Eurex Clearing:Eurex akzeptiert ETF als Sicherheit

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Clearinghäuser brauchen ein gutes Risikomanagement. Die als Sicherheiten hinterlegten Wertpapiere werden täglich neu bewertet. (Foto: mauritius images/STOCK4B/Chris Harding)

Clearinghäuser brauchen dafür keine Genehmigung. Die Finanzinstrumente müssen aber hoch liquide sein. Experten halten generell nicht alle Exchange Traded Funds als Sicherheiten für geeignet.

Von Katharina Wetzel

Das Geschäft von Banken besteht aus Risiken. Clearinghäuser verdienen daran, dieses abzusichern. Als zentrale Gegenparteien stellen sie sich zwischen zwei Geschäftspartner und übernehmen die Risiken, falls einer der Handelspartner ausfällt. Um Finanzgeschäfte zu "clearen", müssen die Handelspartner beim Clearinghaus Sicherheiten hinterlegen. Seit April hat die Eurex Clearing in Eschborn bei Frankfurt nun auch börsengehandelte Fonds, Exchange Traded Funds (ETF), als Sicherheit zugelassen. "Wir bieten unter den Clearinghäusern das breiteste Spektrum an Sicherheiten", sagt Thomas Laux, Risikochef der Eurex Clearing.

Bislang hat die Deutsche-Börse-Tochter nur fünf voll replizierende ETF vom Marktführer iShares als Sicherheit (collateral) anerkannt, die auf Indizes wie den Dax oder den Euro Stoxx 50 laufen. Die noch junge ETF-Branche, deren weltweit verwaltetes Volumen mittlerweile auf rund 2,8 Billionen Dollar angewachsen ist, spricht dabei von einem Meilenstein. Laut ETF-Marktführer iShares sei die Zulassung der Instrumente ein zusätzlicher Qualitätsstempel, der mittelfristig den Markt weiter beflügeln werde.

Beim Clearinghaus der Chicago Mercantile Exchange (CME Clearing) sind bereits 66 ETF als Sicherheiten zugelassen. Ganz neue Erfahrungen macht auch die Eurex Clearing nicht. Vor einigen Jahren hatte das Haus laut Laux schon einmal ETF als Sicherheiten zugelassen und sie aber wieder aus dem Sortiment herausgenommen. Für Sicherheiten gelten strenge Anforderungen. Im Kern müssen diese hochliquide, also leicht veräußerbar sein, und dürfen nur ein minimales Kredit- und Marktrisiko aufweisen. "Geldsicherheiten sind uns am liebsten, weil sie im Fall eines Ausfalls am schnellsten verwertet werden können", sagt Laux. Die Hälfte der hinterlegten Sicherheiten bei der Eurex Clearing bestehe aus Geld. Die andere Hälfte bestehe aus Wertpapieren wie Anleihen und Aktien. Auf die Vermögenswerte erheben Clearinghäuser Sicherheitsabschläge, um dem höheren Risiko Rechnung zu tragen. Die Abschläge auf die fünf ETF werden wie bei anderen Wertpapieren auch täglich ermittelt und schwanken derzeit bei der Eurex Clearing um die 16 Prozent. Bei Einzelaktien fallen die Abschläge wegen der geringeren Diversifizierung mit mindestens 20 Prozent und mehr höher aus. Reicht ein Clearingmitglied also ETF aktuell als Sicherheit ein, werden nur 84 Prozent anerkannt, bei Aktien nur 80 Prozent des Volumens.

Die Akzeptanz zusätzlicher Anlageklassen als Sicherheit wird nicht nur von Seiten der ETF-Branche begrüßt. Auch Aufseher dürften ein breiteres Spektrum an Sicherheiten generell als positiv betrachten. "Es gibt unter anderem von Seiten der Esma die Befürchtung, dass es in volatilen oder fallenden Märkten zu einem Engpass an Sicherheiten kommen kann", sagt Martin Hellmich, Professor an der Frankfurt School of Finance and Management. In einem Szenario fallender Märkte könnten Sicherheiten weniger wert werden, Clearingmitglieder müssten zusätzliche Vermögenswerte nachliefern, was in Folge zu einer erhöhten Nachfrage und zu einem Engpass an Sicherheiten führen könne. Die Akzeptanz weiterer Anlageklassen sei daher laut Hellmich der richtige Weg, um einem Engpass entgegenzuwirken. "Doch die Details sind dabei entscheidend."

Im Zuge der Finanzkrise haben Clearinghäuser eine zunehmend bedeutende Rolle erfahren. Künftig soll über sie auch der außerbörsliche Derivatehandel zentral abgewickelt werden - ein Billionen Dollar schwerer Markt.

"Nicht alle ETF eignen sich als hinterlegte Sicherheit", sagt Hellmich. Als Beispiel nennt der Wissenschaftler synthetische ETF, die einen Index mittels Derivaten nachbilden. Diese Produkte haben wie voll replizierende ETF, die eine Wertpapierleihe betreiben, Gegenparteirisiken. Das Risiko besteht darin, dass die Gegenpartei ausfällt und ihre vereinbarte Leistung nicht mehr oder nicht in dem gewünschten Maß erbringen kann. Zwar sind die Gegenparteirisiken bei ETF auf maximal zehn Prozent beschränkt. Experte Hellmich hält jedoch nicht viel davon, solche ETF als Sicherheiten einzusetzen, um etwa komplexe Derivategeschäfte zu clearen. "Bei synthetischen ETF wäre die Kette an Gegenparteirisiken deutlich komplexer. Dies wäre auch widersprüchlich zu dem Clearinggedanken. Denn das eigentliche Ziel eines Clearinghauses ist es ja, die Gegenparteirisiken zu reduzieren", sagt Hellmich.

"Viele ETF werden die strengen Kriterien der Eurex Clearing nicht erfüllen können."

Die fünf zugelassenen ETF erfüllten die Kriterien der Eurex Clearing für Sicherheiten in puncto Liquidität, Kreditqualität und rechtlicher Verfügbarkeit. Dies sei einzeln geprüft worden. Doch auch Laux sagt: "Viele ETF werden die strengen Kriterien der Eurex Clearing nicht erfüllen können." Und Marcus Addison, der bei der Eurex Clearing für das Management der Sicherheiten zuständig ist, ergänzt: "Synthetische ETF können wir nicht als Sicherheit akzeptieren, da wir nicht genau wissen, welche Papiere enthalten sind."

Vom Regulator sind synthetische ETF nicht à priori als Sicherheiten ausgeschlossen - vorausgesetzt die Instrumente sind hoch liquide. Die Regelung der Sicherheiten von Clearinghäusern findet sich in der EU-Verordnung Emir sowie der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 153/2013 der EU-Kommission. Laut den Regularien sei für Finanzinstrumente wie ETF kein gesonderter Genehmigungsprozess vorgesehen. "Emir sieht jedoch nur hoch liquide Finanzinstrumente für die Nutzung als Sicherheit vor", sagt Jürgen Oberfrank, Leiter des Referats Aufsicht über Finanzmarktinfrastrukturen bei der Bafin.

Die Sorge mancher Aufseher, es könne zu einem Engpass an Sicherheiten kommen, sieht die Bafin aktuell nicht: "In der derzeitigen Niedrigzinsphase ist es für Finanzinstitute relativ unproblematisch, Geld zu hinterlegen - das ist zumindest unser Eindruck", sagt Oberfrank. Das könne sich zwar wieder ändern, wenn die Zinsen steigen. Doch für die Eurex Clearing dürfte auch weiterhin Bargeld die bevorzugte Sicherheit sein.

© SZ vom 21.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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