Firefox-Browser:Versteckte Werbung

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Die Mozilla-Stiftung hat es geschafft, Nutzer und Mitarbeiter zu verärgern - obwohl diese außergewöhnlich treu sind.

Von Jannis Brühl

Der Erfolg des Browsers Firefox basiert vor allem auf dem Vertrauen, das Nutzer der Stiftung entgegenbringen, die ihn entwickeln lässt. Dieses Vertrauen hat in den vergangenen Tagen Schaden erlitten. Nutzer und selbst Mitarbeiter der Mozilla-Stiftung werfen ihr vor, dass sie ungefragt ein kommerzielles Programm in den Browser von Abermillionen Menschen geladen hat. Sie sehen diese Intransparenz als Verrat an den Ideen, die sie mit Firefox verbinden.

Das kleine Programm heißt "Looking Glass" und lässt Nutzer Rätsel lösen. Es ist Werbung für die Serie "Mr. Robot", in der es um eine revolutionäre Hacker-Gruppe geht. Es war vergangene Woche plötzlich in der Liste der installierten Add-ons der Nutzer aufgetaucht. Die waren irritiert, als sie den zugehörigen Slogan lasen: "Meine Realität ist anders als deine" (der aus "Alice im Wunderland" stammt). Manche hielten die Software gar für gefährlich und deinstallierten sie hektisch.

Die Mozilla-Stiftung ist eine Non-Profit-Organisation, die sich für ein offenes und freies Internet sowie gegen Überwachung einsetzt. Sie präsentiert sich als Alternative zu den großen kommerziellen Browser-Anbietern wie Google und Apple. Sie versucht zu beweisen, dass ein nutzerfreundlicher Browser weder Datensammler noch Werbeschleuder sein muss. Das heißt auch: Nutzer sollten stets genau wissen, was sie bekommen. Erst vor Kurzem hatte die Stiftung die grundlegend überarbeitete Version von Firefox namens Quantum veröffentlicht, die gut bei Testern ankam. Mozilla machte sich Hoffnungen, seinen Marktanteil von zwölf bis 14 Prozent auf Desktop-Computern endlich wieder steigern zu können. Auf Smartphones und Tablets spielt der Firefox bisher praktisch überhaupt keine Rolle.

Viele Nutzer beschwerten sich in sozialen Netzwerken und direkt bei Mozilla. Die lauteste Kritik kam vom bekannten Programmierer Steve Klabnik, der bei der Stiftung mitarbeitet: "Wie können wir behaupten, pro Privatsphäre zu sein, während wir heimlich Software auf Computer laden? Noch wichtiger, wie kann es sein, dass das Management das nicht als Problem gesehen hat?" Er fügte hinzu, dass er zwar woanders mehr Geld verdienen könne, aber für Mozilla arbeite, weil es "einer der letzten Orte der Tech-Branche" sei, wo man mit gutem Gewissen arbeiten könne. Programmierer und Blogger Drew DeVault schrieb auf seiner Seite, der Vorgang sei ein weiterer Schritt, der Mozillas Glaubwürdigkeit infrage stelle. Zuvor habe sich bereits Google den privilegierten Platz als Standardsuche im Firefox erkauft. IT-Sicherheitsfachmann Bruce Schneier verglich den Fall mit der Kontroverse, die Apple 2014 ausgelöst hatte: Das Unternehmen hatte Nutzer seines Musikdienstes iTunes das damals neue Album von U2 aufgezwungen und wurde dafür heftig kritisiert.

Mozilla rechtfertigt sich: "Mr. Robot" sei ja keine schlimme Serie, sondern vermittle Werte wie Privatsphäre und sicheres Surfen, für die auch die Stiftung stehe. Zudem hätten Nutzer das Programm nach dem Laden erst aktiv einschalten müssen, private Daten sammele es auch nicht. Dennoch: Nach dem digitalen Aufstand liefert Mozilla "Looking Glass" nicht mehr direkt in den Browser aus. Wer das Programm will, muss es sich aktiv herunterladen. Die Kooperation mit NBC dürfte sich für Mozilla im doppelten Sinne nicht gelohnt haben: Die Stiftung bekam nach eigenen Angaben nicht einmal Geld dafür, dass sie ihre Nutzer so verärgerte.

© SZ vom 19.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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