EU-Vergleich der staatlichen Beihilfen:Subventionskaiser Deutschland

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Ein EU-Vergleich zeigt: Nirgendwo anders bekommen krisengebeutelte Unternehmen mehr Subventionen als in Deutschland. Das soll sich ändern.

Ann-Kathrin Eckardt

Mehr als 95 Prozent der gesamten Beihilfen wurden im vergangenen Jahr von den fünf größten Mitgliedstaaten der europäischen Union gewährt.

Subventionen im Vergleich: Anklicken zum Vergrößern (Foto: SZ-Grafik)

Der Übersicht zufolge unterstützte Frankreich seine Unternehmen mit zehn Milliarden Euro (0,56 Prozent des BIP), Italien gewährte sechs Milliarden Euro Beihilfe (0,45 Prozent des BIP) und Großbritannien fünf Milliarden Euro (0,26 Prozent des BIP). Die zehn neuen Mitgliedstaaten kamen zusammen mit fünf Milliarden Euro gerade mal auf ein Viertel der deutschen Staatsbeihilfen.

Auch relativ gesehen erreichte der Anteil der staatlichen Beihilfen in Deutschland mit 0,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts einen überdurchschnittlich hohen Wert. Nur in fünf kleineren EU-Ländern war der Anteil der staatlichen Subventionen im Vergleich zur Wirtschaftsleistung noch höher: So steckte Malta im vergangenen Jahr 3,16 Prozent des BIP in Beihilfen, gefolgt von Ungarn mit 1,83 Prozent und Finnland mit 1,75 Prozent des BIP.

Förderung auf konstant hohem Niveau

Insgesamt flossen in der EU im vergangenen Jahr 64 Milliarden Euro Subventionshilfen, das entspricht 0,6 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung der EU. Im Jahr 2004 waren es etwa 65 Milliarden Euro.

"Leider ist das Niveau damit im Vergleich zum Vorjahr relativ stabil geblieben", sagte ein Sprecher von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes am Montag in Brüssel. Dem Aufruf des Europäischen Rates, die staatlichen Beihilfen zu reduzieren, seien die Mitgliedsländer nur in sehr begrenztem Umfang nachgekommen. Ausdrücklich lobte der Sprecher in diesem Zusammenhang allerdings die neuen EU-Staaten.

Positiv bewertete die Kommission, dass die Beihilfen 2005 zielgerichteter eingesetzt wurden: Mehr als die Hälfte der Mitgliedstaaten hätten über 90 Prozent ihrer Beihilfen auf "horizontale" Ziele umgelenkt, wie etwa Umwelt, Forschung oder experimentelle Entwicklung.

Ganz vorne liegen hier Länder wie Belgien, die Tschechische Republik, Dänemark und die Niederlande. In Deutschland flossen nur 81 Prozent der Subventionen in diese Bereiche.

Problemfall Rettungsbeihilfen für Unternehmen

Ein weiterer Schwerpunkt der aktuellen Statistik sind die sogenannten Rettungs- und Restrukturierungsbeihilfen. Darunter fallen etwa fünf Prozent der zwischen 2000 und 2005 gewährten Subventionen. EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes kündigte an, sich weiterhin dafür einzusetzen, "dass durch strenge Anwendung der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen gleiche Bedingungen für alle gelten".

Die Kommission werde mit allen Mitteln gegen rechtswidrige Beihilfen vorgehen. Vorrangiges Ziel aller Subventionen müsse es sein, der EU-Wirtschaft mehr Wettbewerbsfähigkeit zu verleihen.

Die Niederländerin hat die Reform der Beihilferegeln zu einem zentralen Projekt ihrer Amtszeit erklärt. Sie will erreichen, dass die EU-Staaten weniger Subventionen auszahlen. Außerdem sollen die Regierungen mehr kleine und mittelgroße Firmen unterstützen und Wachstumsbranchen wie Forschung und Entwicklung fördern.

Sichere Arbeitsplätze vs. freier Markt

Kroes will verhindern, dass die Regierungen aus Sorge um Arbeitsplätze marode Unternehmen vor dem Kollaps bewahren und so den Wettbewerb verzerren. Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen müssen deshalb von Brüssel genehmigt werden. In den vergangenen Jahren haben sie immer wieder zu Konflikten zwischen der Kommission und den Regierungen geführt.

Mit Deutschland etwa stritt die Kommission um Beihilfen für die Bankgesellschaft Berlin, mit Frankreich um Unterstützung für den Industriekonzern Alstom und die Computerfirma Bull.

Die Beihilfestatistik erfasst deshalb alle potentiell wettbewerbsverzerrenden Beihilfen, die von den EU-Staaten für alle Wirtschaftszweige mit Ausnahme des Schienenverkehrs gewährt wurden. Nur diese Subventionen fallen in die Prüfungskompetenz der Kommission.

Nicht berücksichtigt sind Beihilfen aus EU-Mitteln und Finanzspritzen, die den Wettbewerb nicht beeinträchtigen. Das Beihilfeniveau ist deshalb geringer als zum Beispiel im Subventionsbericht der Bundesregierung.

© SZ vom 12.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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