ETF-Markt:Passive Erfolgsformel

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Börsengehandelte Indexfonds sind bei Anlegern beliebt, da sie relativ kostengünstig sind. Nur wenige Anbieter dominieren den Markt.

Von Norbert Hofmann

Passiv klingt nicht gerade nach Tatendrang. In der Welt der Investmentfonds jedoch ist damit keineswegs ein Verzicht auf Renditechancen gemeint. Als passive Produkte gelten Indexfonds, die Börsenbarometer wie etwa den Dax, den EuroStoxx oder den S&P 500 nahezu exakt abbilden und deren Entwicklung nachvollziehen. Sie stehen zwar im Schatten aktiv gemanagter Fonds, die noch immer den Markt prägen. Doch im vergangenen Jahr etwa sind den Indexprodukten europaweit deutlich mehr neue Mittel zugeflossen als den aktiv gemanagten Portfolios.

"Der Trend läuft in vielen Produktsegmenten sehr klar in Richtung einer Passivierung", sagt Ali Masarwah vom Fondsanalysehaus Morningstar. Einen Gutteil dazu tragen an der Börse gehandelte ETF (Exchange Traded Funds) bei. Diese Indexfonds stoßen aufgrund ihrer leicht verständlichen Konstruktion und geringer Gebühren auf wachsendes Interesse. "Die jährliche Gesamtkostenquote von Aktien-ETF ist in der Regel halb so hoch wie die von aktiv gemangten Aktienfonds", betont Peter Scharl, Leiter Vertrieb Deutschland, Österreich und Osteuropa beim zur US-Fondsgesellschaft Black Rock gehörenden Marktführer iShares. Das Geschäft entwickelt sich von einer niedrigen Basis aus. ETF haben in den USA einen Anteil von 13 Prozent am gesamten Fondsvermögen, in Europa gerade mal knapp sechs Prozent. "Das zeigt aber auch, welches Potenzial im europäischen Markt steckt", sagt Scharl.

Die drei größten Anbieter vereinen rund zwei Drittel des Marktvolumens

Neben iShares gehören in Europa die Deutsche Asset & Wealth Management und die zur Société Générale gehörende Lyxor zu den führenden Anbietern. Die großen Drei stehen für rund zwei Drittel des Marktvolumens. Andere haben es schwer, in den Markt einzutreten. Das liegt auch daran, dass Berater gerne ETF mit einem hohen Fondsvolumen und einer schon längeren Erfolgsgeschichte empfehlen. Der Wettbewerb war bislang dennoch groß genug, um für kontinuierlich sinkende Gebühren zu sorgen. Nun wollen sich die Konkurrenten zunehmend über den Service und ein umfangreiches Informationsangebot profilieren. Besonders erfolgreich ist zudem, wer eine große Produktpalette bietet. Die Deutsche Asset & Wealth Management etwa hat es - auch wegen ihres breiten Angebots an währungsgesicherten Produkten - sogar in den USA unter die Top-Ten geschafft. "Dort fließen momentan 90 Prozent der in ETF angelegten Gelder in Fonds, die auf Regionen außerhalb der USA fokussiert sind", erläutert Thorsten Michalik, Leiter des ETF-Geschäfts beim Vermögensverwalter der Deutschen Bank.

In Europa lag das in börsengehandelte Indexfonds angelegte Vermögen im Juni bei 429 Milliarden Dollar. Bei iShares rechnet man zum Jahresende bereits mit einem Marktvolumen von 500 Milliarden Dollar und bis zum Jahr 2020 schon wieder mit einer Verdoppelung. Der drei Billionen Dollar schwere Weltmarkt ist schon in den vergangenen Jahren um mehr als 20 Prozent jährlich gewachsen. Voran geht es auch in Europa.

Der alte Kontinent entwickelt sich auch im Vergleich zu den USA, die für 70 Prozent des global verwalteten Vermögens stehen, besonders dynamisch. "Gemessen an den Mittelzuflüssen wächst Europa schneller als der US-Markt", sagt Michalik. Er schätzt, dass 20 bis 25 Prozent des in Europa angelegten Volumens auf deutsche Investoren entfallen. Verlässliche Zahlen dafür liegen allerdings nicht vor, da ETF über die Börse erworben werden und die Herkunft der Gelder damit nicht genau nachvollziehbar ist.

Es gibt jedoch einige gute Gründe dafür, dass das Interesse weiter zunimmt. "Wir stehen in Europa erst am Anfang der ETF-Geschichte, jetzt werden auch immer mehr institutionelle Investoren auf diese Produkte aufmerksam", sagt Michalik. So haben viele Fonds mittlerweile ein Volumen erreicht, das professionellen Anlegern auch größere Investments zu relativ günstigen Konditionen ermöglicht. Indirekt kommt das dann wieder Kleinanlegern zugute, denn sie zahlen bei manchen Anbietern mitunter die gleichen Preise und erhalten den gleichen Service. "Privatinvestoren profitieren vom Anspruch der Institutionellen", meint ETF-Experte Michalik.

Gleichzeitig geben Regulierungen, die wie in Großbritannien und den Niederlanden den provisionsbasierten Vertrieb verbieten, der Branche Auftrieb. Privatbanken und Vermögensverwalter setzen auch in anderen Ländern häufiger statt auf Provisionen lieber auf feste jährliche Basisgebühren. Als Folge davon achten sie bei der Auswahl der Anlageinstrumente automatisch auf kostengünstige Produkte. ETF, für die keine Vermittlungsgebühren anfallen, gehören dazu. Sie gewinnen aufgrund ihrer Transparenz zudem angesichts verschärfter Vorschriften in der Anlageberatung an Bedeutung. "ETF werden damit in mehrfacher Hinsicht dem neuen Regulierungsumfeld besonders gerecht", sagt Scharl.

ETF werben nun damit, besonders smart oder intelligent zu sein

Nicht zuletzt dürfte den Indexfonds das zunehmende Interesse am "Robo-Advisory" Auftrieb geben. Das ist eine Online-Vermögensberatung, die mit wenigen Fragen zu Zielen und Risikobereitschaft die Bedürfnisse des Anlegers ermittelt. Da sie mit günstigen Gebühren wirbt, setzt sie ihre Portfoliovorschläge ebenfalls mit ETF um. In Deutschland werben Direktbanken und junge Fintech-Start-ups zunehmend mit der Roboterberatung.

Reicht das aber, um den Indexfonds zum ganz großen Durchbruch zu verhelfen? Hemmt die Macht der drei Großen gar die Entwicklung? Der Wettbewerb geht auf jeden Fall weiter. Der amerikanische iShares-Konkurrent Vanguard etwa sucht seine Chance jetzt auch in Europa. Ebenfalls neu am deutschen Markt ist der Anbieter Wisdom Tree. Dieser möchte wie andere Anbieter auch mit sogenannten Smart-Beta- oder Strategic-Beta-Produkten zusätzliches Anlegerinteresse wecken. Hinter den vermeintlich intelligenten ETF verbergen sich oft Produkte, die eine aktive Strategie verfolgen und daher auch meist teurer sind als klassische Indexfonds. Daher ist Vorsicht geboten. "Sehr viel ist marketinggetrieben und ob all diese Ansätze beim Anleger wirklich Nutzen stiften, muss sich noch zeigen", sagt Morningstar-Experte Masarwah.

© SZ vom 05.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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