EU-Haushalt:Brüssel weitet Regionalhilfen künstlich aus

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Die Kommission will die umstrittenen Regionalsubventionen in der nächsten Finanzperiode mit Rechentricks aufblähen. Die Hilfen für strukturschwache Gebiete sollen auf fast 50 Milliarden Euro im Jahr steigen. Deutschland ist beunruhigt.

Von Alexander Hagelüken

Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) warnte die Kommission einen Tag vor Bekanntgabe ihrer langfristigen Finanzpläne vor einer drastischen Aufstockung des Haushalts.

"Die Bundesrepublik ist der größte Nettozahler und wird das auch bleiben", sagte Eichel der Süddeutschen Zeitung. Angesichts des europäischen Ziels, die Staatsquote insgesamt zu senken, müsse dieser Grundsatz aber auch auf den Brüsseler Haushalt angewendet werden.

Schwer zu vermitteln

"Die Initiative von Deutschland und fünf anderen Nettozahlern übrigen fordert keine Deckelung der EU-Ausgaben, sondern im Gegenteil einen Anstieg gemäß des Wirtschaftswachstums". Es sei den Bürgern jedoch nicht zu vermitteln, dass nach dem Stabilitätspakt richtigerweise in den nationalen Haushalten gespart wird, aber nicht im Brüsseler Etat.

Unterdessen sickerten erste Details des Entwurf für die nächste siebenjährige Haushaltsperiode durch, den die Kommission an diesem Dienstag vorstellen will.

Demnach will die Mehrheit der Brüsseler Kommissare die Subventionen für wirtschaftlich schwache Gebiete in Zukunft noch deutlich ausbauen. Der bereits heute zweitgrößte Posten im Brüsseler Etat soll um fast ein Drittel wachsen, obwohl viele der geförderten Regionen schon sehr lange Geld aus Brüssel bekommen und der Nutzen der Maßnahmen äußerst umstritten ist.

Rechentricks

Um unter den EU-Ländern eine Mehrheit für ihre Vorschläge zu sichern, will die Kommission nicht nur arme osteuropäische Neu-Mitglieder der Union bezuschussen, sondern auch bisherige Nutznießer wie Spanien oder Griechenland unterstützen.

Trotz des großen Einkommensgefälles zwischen West und Ost sollen in der Finanzperiode der Jahre 2007 bis 2013 mehr als die Hälfte der Regionalmittel in die westlichen Staaten fließen, die schon lange Fördergelder genießen.

Bei seinem Vorhaben schreckt Regionalkommissar Michel Barnier nicht einmal vor Rechentricks zurück. Er will den Empfängerkreis künstlich groß halten, zu dem alle Regionen mit einer Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung von weniger als 75 Prozent des EU-Durchschnitts gehören. Die besonders armen Länder Bulgarien und Rumänien sollen trotz ihres für 2007 geplanten Beitritts nicht in die Bestimmung der durchschnittlichen EU-Wirtschaftsleistung einfließen. Dadurch rechnet sich die EU künstlich reich.

Hoher Durchschnitt

Der Durchschnitt fällt höher aus als er es in Wirklichkeit ist. Mehr Regionen in Südeuropa oder Ostdeutschland bleiben unter der Einkommensschwelle und bekommen somit weiter Geld aus Brüssel.

Trotz des Widerstands einiger Kommissare gegen solche Tricks dürfte die Mehrheit des Gremiums an diesem Dienstag eine deutliche Ausweitung des EU-Haushalts von derzeit 100 Milliarden auf mehr als 150 Milliarden Euro im Jahr 2013 vorschlagen. Damit ist ein schwerer Konflikt mit Nettozahlern wie der Bundesrepublik programmiert.

Die Bundesregierung beobachtet mit Argwohn, wie die Kommission durch großzügige Angebote für Regionalsubventionen an Ostdeutschland innerdeutschen Widerstand gegen den Berliner Sparkurs beim EU-Haushalt mobilisiert. Umgekehrt werfen selbst sparsamere Kommissare der Regierung vor, den Konflikt selbst angeheizt zu haben.

Forderungen

Vor Weihnachten forderten die Bundesrepublik und fünf weitere Nettozahler, den Etat auf das bisherige Niveau von ein Prozent des Bruttonationaleinkommens zu begrenzen. Damit würden die Brüsseler Ausgaben bis 2013 auf 124 Milliarden Euro im Jahr wachsen, 30 Milliarden weniger als von der Kommission favorisiert.

"Der Brief der Nettozahler hat jene in der Kommission angestachelt, die Maximalforderungen stellen wollen", heißt es in dem Gremium. Nur eine Minderheit der 20 Kommissare dürfte sich an diesem Dienstag für ein Budget unter der Obergrenze von 1,24 Prozent (oder 154 Milliarden Euro 2013) aussprechen.

© SZ v. 10.2.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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