Eon:Ausländische Fonds greifen nach deutschem Stromnetz

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Die zum Verkauf stehenden 10.000 Kilometer Stromnetz des Energiekonzerns Eon wecken die Begehrlichkeiten ausländischer Infrastrukturfonds. Verbraucherschützer sind alarmiert.

"Elektrizitätsverteilungsnetze sind für uns sehr attraktiv", sagte eine Sprecherin der australischen Macquarie Infrastructure Group der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

In Kreisen des australischen Wettbewerbers Babcock & Brown sei am Freitag ebenfalls ein großes Interesse an dem Höchstspannungsnetz signalisiert worden, hieß es weiter: "Wir würden uns das anschauen."

Neben Infrastrukturfonds wie Macquarie, Babcock & Brown, 3i Group und Rreef gelten britische Energienetzbetreiber wie National Grid und Scottish Hydro Energy, kanadische Pensionsfonds wie Ontario Teachers sowie möglicherweise deutsche Versicherer wie Allianz und Münchener Rück laut FAZ als interessiert.

Bieterkonsortien

Die Zeitung schätzt, dass sich mehrere Interessenten wegen des Preises von schätzungsweise zwei Milliarden Euro und der hohen Folgeinvestitionen zu einem Bieterkonsortium zusammenschließen.

Verbraucherschützer zeigten sich besorgt, dass die deutschen Stromnetze in die Hand staatlicher Investoren aus dem Ausland kommen könnten. Sie warnten vor einem übereilten Stromnetzeverkauf.

Zuvor war bekannt geworden, dass Eon-Vorstandschef Wulf Bernotat die Gründung einer Netz AG plant, an der sich verschiedene Investoren beteiligen könnten. Damit bleibe "die für die Versorgungssicherheit äußerst wichtige Infrastruktur zumindest im Einflussbereich der Regierung", sagte Bernotat dem Spiegel.

Vermeidung einer Kartellbuße

Eon hatte den Verkauf seiner Stromnetze angekündigt, um so eine hohe Kartellbuße der EU-Wettbewerbshüter zu vermeiden. Auch Energieversorger Vattenfall prüft derzeit, die Hochspannungsnetze abzugeben.

Der Vorsitzende der IG BCE, Hubertus Schmoldt riet zu einer vom Staat organisierten privaten Stiftung, um Deutschlands Einfluss auf die Netze zu sichern. Die Leitungen dürften weder an "Heuschrecken" noch an ausländische Wettbewerber verkauft werden, forderte Schmoldt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Der Staat könne dann den Regulierer in der Stiftung installieren, der die für Modernisierung und Ausbau erforderlichen Investitionen vorgibt.

Wie der Spiegel weiter berichtet, hat Bernotat erst vor drei Wochen Kontakt zu EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes aufgenommen. Sie habe ihm den Vorschlag unterbreitet, die Kartellverfahren im Strombereich nicht weiterzuverfolgen, falls Eon im Gegenzug bereit wäre, sich von Stromnetzen und Kraftwerken zu trennen.

Telefonisch ausgehandelt

Details des überraschenden Deals seien dann zwischen den beiden in den vergangenen Wochen telefonisch ausgehandelt worden.

"Ich bin weit davon entfernt, zu sagen, das war ein genialer Befreiungsschlag", sagte Bernotat dem Spiegel. Es sei aber "unter den gegebenen Umständen" das Beste gewesen, "was wir erreichen konnten".

Die Bundesregierung hatte Berichte über eine mögliche Veräußerung der Übertragungsnetze von Eon zurückhaltend zur Kenntnis genommen. Der Betrieb von Stromnetzen in Deutschland lohne sich kaum noch, sagte Bernotat in dem Interview. So müsse sein Konzern in den nächsten Jahren rund zwei Milliarden Euro für den Anschluss von Windparks in die Netze investieren. Die maximale Rendite für diese Investitionen habe die Bundesnetzagentur auf bis zu 3,6 Prozent festgelegt. "Das ist lächerlich und würde bei Neuinvestitionen sofort zu hohen Wertberichtigungen in der Bilanz führen".

Der Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Gerd Billen, warnte im Bremer Kurier am Sonntag: "Mit einem kurzfristigen Verkauf an Gazprom & Co. und ohne klare Kriterien erweisen wir dem Energiemarkt und den Kunden einen Bärendienst."

Der neue Stromnetz-Besitzer müsse in Qualität und Ausbau investieren. Die Bundesregierung sei jetzt gefordert, diese Chance zu ergreifen: Wenn die richtigen Rahmenbedingungen gesetzt würden, könnte dies am Ende mehr Qualität, mehr Wettbewerb und stabile Preise bedeuten.

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