EU-Austritt der Briten:Ein Franzose managt den Brexit

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Ex-Außenminister Michael Barnier soll für die EU-Kommission verhandeln. Auf Twitter beschreibt er seinen Job - als "anspruchsvoll".

Von Daniel Brössler, Brüssel

Ein Franzose soll für die EU-Kommission die Verhandlungen über den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union führen. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker berief den früheren französischen Außenminister und EU-Kommissar Michel Barnier am Mittwoch zum Chefunterhändler für den Brexit. In dieser Aufgabe soll er dem Kommissionspräsidenten direkt unterstellt sein. "Für diesen Auftrag mit all seinen Herausforderungen brauche ich einen erfahrenen Politiker", sagte Juncker. Er bezeichnete Barnier als seinen "Freund" und "fähigen Verhandlungsführer". Dieser verfüge über "ein ausgedehntes Netzwerk von Kontakten in den Hauptstädten aller EU-Mitgliedstaaten und im Europäischen Parlament".

Am 1. Oktober tritt er sein Amt an. Der Poker beginnt aber erst, wenn London den Antrag stellt

Barnier soll sein Amt am 1. Oktober antreten, zunächst aber nur intern die Gespräche mit Großbritannien vorbereiten. Juncker betonte noch einmal, dass es vorerst keine offiziellen Verhandlungen mit der britischen Regierung geben werde. Die Staats- und Regierungschefs der 27 verbleibenden EU-Staaten hatten sich nach dem Brexit-Votum auf das Prinzip "Keine Verhandlungen ohne Austrittsantrag" festgelegt. In Artikel 50 des EU-Vertrages ist vorgesehen, dass nach einem solchen Antrag bis zu zwei Jahre über die Modalitäten eines Austritts verhandelt werden kann. Die EU-Staaten können nur einstimmig entscheiden, die Frist zu verlängern. Der Zeitdruck, der dadurch entsteht, gilt als einer der Gründe dafür, dass Großbritanniens Premierministerin Theresa May mit dem Austrittsantrag zögert.

Barnier sprach in einer Wortmeldung im Kurznachrichtendienst Twitter von einer "anspruchsvollen Mission". Dies kann auch als Anspielung auf die schwierigen Kompetenzfragen verstanden werden, die sich durch die erstmaligen Verhandlungen über den Austritt eines Mitgliedstaates ergeben. Die Staats- und Regierungschefs haben beim Gipfel Ende Juni erkennen lassen, dass sie sich die Oberhoheit über die Verhandlungen nicht aus der Hand nehmen lassen wollen. EU-Ratspräsident Donald Tusk hat bereits eine eigene Arbeitsgruppe mit dem belgischen Diplomat Didier Seeuws an der Spitze ins Leben gerufen und damit im Umfeld von Juncker für Verstimmung gesorgt.

Der 65-Jährige Barnier war von 2004 bis 2005 Außenminister und später EU-Abgeordneter sowie Vizepräsident der EU-Kommission.

© SZ vom 28.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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