Airlines das durchhalten. Asiatische Gesellschaften haben bereits die Preise angehoben.

Der Krieg treffe damit "zuerst die Linienfluggesellschaften, die Langstrecken anbieten", sagte Fricke weiter. Für die US-Airlines sei das Risiko kalkulierbar, denn sie bekämen voraussichtlich Finanzspritzen vom Staat, wenn sie in Schwierigkeiten kämen, betonte der Luftfahrtexperte. Für europäische Unternehmen seien Hilfen aber nur schwer zugänglich. Selbst wenn sie kämen, sei die Frage, ob es für einige Airlines zu lange dauere.

(sueddeutsche.de/ dpa/ AP/ AFP)

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