EBay:Streit um Rückgaberecht

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Der Bundesgerichtshof prüft, ob bei eBay-Auktionen eine Widerrufmöglichkeit besteht. Unzufriedene Käufer hätten dann das Recht, die ersteigerten Artikel wieder los zu werden und die Bezahlung zu verweigern.

Von Helmut Kerscher und Kassian Stroh

Auktionen im Internet könnten für Anbieter bald weniger interessant werden - und für Käufer von gewerblich angebotenen Waren sicherer.

Der Bundesgerichtshof (BGH) prüft, ob unzufriedene Kunden das Recht haben, den Kauf zu widerrufen.

Sollte der BGH dies bei der Urteilsverkündung am 3.November bejahen, können Verbraucher Artikel, die von einem Unternehmer über Ebay versteigert wurden, ohne Angabe von Gründen zwei Wochen lang zurückschicken.

Dadurch wäre die Attraktivität des nach eigenen Angaben größten Internetauktionshauses bedroht, prophezeien Experten.

Ein solches Widerrufsrecht sieht ein Gesetz seit vier Jahren für so genannte Fernabsatzverträge vor, die etwa via Internet, Telefon oder Fernsehen geschlossen wurden.

Ausnahmen gelten unter anderem für Versteigerungen. Der BGH muss nun entscheiden, ob Ebay-Geschäfte solche "echten Versteigerungen" sind oder lediglich "Kaufverträge zum Höchstgebot".

Im letzteren Fall stünde den Käufern ein Widerrufsrecht zu. Dafür spricht laut Richterin Katharina Deppert, dass Käufer bei Internet-Versteigerungen die Ware "relativ blind" kaufen und in ihren Erwartungen enttäuscht werden können.

Bei Ebay Deutschland waren im vergangenen Jahr nach Firmenangaben 11,4 Millionen Nutzer registriert, die Waren im Wert von etwa fünf Milliarden Dollar kauften und verkauften.

Düpierte Bieter

Im konkreten Fall hatte ein Schmuckhändler im September 2002 auf der Website der Firma Ebay ein Diamant-Armband mit 15 Karat Edelsteinen und 15 Karat Gold zur Versteigerung angeboten.

Er verkaufte es zum Höchstgebot von 252,51 Euro. Bis heute versucht er, dieses Geld einzuklagen. Denn der Ersteigerer verweigerte die Annahme und Bezahlung des Armbands, weil er es sich schöner und höherwertiger vorgestellt hatte.

Es bestand nicht aus echtem Gold, sondern war nur plattiert, und die Edelsteine waren künstlich hergestellt. Sowohl das Amtsgericht Rosenheim als auch das Landgericht Traunstein gestanden dem enttäuschten Käufer ein Widerrufsrecht zu. Schließlich kam der Fall zum BGH, wo Richterin Deppert von einer "gewissen Diskrepanz zwischen dem Streitwert und der Bedeutung der Sache" sprach.

Dem Gericht ist nämlich klar, dass sein Urteil gravierende Folgen insbesondere für Ebay-Mitglieder haben könnte. Gesteht der BGH den beim Bieten erfolgreichen Verbrauchern ein Widerrufsrecht gegenüber Unternehmern zu, "werden die Versteigerungen Nonsens", befürchtete Rechtsanwalt Thomas von Plehwe, der den Händler vertrat.

Das System funktioniere nicht mehr, die erfolglosen Bieter seien düpiert. Anwalt Götz Jordan hielt dagegen, die Mitbieter seien sowieso frustriert, weil sie nicht zum Zug gekommen seien. Nach einem Widerruf erhielten sie sogar eine neue Chance.

Ebay-Auktionen seien keine echten Versteigerungen, weil der Vertrag nicht durch Zuschlag zustande komme, sagte er. Deshalb könne es hier keine Ausnahme von den Schutzbestimmungen für "Fernabsatzgeschäfte" geben.

Diese gehen auf eine EG-Richtlinie von 1997 zurück und wurden vor zwei Jahren in das Bürgerliche Gesetzbuch eingeführt. Sie betreffen Verträge, die "unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln" geschlossen werden.

So lange der BGH kein Urteil gesprochen habe, werde sich Ebay zu dem Fall nicht äußern, sagte eine Firmensprecherin am Mittwoch und wies darauf hin, dass knapp ein Drittel aller weltweiten Transaktionen über Ebay ohnehin Festpreis-Verkäufe seien.

Für die gelte das Widerrufsrecht auch jetzt bereits. Experten sehen aber die Attraktivität des Geschäftsmodells von Ebay durchaus bedroht: Verlässlichkeit bei Zahlung und Lieferung seien für das Internetauktionshaus unabdingbar, urteilt Thilo Gorlt, Analyst der Bayerischen Landesbank.

Wer bei Auktionen nicht zahlt oder nicht liefert, kann von Ebay grundsätzlich nicht belangt werden. Zwar sind alle Käufer und Verkäufer registriert, die Zuverlässigkeit garantieren bislang aber lediglich individuelle Bewertungen, die die Nutzer gegenseitig abgeben können.

© SZ vom 30.09.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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