Drupa:Neue Impulse

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Modernes Spielzeug: Erst entwerfen, dann ausdrucken. Ein Miniauto aus dem 3D-Drucker. (Foto: John MacDougall/AFP)

Die Medien- und Druckindustrie ist im Wandel. Dies spiegelt auch die Düsseldorfer Weltleitmesse Drupa wieder. Industrie 4.0 und 3-D-Druck sind die Zukunftsthemen, die die Branche bewegen.

Von Stefan Weber

Seit Herbst vergangenen Jahres ist Sabine Geldermann kaum noch rausgekommen aus dem Kofferpacken. Denn am 12. September begann mit einer Präsentation in Tokio die heiße Phase der Vorbereitung für eine der wichtigsten Veranstaltungen der Messe Düsseldorf - die Drupa, die alle vier Jahre stattfindende Weltleitmesse der Print- und Medienindustrie. Vom 31. Mai bis 10. Juni wird Düsseldorf wieder das Zentrum der Druckwelt sein. Keine andere Veranstaltung hat eine vergleichbare Relevanz für die Branche.

Geldermann ist als Direktorin der Drupa verantwortlich für das Gelingen des Events. Und dazu gehört, bei Pressekonferenzen, Branchen-Workshops und Präsentationen rund um den Globus für die Leistungsschau zu werben. Schließlich sind potenzielle Teilnehmer nahezu überall auf der Welt zu Hause. "drupa World Tour" haben die Messemacher diesen Marathon genannt. "So erreichen wir unsere Besucher und wichtige Multiplikatoren unmittelbar und können sie aus erster Hand über das aktuelle Drupa-Geschehen informieren", erläutert Geldermann. Im direkten Dialog lasse sich zudem am besten ausloten, welche spezifischen Interessen und Wünsche Aussteller und Besucher haben. Am Ende der Tour werden Geldermann und die anderen Botschafter der Drupa etwa 440 000 Flugkilometer zurückgelegt haben.

Dieser Aufwand ist gut investiert. Denn alle in der Branche sollen wissen, dass die Drupa 2016 anders sein wird als ihre Vorgänger. Zwar haben die Messemacher am Rhein schon immer Marktveränderungen begleitet und Trends in der Druckindustrie identifiziert. Aber seit der Vorgängerveranstaltung 2012 hat die Print- und Mediabranche viele tief greifenden Veränderungen erlebt. Und da muss sich auch die Messeplattform wandeln. "In Zeiten des Umbruchs ist Orientierung wichtig. Welche Technologietrends sind relevant? Welche Lösung hat das Potenzial, das eigene Unternehmen voranzubringen? Auf diese Fragen möchte die Drupa Antworten geben", meint Werner Matthias Dornscheidt, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Messe Düsseldorf.

Die zunehmende Digitalisierung, Prozessintegration und das "Internet der Dinge" geben bei den Druckern den Takt vor. Zuvor getrennte Prozesse werden vernetzt. "Die Druckindustrie ist schon heute Vorreiter für die Industrie 4.0. Wir sprechen von Print 4.0 und verstehen darunter einen durchgehenden digitalen Arbeitsfluss, der durch die intelligente Vernetzung unserer Maschinen und Systeme möglich wird", sagt Markus Heering, Geschäftsführer des Fachverbandes Druck- und Papiertechnik im VDMA, dem Verband der Deutschen Maschinen- und Anlagenbauer.

Welche Möglichkeiten sich mit durchgängigen Prozessketten eröffnen, zeigen individuelle Fotobücher: Verbraucher gestalten am heimischen PC eine Bilderwelt und übermitteln die Fotodaten online an moderne Druckzentren. Dort werden sie auf voll vernetzten Anlagen in einer weitgehend automatisierten Prozesskette zu hochwertigen Druckprodukten verarbeitet und zum Kunden versandt. Oder Geschäftsberichte: Sie gehen als digitale PDF-Dateien bei Druckereien ein und werden dort in einem durchgehenden Prozess gedruckt, gefalzt, geschnitten, gebunden und lieferfertig gemacht. Dabei ist die intelligente Vernetzung von Maschinen und Systemen so weit fortgeschritten, dass sie sich auch für kleine Auflagen lohnt. Print 4.0, sagt Heering, helfe Druckereien, Stillstandszeiten zu minimieren und die Auslastung der Anlagen deutlich zu erhöhen.

