EU-Reform:Angst vor dem Ausverkauf

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Will unfaire Handelspraktiken abwehren: Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries. (Foto: Reuters)

Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries fordert von Brüssel schärfere Regeln zur Abwehr unerwünschter Firmen-Übernahmen - vor allem durch Investoren aus China.

Von Markus Balser, Berlin

Faire Löhne, bessere Bildung oder weniger unfaire Konkurrenz - nach einem Fünf-Punkte-Plan will Präsident Jean-Claude Juncker die EU-Kommission reformieren. Ende April legte Brüssel Vorschlag Nummer eins für ein "sozialeres Europa" vor. Mitte Mai soll der zweite folgen. Die Kommission will dann erklären, wie sie Globalisierungsfolgen abfedern will. Titel: "Globalisierung als Chance". Die Bundesregierung in Berlin findet allerdings, dass Brüssel erst einmal den Kampf gegen Risiken verschärfen sollte. Sie dringt nach Informationen der Süddeutschen Zeitung auf ein härteres Vorgehen gegen unfaire Handels- und Investitionspraktiken. Entsprechende Forderungen schickte Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) nun nach Brüssel. Sie sollen in die Reformpläne Junckers einfließen. So sollen nationale Regierungen unerwünschte Übernahmen intensiver prüfen und besser verhindern können als bisher. Deutlich wie nie formuliert das Ministerium in dem Papier deutsche Sorgen: "Diskriminierende Vorschriften beim Marktzugang, Exportbeschränkungen oder Exportsubventionen verzerren den Wettbewerb." Das gelte insbesondere für staatliche Interventionen mit dem Ziel, heimische Produktion zu fördern oder Importe unzulässig zu behindern, heißt es in dem Papier. Adressaten werden nicht genannt, doch damit dürfte vor allem China gemeint sein. "Die Abwehr rechtswidriger Handelspraktiken ist deshalb eine wichtige Ergänzung zur Politik der Marktöffnung und Schwerpunkt der europäischen Handelspolitik", heißt es weiter.

Das Ministerium fordert ein Umdenken auf breiter Front: "Das Versprechen, durch die Globalisierung würde alles besser, hat sich für viele Menschen nicht erfüllt. Es ist an der Zeit, das Gewicht der EU in die Waagschale zu werfen und klare Regeln, Standards und Werte für weltweiten Handel zu setzen", sagt Zypries. "Hierzu gehören vor allem Standards für Verbraucher, Arbeitnehmer und die Umwelt."

Die Bundesregierung und die deutsche Wirtschaft sind wegen der zunehmenden Angriffe aus China in großer Sorge. Chinesische Unternehmen können bislang mit Staatsgeld weitgehend ungehindert auf Einkaufstour gehen. Ihr Ziel: Schlüsselindustrien. Chinesische Firmen haben ihre Aktivitäten im Hightech-Bereich in Deutschland zuletzt verstärkt. Sie kauften etwa den Roboterbauer Kuka. Geplatzt ist dagegen der Kauf des Chipanlagenbauers Aixtron, allerdings am US-Widerstand. Der damalige US-Präsident Obama legte aus Sicherheitsbedenken sein Veto gegen die Übernahme der US-Tochter ein.

Nach Ansicht des Ministeriums sind neue Regeln nötig. Oft werde mit ungleichen Mitteln gekämpft. "Um rechtswidrige Handelspraktiken durch Dumping und Subventionen wirksam bekämpfen zu können", müsse die EU handelspolitische Schutzinstrumente modernisieren, heißt es in dem Papier weiter. Dass Zypries den Weg über Brüssel wählt, liegt auch daran, dass Deutschland beim Außenhandel kaum eigene Möglichkeiten hat. Doch nur mit klaren Regeln lasse sich gewährleisten, dass eine breite Teilhabe aller an der Globalisierung gelinge, mahnt Zypries. Die Kommission müsse ihren Einfluss nutzen. "Noch ist Europa der größte Handelsraum der Welt."

© SZ vom 04.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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