Einstieg ins Smartphone-Geschäft:Acer bedrängt Blackberry

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Der taiwanesische Computerhersteller Acer verfolgt ehrgeizige Ziele: Er plant Zukäufe und will in diesem Jahr ein E-Mail-fähiges Telefon auf den Markt bringen - ganz nach Art des Blackberry.

Thorsten Riedl

Gianfranco Lanci hat so gar nichts von einem Taiwanesen: Mit leicht untersetzter Figur, schwarzem Haar und braunem Teint sieht er so aus, wie man sich einen Italiener vorstellt.

Mit Blackberrys lässt sich Geld machen. Auch Acer will jetzt ins Smartphone-Geschäft einsteigen. (Foto: Foto: AP)

Doch Lanci, 1955 in Turin geboren, hat eine enge Verbindung nach Fernost: Er führt von Italien aus den taiwanesischen Computerkonzern Acer - und setzt ehrgeizige Ziele.

Mit Hilfe von Übernahmen will er die Position als weltweite Nummer vier im Markt für Computer verbessern. Außerdem soll schon bald ein tragbares Gerät von Acer zum Empfang von E-Mails erhältlich sein.

Damit tritt der Konzern in Wettbewerb zu RIM, dem Hersteller des Blackberry. "Wir arbeiten an einem Smartphone", sagte Lanci zur Süddeutschen Zeitung. "Wir brauchen noch drei bis sechs Monate bis zur Marktreife."

Wachsendes Marktsegment

Mit der Entwicklung eigener Smartphones, also Kleincomputer, mit denen sich Telefonate führen, aber auch Termine planen oder E-Mails senden lassen, wendet sich Acer einem wachsenden Marktsegment zu.

Bisher verkauft das Unternehmen herkömmliche Kleincomputer, zum Teil mit Satelliten-Navigation GPS, in der Branche als Personal Digital Assistant oder kurz PDA bekannt. Diese Kategorie schrumpft jedoch: Der PDA-Verkauf ging im vierten Quartal 2006 um 36 Prozent zurück, so das Marktforschungshaus IDC.

Der Absatz der Smartphones stieg dagegen den Analysten von Canalys zufolge im selben Zeitraum um 30 Prozent. Acer muss also Smartphones bauen, um nicht den Anschluss zu verlieren.

Das neue Gerät von Acer wird eine kleine, integrierte Tastatur haben sowie mit dem Betriebssystem Windows Mobile von Microsoft ausgestattet sein. Eine GPS-Navigationsfunktion, wie dies einige Wettbewerber anbieten, gibt es aber zunächst nicht. "Es wird ein Produkt für Firmenkunden sein, nicht für Endverbraucher", erklärt Lanci.

Markt noch nicht gesättigt

Das Smartphone ähnele in der Gestaltung dem Blackberry. Kurz zuvor hatte bereits Toshiba angekündigt, in den Markt für E-Mail-fähige Smartphones einzusteigen.

Blackberry-Hersteller RIM sieht die neue Konkurrenz gelassen. "Das Geschäftskundensegment ist noch lange nicht ausgeschöpft", sagte Don Morrison, Chef des operativen Geschäfts bei RIM, der SZ. Die Marktsättigung liege noch in fast allen Ländern unter zehn Prozent.

Lanci, der inzwischen seit zehn Jahren für Acer arbeitet, fliegt einmal im Monat in die Zentrale nach Taipeh. Das reicht. "Ich bin da, wo das Geschäft ist", sagt er. Drei Fünftel des Umsatzes von mehr als elf Milliarden Dollar im vergangenen Jahr erwirtschaftete das Unternehmen nämlich in Europa, ein Fünftel kommt aus Asien, ein weiteres aus den Vereinigten Staaten.

Die Erlöse sind 2006 um 20 Prozent gestiegen. Dafür verantwortlich waren ein starkes Geschäft mit Notebooks und ein besseres Ergebnis in China und den USA. Von den fünf weltweit größten PC-Herstellern ist Acer im vergangenen Jahr IDC zufolge mit einem Plus von 38 Prozent auf einen Marktanteil von 5,9 Prozent am schnellsten gewachsen.

Vor den Taiwanesen lagen die US-Konzerne Dell und Hewlett-Packard mit einem Marktanteil von 17,1 beziehungsweise 17,0 Prozent. Auf dem dritten Platz folgte der chinesische PC-Bauer Lenovo mit 7,3 Prozent.

Hübsch statt klobig

Das Ergebnis soll weiter in gleicher Größenordnung zulegen. "Wir sind noch immer vergleichsweise klein bei Arbeitsplatzrechnern", sagt Lanci. "Wir planen hier ein Wachstum zwischen 30 und 40 Prozent - wie im Notebook-Bereich." Dabei helfen sollen hübsch gestaltete Rechner, die mit den klobigen Computerkisten, wie sie bisher unter den Schreibtischen versteckt wurden, nichts mehr gemein haben.

Zudem bereitet Acer Zukäufe vor. "In Vergangenheit haben wir stets von organischem Wachstum gesprochen. Nun erkennen wir, dass wir uns über Akquisitionen Gedanken machen müssen, wenn wir das Wachstumstempo steigern wollen", erklärt er.

Der ideale Kandidat sei ein Unternehmen, welches Acer in seiner regionalen Präsenz oder vom Produktportfolio her ergänze. Namen nannte Lanci nicht. Es werde sich jedoch voraussichtlich um einen Betrieb mittlerer Größenordnung handeln. Für einen solchen Zukauf habe Acer ein Barvermögen von 1,5 Milliarden Dollar.

Damit trägt der taiwanesische Konzern weiter zur Konsolidierung in der Branche bei. Die größten Übernahmen in der Vergangenheit waren der Kauf von Compaq durch Hewlett-Packard 2001 sowie die Übernahme des PC-Geschäfts von IBM durch Lenovo 2004. Eine kritische Größe sei wichtig, um zu überleben, betont Lanci. "Konsolidierung ist in dieser Industrie ein Muss."

Die Schwelle sieht er bei einem globalen Marktanteil von zehn Prozent. Allein der Trend zu wenigen großen Firmen könne zudem künftig den Preiskrieg aufhalten. "Wenn ich mir die PC-Industrie in den vergangenen 20 Jahren anschaue, hat niemand den Preisverfall stoppen können", sagt er. "Konsolidierung wird aber mit Sicherheit den Preiskrieg abmildern."

© SZ vom 19. März 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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