Farewell:Warnung vor Putin

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Es ist seine Abschiedsrede von Davos: Joe Biden, Noch-US-Vizepräsident, nutzte die Gelegenheit für eine Warnung an Europa - vor allem Wladimir Putin. Dessen Ziel sei es, die liberale Weltordnung zum Einsturz zu bringen.

Von Bastian Brinkmann, Davos

Joe Biden weiß, was Humor ist. "Ich bin noch für 48 Stunden Vizepräsident der Vereinigten Staaten - und dann kann ich anfangen zu sagen, was ich wirklich denke", sagt er, bevor er seine große Abschiedsrede beginnt. Es ist seine letzte Rede im Amt, er ist extra nach Europa gekommen, in die Schweizer Berge nach Davos zum Weltwirtschaftsforum. Das Publikum hier liebt ihn, es klatscht, es pfeift anerkennend, mehrfach gibt es Standing Ovations.

Der Vizepräsident verteidigt nicht sein Erbe, wie es US-Außenminister John Kerry in Davos gemacht hat. Biden schaut nach vorne und möchte eine Botschaft loswerden: Die liberale internationale Weltordnung sei nach jahrzehntelangen Erfolgen in Gefahr. Das liege an den wirtschaftlichen Problemen der westlichen Mittelklasse und an Russland unter Wladimir Putin. Das Land führe eine Bewegung an, die das Ziel habe, Europa zu destabilisieren.

"Wir sehen Aggressionen gegen Nachbarstaaten, wir sehen Propaganda und Kampagnen mit falschen Informationen", sagt Biden. "Wir müssen erwarten, dass Russland sich bei den europäischen Wahlen dieses Jahr einmischen wird." 2017 wird in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden gewählt. "Das Ziel ist, die liberale internationale Weltordnung zum Einsturz zu bringen", glaubt Biden.

Er kündigt an, sich weiterhin in die Politik einzumischen, um die westliche Wertegemeinschaft zu verteidigen. "Ich werde an eurer Seite stehen", sagt er. "Ich werde meine Stimme einsetzen für die transatlantische Zukunft. Denn die Zukunft meiner Kinder und Enkelkinder hängt daran."

Über den künftigen Präsidenten Donald Trump spricht Biden allerdings kaum. Er hoffe und erwarte, dass der neue Präsident, der Vizepräsident und das US-Parlament ihrer historischen Verantwortung nachkommen, sagt Biden. Der New York Times hatte er kürzlich über Trump gesagt: "Trump zu verstehen ist wie einen Zauberwürfel lösen zu wollen."

Biden ist sich sicher: Gegen die berechtigten Ängste der westlichen Mittelklasse hilft ausländerfeindliche Politik nicht. "Mauern bauen ist die falsche Antwort", sagt er. Nötig sei stattdessen mehr Umverteilung. Das habe er auch schon einigen in Davos anwesenden Superreichen gesagt: Das oberste Prozent schultere nicht eine angemessene Last, so Biden. Er schlägt vor, in den USA beispielsweise alle Studiengebühren durch eine Erbschaftsteuer zu finanzieren. Die westlichen Staaten müssten ihrer Mittelklasse wieder zusichern können, dass ihre Kinder auch einen sozialen Aufstieg erleben können. Sein Vater habe ihm immer gesagt: "Ein Job ist mehr als eine Gehaltsabrechnung. Es geht dabei um Selbstachtung und Würde."

© SZ vom 19.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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