Und dann der industrielle 3-D-Druck. Dabei werden analog zum Druck von digitalen Dokumenten komplexe dreidimensionale Bauteile aus einer Konstruktionsdatei ausgedruckt. Additive Manufactoring, sagen die Fachleute dazu. Additiv deshalb, weil die Bauteile dadurch entstehen, dass Schicht für Schicht Material aufgetragen wird. Anwender schätzen die Vorteile schichtender Verfahren. Denn anders als im Guss oder Spritzguss ist dabei kein Formenbau nötig. Prototypen und Bauteile in Null-und Kleinserien-Auflage lassen sich unmittelbar aus den entsprechend angepassten Konstruktionsdateien ausdrucken. Die additive Fertigung eröffnet Heering zufolge auch die Möglichkeit, Ersatzteile bei Bedarf dezentral am Ort zu fertigen: "Künftig könnte es genügen, Konstruktionsdaten zu speichern, anstatt Ersatzteillager zu unterhalten. Das würde helfen, Logistik-Kosten und Transportwege zu minimieren."

3-D-Druck-Dienstleister registrieren bereits eine stark steigende Nachfrage von Hobby-Modellbauern, Schmuckdesignern und anderen Kreativen. Die Entwürfe gehen als Dateien online bei den Druckereien ein, die sie dann auf ihren Anlagen dreidimensional ausdrucken und an die Besteller in aller Welt versenden.

Die Messemacher am Rhein haben auf diese Trends reagiert und ihr Programm stark auf Zukunftsthemen ausgerichtet. Das soll schon der Slogan signalisieren, unter dem sie die "neue Drupa" vermarkten: "Touch the Future". Der veränderte Auftritt kommt an. Neben den internationalen Marktführern der Druckbranche präsentieren sich in Düsseldorf auch aufstrebende und innovative Start-ups aus aller Welt. Wie traditionelle Branchengrenzen verschwimmen, zeigt das Beispiel des traditionsreichen Herstellers von Druckmaschinen Koenig & Bauer und des Computer- und Druckerherstellers HP. Vor ein paar Wochen stellten die beiden Firmen eine gemeinsam entwickelte digitale Druckmaschine von den Ausmaßen einer Dampflok vor. Auf den zweieinhalb Tonnen schweren Rollen können Druckaufträge für Wellpappeverpackungen in verschiedenen Größen und Auflagen gleichzeitig gedruckt werden. Im Verpackungsdruck sieht Koenig & Bauer eine Chance, Aufträge zu gewinnen, die im Papier- und Zeitungsdruck verloren gegangen sind - und wohl auch nicht wiederkommen.

Sorgen bereitet jedoch die Entwicklung in China

Nach Feststellung des VDMA sind die deutschen Druck- und Papiermaschinenbauer mit gut gefüllten Auftragsbüchern ins Jahr 2016 gestartet. Selbst das bekannte und gefürchtete "Drupa-Loch", also eine Delle bei den Bestellungen vor der nächsten Leitmesse, sei diesmal ausgeblieben. Im Inland gingen die Umsätze noch einmal um 13 Prozent zurück. Hingegen sorgten viele Aufträge aus dem Ausland dafür, dass insgesamt gegenüber 2014 ein Umsatzplus von einem Prozent verblieb. Sorgen macht jedoch die Entwicklung in China, dem wichtigsten Markt für deutsche Druck- und Papiertechnik nach der EU. Die Wirtschaft in der Volksrepublik wächst nicht mehr so stark wie in den vergangenen Jahren. Und so waren auch die Exporte der deutschen Druck- und Papiermaschinenbauer nach China in den ersten acht Monaten 2015 knapp ein Zehntel niedriger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Vielleicht wird die Drupa für positive Impulse sorgen. Die Messemacher in Düsseldorf haben das Feld dafür bereitet. Nur selten zuvor in der 65-jährigen Geschichte der Leit-Veranstaltung waren sie so gespannt, wie Aussteller und Besucher dies honorieren werden. Die Vorgängerveranstaltung 2012 lockte nur knapp 315 000 Besucher an. Das waren 75 500 weniger als vier Jahre zuvor. Dieser Trend soll sich nicht weiter fortsetzen. Wenn das gelingt, wird dies besonders Sabine Geldermann freuen. Denn dann hätte die erst seit 2013 für die Messe Düsseldorf tätige Drupa-Chefin auch ihre persönliche Bewährungsprobe bestanden.

© SZ vom 22.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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