Fiat spekuliert auf Opel:Rohrkrepierer, kein Erfolgsmodell

Lesezeit: 3 min

Nichts als verbrannte Erde: Opel hat mit dem Partner Fiat schlechte Erfahrungen gemacht - deshalb betrachten die Deutschen einen möglichen Einstieg der Italiener bei der GM-Tochter mit großer Skepsis.

Harald Schwarz und Moritz Koch

Für Klaus Franz muss es wie bei einem Déjà-vu-Erlebnis gewesen sein, als er kürzlich den Namen von Fiat als möglichen Investor für Opel hörte. Gut neun Jahre ist es her, als Fiat ein Bündnis mit dem amerikanischen Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) einfädelte. Gemeinsam wollten die Firmen Motoren und Getriebe in Europa entwickeln. Es war ein Projekt mit hohen Ansprüchen, das gehörig schiefging. Wenn Franz, der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats und stellvertretende Aufsichtsratschef von Opel, den Namen Fiat hört, verdreht er deshalb bis heute die Augen.

Fiat hat offenbar Interesse an Opel, die "Opelaner" sind entsetzt. (Foto: Foto: ddp)

Viele Kräfte wurden verschwendet und viele Nerven strapaziert in den sieben Jahren der Allianz, bis die Zusammenarbeit zwischen GM/Opel und Fiat beendet wurde. GM zahlte 1,55 Milliarden Euro, weil die Amerikaner sonst das Autogeschäft des chronisch kriselnden Turiner Konzerns hätten übernehmen müssen. Es sind die schlechten Erfahrungen mit Fiat, die nun für eine Ablehnung der Italiener als Anteilseigner sorgen. Zurück blieb verbrannte Erde.

Das weiß auch Armin Schild. Der Leiter des Bezirks Frankfurt der IG Metall berichtet, viel Technologie sei von Opel zu Fiat gegangen, "aber wenig zurück nach Rüsselsheim". Die frühere Partnerschaft sei "kein Erfolgsmodell, sondern ein Rohrkrepierer" gewesen. Nichts spreche dafür, dass es dieses Mal anders würde, sagt der Gewerkschafter.

Strategisch nichts gewonnen

In weiten Teilen sprächen die beiden Unternehmen mit nahezu identischen Produkten im Klein- und Kompaktwagen-Segment (Opel Corsa, Fiat Punto und Opel Astra, Fiat Bravo) die gleichen Kunden an. Zudem seien sie auf denselben Automärkten unterwegs. Es werde also strategisch nichts hinzugewonnen. Man ergänze sich nicht, sondern überschneide sich.

Schild erzählt dies, um die Folgen für die Arbeitsplätze bei einer Beteiligung von Fiat an Opel anzudeuten. Knapp 200.000 Leute arbeiten für den Turiner Konzern. Bei Opel verdienen 25.500 Menschen ihr Geld. Wo die tiefsten Einschnitte anstünden, steht für Schild fest, indem er rhetorisch fragt: "Warum sollte man Astras nicht in Italien bauen können?" Dabei sei doch Fiat der Hersteller in Europa mit den meisten Überkapazitäten.

Fiat könnte Opel also nutzen, um eine überfällige Marktbereinigung auf Kosten der Firma mit dem Blitz im Emblem voranzutreiben. Schild, der wie Franz dem Opel-Aufsichtsrat angehört, fürchtet daher für die Zeit nach der Bundestagswahl "ein böses Erwachen" unter der Regie von Fiat. Dann gäbe es nach seiner Meinung "ein schnelles Ende" für die Opel-Standorte in Bochum, wo 5000 Beschäftigte die Modelle Astra und Zafira produzieren, und Eisenach, wo 1700 Beschäftigte den Kleinwagen Corsa montieren, sowie einen deutlichen Abbau von Arbeitsplätzen im Komponentenwerk Kaiserslautern mit 3300 Beschäftigten. Besser stünde nur der Standort Rüsselsheim mit seinen 15.500 Jobs da, weil dort der derzeit stark nachgefragte Mittelklassewagen Insignia gefertigt wird.

Betriebsrat Franz und Gewerkschafter Schild werden, wenn GM tatsächlich Fiat als neuen Investor bei Opel akzeptiert, massiven Widerstand gegen die Italiener organisieren. Dies zeigt schon ihr Hinweis an die Bundesregierung und die Landesregierungen von Hessen, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Rheinland-Pfalz, dass die Politik bei einem Einstieg von Fiat keine Kreditbürgschaften an Opel vergeben sollte. Dabei geht es um viel Geld.

Europaweit bittet die Firma um solche Staatsgarantien im Wert von 3,3 Milliarden Euro, wovon 2,6 Milliarden Euro auf Deutschland entfallen. Schild sagt, er sei besorgt um das "Ansehen der deutschen Wirtschaftspolitik". Opel will zudem die Kosten um knapp eine Milliarde Euro senken. Ohne Opfer der Beschäftigten kommt ein solcher Betrag nicht zusammen. Schild droht, bei einem Fiat-Einstieg werde es "keine Arbeitnehmerbeiträge" zur Opel-Rettung geben. Jedes Mittel scheint recht zu sein, um Fiat abzuschrecken.

Noch verhandelt Fiat über ein Bündnis mit dem klammen US-Autokonzern Chrysler. Die Turiner versprechen sich davon Zugang zum amerikanischen Markt. Beobachter bezweifeln, dass die Italiener die Kraft haben, zwei Übernahmen zu stemmen, zumal die Gewerkschaften bei Chrysler bisher die von Fiat geforderte Kostensenkung verhindern. Sollte Fiat die Gespräche scheitern lassen, droht Chrysler das Aus. Die Amerikaner brauchen dringend frisches Kapital. Der einzige Geldgeber, der noch bliebe, ist die Regierung. Doch Washington zögert. Ohne fremde Hilfe sei Chrysler nicht sanierungsfähig, sagen Experten.

© SZ vom 24.04.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: