Finanzkrise:Beruhigungsspritzen für die Konjunktur

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Streit in der großen Koalition: Wirtschaftsminister Glos will die Konjunktur mit Hilfe eines Milliardenprogramms stützen. Die Wirtschaft selbst ist davon jedoch wenig begeistert. Und auch Finanzminister Steinbrück mauert.

Es gibt einen alten Grundsatz von John Maynard Keynes. Der britische Ökonom predigte eine sogenannte antizyklische Konjunkturpolitik. In guten Zeiten, so sein Credo, solle der Staat sparen und für schlechte Zeiten vorsorgen. Trübt sich dann die Wirtschaftslage ein, solle der Staat investieren.

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hat genau das vor. Nachdem sich die Finanzmärkte mit Hilfe des Rettungspakets wieder erholen sollen, will der Wirtschaftsminister den Effekt durch ein Konjunkturprogramm verstärken.

Zur Entlastung der Bürger, so Glos, sei eine Senkung der Lohn- und Einkommensteuer vor allem im unteren Progressionsbereich möglich, sagte der CSU-Politiker der Passauer Neuen Presse. Zudem will der Minister die Automobilbranche unterstützen. "Hier könnte eine schnelle Neuregelung der Kfz-Steuer den Käufern Planungssicherheit und wichtige Impulse geben", sagte Glos.

DGB will Investitionen in Bildung

Der Minister sprach sich außerdem für die Förderung von Gebäudesanierungen und ein Kreditprogramm für die produzierende Industrie aus. "Die Förderung der energieeffizienten Gebäudesanierung würde dem Handwerk helfen", sagte Glos. "Sinnvoll wäre auch ein Kreditprogramm über die Kreditanstalt für Wiederaufbau für die produzierende Industrie." Kurzfristige steuerfinanzierte Konjunkturprogramme wie in der Vergangenheit seien dagegen nicht sinnvoll.

Viele Wünsche hat der Minister, doch irgendwie müssen die bezahlt werden. Und da kommt Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) ins Spiel, der eigentlich im Jahr 2011 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen will. Steinbrück hatte dagegen klargemacht, für ein Konjunkturprogramm sehe er keine Spielräume. Glos geht nun auf Konfrontationskurs. Das Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes sei mit seinen Plänen "nur noch ganz schwer zu erreichen. Wir dürfen es nicht aufgeben, aber auch nicht um jeden Preis daran festhalten."

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund will, dass der Staat zusätzliche Milliarden in die Hand nimmt - und zwar für die Bildung. Die Ausgaben müssten um mindestens 30 Milliarden Euro pro Jahr gesteigert werden, erklärte der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Ulrich Thöne, im Namen der Gewerkschaften.

Bernanke fordert Hilfe des Staates

Gegen ein klassisches Konjunkturprogramm hat sich Ludwig Georg Braun, der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) ausgesprochen. "Ich warne vor Schnellschüssen", sagte Braun der Passauer Neuen Presse. "Die Erfahrungen der siebziger Jahre haben gezeigt: Klassische Konjunkturprogramme bringen nichts, führen aber in die Schuldenfalle." Der DIHK-Präsident forderte stattdessen "langfristig wirkende, strukturelle Maßnahmen". Das Geld, so der Wirtschaftsvertreter, sei am besten bei den Steuerzahlern selbst angelegt. SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler sagte dagegen: "Das Geld wird in der jetzigen Situation eher gespart als ausgegeben. Es hilft den Arbeitsplätzen in Deutschland nicht."

Steinbrück und Glos sollen im Auftrag von Kanzlerin Angela Merkel bis zur übernächsten Woche Vorschläge zur Stimulierung der Konjunktur ausarbeiten. Sobald die Vorschläge vorliegen, soll das Kabinett die Eckpunkte für Fördermaßnahmen beschließen.

Auch US-Notenbankchef Ben Bernanke befürwortet ein weiteres Konjunkturprogramm für die USA. "Da die Wirtschaft wahrscheinlich über mehrere Quartale hinweg schwach bleibt und angesichts eines gewissen Risikos eines ausgedehnten Abschwungs, scheint es angemessen, dass der Kongress ein Konjunkturpaket erwägt", sagte der Fed-Chef.

© sueddeutsche.de/dpa/AFP/Reuters/tob/cag/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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