Elite-Uni:Vom Reichtum verwöhnt

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Eine Rendite von gut acht Prozent? Klingt momentan ganz ordentlich. Ist für die Stiftung der Universität Harvard aber: "enttäuschend".

Von Jan Willmroth

Wer zur Elite gehört, läuft immer wieder Gefahr, an den eigenen Ansprüchen zu scheitern. Während die wichtigsten Notenbanken der Welt im zehnten Jahr nach Beginn der Finanzkrise nur behutsam ihre Geldpolitik wieder straffen und die Niedrigzinsen Banken und Anlegern seit Jahren das Geschäft vermiesen, klingt eine Rendite von acht Prozent eigentlich nach einem ganz ordentlichen Ergebnis. Für Privatanleger wäre es sogar ein traumhaftes.

Die Stiftung der Elite-Uni Harvard aber hat eben besondere Ansprüche, und so schreibt deren Chef N.P. Narvekar nun im Jahresbericht: "Unsere Leistung ist enttäuschend und nicht dort, wo sie sein sollte." Die Erträge seien ein Symptom tiefer, struktureller Probleme. Narvekar steht seit Ende 2016 an der Spitze der legendären Stiftung, er ist der vierte Chef in nur zehn Jahren und baut sein Haus derzeit kräftig um.

Die meisten Hochschulen in den USA kämen ohne ihre Stiftungsfonds nicht aus

Um Narvekars Enttäuschung zu verstehen, muss man wissen, dass die Harvard-Stiftung lange zu den erfolgreichsten Investoren überhaupt gehörte und mit einem Vermögen von fast 38 Milliarden Dollar die größte ihrer Art in der Welt ist. Im Schnitt der Jahre 1985 bis 2008 verdienten die Vermögensverwalter der Hochschule mehr als 15 Prozent pro Jahr, ein Wert, wie ihn sonst allenfalls aggressive Hedgefonds und Finanzinvestoren erreichen. Jetzt wird Harvard von weniger großen Namen abgehängt: Die übrigen US-Unis, die ihr Jahresberichte bereits vorgelegt haben, schafften 2016 durchschnittlich 12,7 Prozent.

Die meisten US-Universitäten und Colleges, so hoch die Studiengebühren auch sind, kämen ohne ihre Stiftungsfonds nicht aus. Harvard etwa finanziert sich zu mehr als einem Drittel aus dem Vermögen seiner Stiftung. Die Art, wie Hochschulen in den USA ihr Geld anlegen, ist in der Fachliteratur auch als "Stiftungsmodell" bekannt geworden, ein - gemessen an diesem turbokapitalistischen Anlagestil - harmloser Begriff. Als dessen Erfinder gilt David Swensen, der das heute gängige Modell als Chef-Anlagestratege der Yale-Universität etablierte. Über einen Zeitraum von 20 Jahren schaffte auch er eine durchschnittliche Jahresrendite jenseits der 15 Prozent, bis er 2007 abtrat.

Das Geld steckt stets zum großen Anteil in alternativen Anlageklassen, etwa in Private-Equity-Fonds, Hedgefonds, Waldgebieten, alten Immobilien oder Weinbergen. Dazu nutzen die Uni-Stiftungen ihre großen Alumni-Netzwerke, zu denen einige der erfolgreichsten Banker und Geldverwalter der Geschichte gehören. Harvard, bekannt dafür, sein Geld vor allem intern zu verwalten, gliedert sein Management jetzt zunehmend aus. Mal sehen, ob das weiteren Enttäuschungen vorbeugt.

© SZ vom 21.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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