Elektroauto-Gipfel:Mehr Saft

Elektroautos der Marke Smart des Carsharing Anbieters Car2Go an einer Aufladestation am Potsdamer Pl

An der Ladesäule wird elektronisch abgerechnet.

(Foto: Andreas Prost/imago)

Im Streit um das Förderprogramm für Elektroautos wächst der Druck auf die Industrie. Auch die Unternehmen müssten ihren Beitrag dazu leisten, dass industrielle Fertigung in Deutschland stattfinde, so Wirtschaftsminister Gabriel.

Von Markus Balser, Thomas Fromm, Berlin/München

Sigmar Gabriel (SPD) hatte am Dienstagnachmittag noch die Teilnehmer eines Start-up-Wettbewerbs eingeladen. "Sie werden die Zukunft sein", lobte der Wirtschaftsminister die jungen Firmengründer. Dann hastete er zum nächsten Termin. Zukunftsprobleme drohen anderen: der Autoindustrie. Vor dem Gipfel führender deutscher Automanager und Minister am Dienstagabend im Kanzleramt zur Förderung der Elektromobilität in Deutschland, erhöhte Gabriel spürbar den Druck auf Deutschlands Automanager, selbst mehr für die Zukunft des eigenen Geschäfts zu tun. Es gehe darum, dass eine Industrie, die für große Teile des Wohlstands im Land stehe, auch in Zukunft zentrale Technologien beherrsche. "Auch die Industrie muss ihren Beitrag leisten, damit industrielle Fertigung, nicht nur der Fahrzeuge, sondern auch der Batterien hier in Deutschland stattfindet", forderte Gabriel. Die Hersteller sollten zudem mit dafür sorgen, dass Preise für E-Autos heruntergehen und endlich ein für alle zugängliches Ladestationen-Netz aufgebaut werde.

Gabriel machte damit die Fronten für das Treffen der Chefs von Audi, BMW, VW und Mercedes mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und ihm selbst klar. Es geht längst nicht mehr nur um Streitereien zwischen Ressorts. Zumal der Verkehrsminister seinen Widerstand gegen Kaufprämien abschwächt. Er sehe die Frage, ob dazu auf eine Kaufprämie oder andere Instrumente gesetzt werde, ohne ideologische Vorbehalte, sagte Dobrindt. Es geht auch darum, die Industrie zu mehr Zugeständnissen zu bewegen, für den Fall, dass die Regierung wie von der Branche erhofft, ein Milliarden-Förderprogramm auflegt.

In der Industrie hieß es wenige Stunden vor dem Treffen, man gehe von einem "sehr komplexen Gesamtpaket mit verschiedenen Szenarien" aus. Mit einer reinen Kaufprämien-Lösung, bei der Bund und Autokonzerne Elektroautokunden gemeinsam Zuzahlungen von 5000 Euro finanzieren, sei es nicht getan. Um das Ziel der Bundesregierung zu erreichen, bis zum Jahr 2020 eine Million Elektroautos auf deutsche Straßen zu holen, bräuchte es ein "Konzept mit unterschiedlichen Maßnahmen". Tatsächlich liegt der schleppende Absatz der E-Autos nicht nur an den vergleichsweise hohen Preisen der Modelle. Ungeklärt ist nach wie vor, wie Bund und Industrie gemeinsam eine Ausweitung des Ladenetzes von bislang 4000 Ladestationen für Stromer aufbauen können. Denkbar sei, die Finanzierung von Kaufanreizen und Infrastrukturausbau zu kombinieren. Ebenso müsse darüber nachgedacht werden, wie die Beschaffung von Elektroautos für die Fuhrparks von Kommunen und Privatunternehmen künftig durch Sonderabschreibungen stärker gefördert werden könne. Selbst ein Abnahmezwang für öffentliche Einrichtungen sei im Gespräch. Die Maßnahmen entsprächen auch dem Inhalt des Koalitionsvertrages von Union und SPD, wo es heißt: "Bei der Unterstützung des Markthochlaufs der Elektromobilität setzen wir auf nutzerorientierte Anreize statt auf Kaufprämien."

Auch bei den Batteriezellen, aus denen dann die Batteriepakete für die Elektroautos entstehen, besteht Handlungsbedarf. Andere dominieren das Geschäft. Deutsche Hersteller bestellen die teuren Zellen bei Samsung und LG in Korea oder bei Panasonic und BYD in Japan und China. In der Branche wird offen davon gesprochen, dass man sich in eine gefährliche Abhängigkeit der Zell-Lieferanten begeben werde. Kaufprämien würden vielleicht den E-Auto-Absatz ankurbeln - aber nichts daran ändern, dass ein Teil des Geldes in Zulieferprodukte nach Asien abfließt.

Die Politik sieht eine Lösung in Kooperationen. "Es muss darum gehen, dass zentrale Bauteile nicht weiter zugekauft werden", forderte Gabriel. Möglicher Ausweg: Ein Zellen-Verbund in Deutschland, mit dem die Autokonzerne Batterien produzieren. Dafür aber bräuchten die Konzerne den Willen - und einen gemeinsamen Plan. Zuletzt hatten es Daimler und der Chemiekonzern Evonik mit einem Gemeinschaftsunternehmen namens Li-Tec im sächsischen Kamenz versucht. Bis die Batteriezellenproduktion eingestellt wurde. Grund: Die Produktion war wegen der geringen Stückzahlen nicht wettbewerbsfähig.

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