Energiepolitik:Obamas Vermächtnis

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Der neue Abschnitt der Keystone-Pipeline sollte kanadisches Öl bis an den Golf von Mexiko transportieren. (Foto: Jeff McIntosh/AP)

Das Nein zur Keystone-Pipeline setzt vor allem politisch Signale und beendet eine jahrelange Schlacht.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Warum er die Pipeline verhindern musste, das hat Barack Obama ziemlich unumwunden zugegeben. Rund um den Klimaschutz hätten die Vereinigten Staaten mittlerweile eine Führungsrolle, sagt der US-Präsident. "Und offen gestanden, hätte eine Genehmigung diese globale Führungsrolle untergraben." Deshalb wird es Keystone XL nicht geben, jedenfalls nicht unter diesem Präsidenten.

Für die amerikanische Ölindustrie ist damit an diesem Wochenende eine jahrelange Schlacht verloren gegangen. Der neue Abschnitt der Keystone-Pipeline sollte kanadisches Öl bis an den Golf von Mexiko transportieren, wo es hätte weiterverarbeitet werden können. Allerdings gilt das Öl aus Kanada als besonders umwelt- und klimaschädlich. Gewonnen wird es unter immensem Energieaufwand aus sogenannten Teersanden, entsprechend schlechter ist seine Kohlendioxid-Bilanz. Sieben Jahre lang untersuchten amerikanische Behörden Sinn und Zweck der Pipeline, immer stärker gerieten dabei die Umweltbelange in den Vordergrund. Zu Unrecht, findet nun deren Bauherr, die kanadische Pipeline-Firma Trans-Canada. "Deplatzierter Symbolismus" sei an die Stelle wissenschaftlicher Erkenntnis getreten, sagte Trans-Canada-Chef Russ Girling. "Rhetorik hat über Vernunft gesiegt."

Das freilich sehen Umweltgruppen ganz anders. Selten hatte sich in den USA gegen ein einzelnes Projekt eine derart breite Protestbewegung formiert wie gegen Keystone XL. Obama sei der erste Weltpolitiker, der ein großes Infrastruktur-Projekt wegen der Auswirkungen auf den Klimawandel rückgängig mache, lobte Bill McKibben von der Klimaschutzorganisation 350.org. Damit zahlten sich "eindrucksvoll die fünf Jahre und Millionen von Stunden aus, die Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen in den Kampf gegen die Pipeline gesteckt haben".

Die Entscheidung kommt nicht von ungefähr gerade jetzt. Zum einen ist in Kanada mit Justin Trudeau seit Kurzem ein Regierungschef an der Macht, der weit weniger am Öl hängt als sein konservativer Vorgänger Stephen Harper. Zum anderen stärkt die Ankündigung Obamas Rolle bei der Klimakonferenz in Paris, die in drei Wochen beginnt. Wie sagte er doch? Alles andere hätte seine Position untergraben. "Dieses Signal sollte in Paris widerhallen", sagt Jennifer Morgan, Klimaexpertin beim Washingtoner Thinktank World Resources Institute. "Es zeigt, dass es der Regierung Obama ernst ist damit, das Land in Richtung sauberer, erneuerbarer Energiequellen zu bewegen."

Der Republikaner Jeb Bush reagierte prompt. Er sprach von einem Angriff auf die Wirtschaft

Obama selbst arbeitet hart daran, den Klimaschutz zu einem Vermächtnis seiner zweiten Amtsperiode zu machen. Vor einem Jahr handelte er mit der Führung in Peking eine Vereinbarung aus, in der sich beide Seiten auf konkrete Anstrengungen im Klimaschutz verpflichteten - nachdem sich beide Staaten zuvor jahrelang gegenseitig den Schwarzen Peter für den Stillstand in der Klimapolitik zugeschoben hatten. Derweil verschärfte seine Umweltbehörde Epa - in Deutschland mittlerweile vor allem wegen der VW-Affäre bekannt - die Auflagen für den CO₂-Ausstoß von Kohlekraftwerken. Sie sind in den USA mittlerweile schärfer als in Europa.

Ob das Keystone-Nein die Präsidentschaftswahl übersteht, bleibt allerdings offen. Jeb Bush, einer der möglichen republikanischen Kandidaten, sprach prompt von einem "Angriff auf die US-Wirtschaft und Jobs".

© SZ vom 09.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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