Finanzplatz Frankfurt:Kleine Drehscheibe

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Sie wollen beim Handel mit Chinas Währung Yuan ganz vorne mitmischen, doch die Konkurrenz ist groß - und das Angebot überschaubar.

Von M. Schreiber, M. Zydra, Frankfurt

Natürlich hat man sich insgeheim mehr erwartet, bei diesen Vorschusslorbeeren. Frankfurt sollte sich zum wichtigsten Handelszentrum für Chinas Währung Yuan aufschwingen. Das war der Plan im Jahr 2014. Hessens Finanzminister Thomas Schäfer sprach von "einem Meilenstein für den Finanzplatz Frankfurt". Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) sah "völlig neue Perspektiven" für kleine und mittlere Unternehmen. Diese sollten zusammen bis zu einer halben Milliarde Euro im Jahr sparen können, indem sie nun direkt in Frankfurt Konten anlegen können, die in Yuan geführt werden.

Unternehmen können nun direkt mit ihren chinesischen Partnern Geschäfte abwickeln, in der gleichen Zeitzone, der gleichen Sprache und mit nur Einmal-Kosten für den Währungswechsel. Früher ging dies nur über Handelsplätze in Asien sowie den Umweg über Dollar. Bundesbank-Vorstand Joachim Nagel erklärte, die neue Clearingbank sei für Marktteilnehmer von Vorteil.

Nun ist Zeit für eine Bilanz. Immerhin haben mittlerweile mehr als 1000 Unternehmen direkt bei der Frankfurter Clearingstelle unter dem Dach der Bank of China Yuan-Konten. Zudem nutzten knapp 50 Banken das Yuan-Handelszentrum für Geschäftsabwicklungen ihrer Kunden. "Wir haben Zahlungen im Wert von fast 1,25 Billionen Yuan abgewickelt", sagte Bernd Meist, Geschäftsleiter der Frankfurt-Niederlassung der Bank of China, Ende des Jahres. Das sind umgerechnet etwa 182,5 Milliarden Euro. Auch wenn die Zahlen auf den ersten Blick gewaltig wirken: Die Entwicklung hält Meist zwar für zufriedenstellend, aber nicht für berauschend. Ein Grund dafür könne sein, dass Chinas Wirtschaft 2015 nicht mehr so rasant gewachsen sei wie in den Vorjahren. Und auch seit Jahresanfang zieht erneut weltweit die Sorge um die chinesische Konjunktur die Aktienkurse in die Tiefe.

Hinzu kommt: Trotz der großen Schwankungen am chinesischen Finanzmarkt balgen sich jetzt, da China seinen Währungshandel globalisiert, viele um die Rolle der größten Yuan-Drehscheibe: Inzwischen gibt es 15 Yuan-Handelsplätze, darunter mehrere in Europa (Luxemburg, Paris und London), wobei Hongkong als Nummer eins den Löwenanteil abwickelt. Auch dass der Yuan kürzlich in den IWF-Währungskorb aufgenommen wurde und damit zur fünften Weltreservewährung avanciert, wird Frankfurt keinen Schub verleihen.

Firmen und Banken hätten es nun einfacher. Jetzt liege es an ihnen, die Chancen zu nutzen

Noch größer ist zudem die Konkurrenz des neuen chinesischen Zahlungssystems Cips, das seit Oktober Überweisungen zwischen Währungsgrenzen in Echtzeit ermöglicht. Die über die Frankfurter Drehscheibe abgewickelten Renminbi-Volumina seien daher "erwartungsgemäß überschaubar", sagt Werner Steinmüller, Chef des Zahlungsverkehrs der Deutschen Bank. Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele sagt, man habe die Bedingungen für Firmen und Banken vereinfacht, es liege nun an ihnen, wie sie diese nutzten.

Im März 2014 hatte Frankfurt immerhin als erster Finanzplatz außerhalb Asiens den Zuschlag dafür bekommen. Der Yuan ist nicht frei handelbar und lässt sich nur über Clearingbanken abwickeln. Damals unterzeichneten die Deutsche Bundesbank und die chinesische Zentralbank People's Bank of China eine Absichtserklärung zur Abwicklung in Yuan in Frankfurt. Teil der Vereinbarung war auch ein regelmäßiger Datenaustausch der Notenbanken zum Einlagen- und Kreditgeschäft, zum Devisenhandel sowie zum Wertpapiergeschäft in Renminbi. Am 19. Juni 2014 war die Bank of China als erste Clearingbank im Euro-Raum in Frankfurt ernannt worden. Weil der Yuan nicht frei handelbar ist, mussten deutsche Unternehmen früher Zahlungen zum Beispiel an Zulieferer etwa über Hongkong laufen lassen.

Die Idee für die Drehscheibe lag daher nah: Schließlich haben die Wirtschaftsbeziehungen mit China eine lange Tradition. Bereits vor mehr als 100 Jahren eröffnete die Deutsche Bank ihr erstes Büro in Shanghai. Auch Siemens ging damals nach China. In Frankfurt leben knapp 5000 Chinesen, mehr als 500 chinesische Unternehmen sind dort ansässig.

Am Finanzplatz Frankfurt will man daher keine gänzlich schlechte Bilanz der Yuan-Initiative ziehen, zumal dabei keine hohen Investitionen etwa in IT-Plattformen versenkt worden seien. Schließlich ginge es für Deutschland darum, beim Aufstieg des Yuan zur Weltwährung dabei zu sein. "Im Wettstreit der globalen Finanzplätze hat Deutschland ein Ausrufezeichen gesetzt, indem es gelungen ist, Frankfurt als erstes Yuan-Clearingzentrum jenseits von Asien zu positionieren", betonte Steinmüller von der Deutschen Bank. Deutschland habe damit einmal mehr bewiesen, dass es ein wichtiger Geschäftspartner Chinas sei.

So ist in Frankfurt im Herbst vergangenen Jahres die neue deutsch-chinesische Gemeinschaftsbörse mit Namen Ceinex (China Europe International Exchange) gestartet. Bislang ist das Angebot der neuen Börse noch überschaubar, aber bald schon sollen sich chinesische Firmen über die Ausgabe von Aktien an der Frankfurter Börse frisches Kapital für ihr Wachstum beschaffen können.

© SZ vom 08.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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