Energiepolitik:Brüssel attackiert geheime Gasverträge

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Konzerne wie Gazprom sollen künftig Lieferdaten und Preise offenlegen, um Engpässe zu verhindern.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

In diesem Winter gibt es bisher keine Probleme, das russische Gas fließt Richtung Europa. Doch darauf will sich die EU-Kommission nicht verlassen, denn wer weiß schon, ob Russlands Präsident Wladimir Putin nicht wieder damit droht, den Gashahn zuzudrehen? Die Gefahr eines Versorgungsengpasses in der EU ist nicht gebannt, denn der Konflikt mit der Ukraine schwelt weiter; und die Transitroute verläuft nun mal durch dieses Land. All das hat die EU-Kommission im Blick, wenn sie in dieser Woche ihr Winterpaket zur Gasversorgungssicherheit vorstellen wird.

Mit ihrem Paket, das der SZ vorliegt, will die Brüsseler Behörde einen intensiven Informationsaustausch erreichen. Demnach sollen die Energiekonzerne die nationalen Behörden und die EU-Kommission automatisch über den Inhalt von Lieferverträgen informieren. Und zwar sowohl beim Abschluss neuer Verträge als auch bei Änderungen - inklusive der vereinbarten Preise. Der Informationsaustausch soll für alle Verträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr gelten. Und zwar dann, wenn der Gas-Lieferant insgesamt mehr als 40 Prozent des Jahresbedarfs eines EU-Staates abdeckt. Diese Regelung dürfte auch Gazprom treffen, denn vor allem osteuropäische Länder sind von den Lieferungen des russischen Energiekonzerns abhängig.

Wenn die Gasversorgung in der EU gefährdet ist, sollen Konzerne zudem konkrete Informationen über Lieferungen geben. Grund dafür ist der Kommission zufolge eine Beobachtung aus dem vergangenen Winter: Damals konnte die Brüsseler Behörde die Lieferrückgänge in die EU nicht einordnen, weil sie keine Informationen über die nötigen Lieferdaten gehabt habe.

Die Kommission schlägt außerdem eine engere regionale Kooperation der Mitgliedstaaten vor. Sie sollen sich zu einer Zusammenarbeit mit der Kommission verpflichten, wenn sie zwischenstaatliche Verträge für Gaslieferungen mit Drittstaaten abschließen. Geht es nach der Brüsseler Behörde, sollen die EU-Staaten die Kommission von Anfang an in die Verhandlungen einbinden. So will die Behörde verhindern, dass zwischenstaatliche Verträge wie beim inzwischen verworfenen Bau der South-Stream-Pipeline gegen EU-Recht verstoßen. Der Europa-Abgeordnete Herbert Reul (CDU) sieht im Winter-Energiepaket der Europäischen Kommission Licht und Schatten: "Der Ansatz, einige Mitgliedstaaten in gemeinsame Gasregionen zu bündeln, ist prüfenswert. Eine Vorab-Kontrolle von unternehmerischen Entscheidungen ist aber nicht Aufgabe der EU-Kommission."

© SZ vom 15.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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