Entsendegesetz:Sieben weitere Branchen wollen Mindestlohn

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Weniger als von der Politik erwartet, aber dennoch mehr als zuletzt spekuliert: In Deutschland wollen mindestens sieben weitere Branchen Mindestlöhne einführen.

Der von SPD und Gewerkschaften erhoffte Ansturm von Wirtschaftszweigen auf weitere Mindestlöhne ist ausgeblieben. Bis Montagmittag haben sieben Branchen mit insgesamt 1,43 Millionen Beschäftigten die Aufnahme ins Entsendegesetz beantragt, um auf diesem Weg zu verbindlichen Lohnuntergrenzen zu kommen.

Bei den Branchen handelt es sich um das Zeitarbeitsgewerbe, Pflegedienste, das Wach- und Sicherheitsgewerbe, textile Dienstleistungen, Weiterbildung, Forst-Dienstleistungen und Bergbauspezialarbeiten.

Wie Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) in Berlin weiter mitteilte, sei bis zum Ende der Meldefrist am Montagabend eine weitere Branche zu erwarten.

Damit ist die Resonanz deutlich geringer als von der SPD erwartet. Führende Sozialdemokraten wie Fraktionschef Peter Struck hatten bis zuletzt mit zehn oder mehr Branchen gerechnet. Bis zu 4,4 Millionen Arbeitnehmer sollten auf diese Weise vor Lohndumping geschützt werden.

Pofalla prangert "fatale Fehleinschätzung" an

Die Union sieht sich nun in ihrem Widerstand gegen den Mindestlohn bestätigt. Dass nur wenige Branchen einen Antrag auf Einführung des Mindestlohns per Entsendegesetz gestellt hätten, zeige "eine der fatalsten Fehleinschätzungen der Sozialdemokraten in den letzten Jahren", sagte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla nach einer Telefonschaltkonferenz des CDU-Präsidiums am Montag in Berlin. Pofalla erteilte einem Mindestlohn in der Zeitarbeitsbranche eine klare Absage. Wohlwollend prüfen will die CDU dagegen einen Mindestlohn im Wachgewerbe.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält trotz der geringen Resonanz auf das Angebot branchenspezifischer Mindestlöhne an dem mit der SPD vereinbarten Vorgehen fest. Die Arbeit an den beiden noch ausstehenden Gesetzentwürfen gehe weiter, die Vereinbarung mit dem Koalitionspartner werde eingehalten, versicherte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm in Berlin. Es gebe aber noch eine Fülle von Fragen zu klären, und das werde sicher noch einige Wochen in Anspruch nehmen. Am 28. April wird auch der Koalitionsausschuss darüber beraten.

Bislang gibt es Mindestlöhne nur in der Baubranche, für Gebäudereiniger und für Briefträger. Stichtag für weitere Branchenanträge auf Aufnahme ins Entsendegesetz war der 31. März, die Tarifpartner können sich aber auch später noch melden.

© sueddeutsche.de/dpa/AP/AFP/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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