Feinstaub in den Städten:Autoindustrie hat nicht genügend Dieselfilter

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Die Autoindustrie fühlt sich wegen des zunehmenden Feinstaubs in den Städten zu Unrecht an den Pranger gestellt. Das Auto sei nur zum Teil für diese Umweltbelastung verantwortlich. Die Autohersteller räumen aber Versäumnisse ein.

Von Karl-Heinz Büschemann

Die deutsche Autoindustrie hat nicht genügend Partikelfilter zur Verfügung, um alle neuen Diesel-Pkw mit jenen Teilen auszurüsten, die die Rußpartikel aus den Abgasen der Fahrzeuge filtern können.

Abgas aus dem Auspuff eines Autos (Foto: Foto: dpa)

Diese Teilchen gelten als krebserregend und stehen in der Kritik, weil in zahlreichen deutschen Innenstädten eine Belastung mit Feinstaub droht, die über den Grenzwerten der EU liegt. "Es gibt zu wenig Filter auf dem Markt", sagt ein Sprecher von Audi. Auch bei Opel heißt es: "Die Filter sind knapp."

Dennoch versprechen die deutschen Hersteller für die Zukunft die vollständige Versorgung aller Diesel-Fahrzeuge mit dem Partikelfilter.

VW, wo bislang nur einige Modelle einen Filter haben, will noch in diesem Jahr alle Modelle ausrüsten - zum Teil mit Aufpreis. Auch Mercedes will dieses Jahr alle Dieselmodelle mit Filter anbieten. Bei BMW wird erst in zwei Jahren jedes neu ausgelieferte Auto den Filter haben.

Kein Einbau bei auslaufenden Modellen

Bei auslaufenden Modellreihen sei ein Einbau nicht möglich, heißt es bei dem Unternehmen. Opel will noch nicht verraten, wann alle Diesel-Fahrzeuge einen Filter haben.

Im Jahr 2006, so die Autokonzerne, werde das Problem der Knappheit gelöst sein. Auch die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen ist in der nächsten Zeit noch schwierig: "Es gibt noch keine Lösung. Wir arbeiten daran", heißt es bei VW.

Bei dem sauerländischen Filterbauer HJS heißt es, die Produktion von Nachbauteilen sei "in den Startlöchern".

Autoindustrie fühlt sich zu Unrecht angeklagt

Die Autoindustrie fühlt sich zu Unrecht für die Belastung mit Feinstaub angeklagt. "Die Bedeutung der Dieselpartikel an der Gesamtbelastung wird deutlich überschätzt", sagt ein Sprecher von VW, des europäischen Marktführers bei Diesel-Pkws.

Professor Michael Braungart vom Hamburger Umweltinstitut setzt den Anteil des Autos an der Feinstaubbelastung bei etwa 30 bis 40 Prozent an. "Ich bin irritiert darüber, dass die jetzige Debatte so stark auf das Auto fokussiert wird", so der Umweltforscher.

Der Beitrag der städtischen Müllverbrennungsanlagen sei ebenso so groß wie der des Autos.

Kritische Stimmen

Doch angesichts der Debatte über die Dieselmotoren mehren sich in der Industrie kritische Stimmen, die Versäumnisse in den eigenen Reihen sehen.

Dabei hagelt es auch Vorwürfe gegen den Automobilverband VDA. "Die Autoindustrie und ihr Verband haben die Wirkung der Umweltschutz-Organisationen weitgehend unterschätzt", heißt es bei Opel.

Ein BMW-Vertreter kritisiert: "Der Verband hat zu lange geglaubt, dass sich dieses Thema von allein erledigt." Der VDA sah sich zu keiner Stellungnahme in der Lage.

Die deutsche Autoindustrie ist in der Defensive, seit die französischen Konkurrenten vor einigen Jahren ihre Diesel-Pkws mit Partikelfiltern ausrüstete und sich als Umweltvorbilder darzustellen verstanden.

Anderer Weg

Die deutschen Hersteller wählten einen anderen Weg. Sie können die seit dem Jahresanfang in Europa gültige Abgasnorm Euro Vier für Dieselfahrzeuge, die für alle von diesem Jahr an eingeführten neuen Modellreihen gilt, ohne Filter erfüllen.

Doch Umweltschutz-Organisationen hatten die deutschen Hersteller dafür heftig kritisiert und den Einbau von Partikelfiltern verlangt, der die Feinstaubemissionen des Diesels auf das Niveau des Benzinmotors drücken.

Zudem geriet die deutsche Industrie in die Kritik, weil sie den Partikelfilter oft nur gegen Aufpreis anbietet. "Die deutsche Industrie ist da in eine Falle getappt", sagt ein Manager. "Diese PR-Schlacht haben wir verloren." Erst im vergangenen Jahr hatte die deutschen Industrie angeboten, bis 2008 alle Modelle mit Filtern anzubieten.

Deutlich mehr Diesel-Pkws

Auf dem deutschen Markt ist der Anteil der Diesel-Pkw in den deutlich gestiegen. Im Jahr 1970 waren drei Prozent der Pkw mit Dieselmotoren ausgerüstet. 2004 waren neun Millionen Diesel-Pkws auf den Straßen. Das sind 20 Prozent aller Fahrzeuge.

Fast jedes zweite heute angemeldete Fahrzeug hat einen Dieselmotor. Fachleute erwarten jedoch, dass die Debatte über die Dieselabgase das Autogeschäft in diesem Jahr weiter beeinträchtigen wird.

Es bestehe die Gefahr, dass viele Käufer die Anschaffung eines neuen Wagens verschieben. "Wir gehen davon aus, dass darunter Dieselautos besonders zu leiden haben", heißt es beim Marktforschunginstitut B & D Forecast.

Die Anschaffung von 30.000 Diesel-Fahrzeugen könnte sich demnach verschieben.

© SZ vom 30.03.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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