Dienst am Kunden:Bahn dünnt Telefon-Service aus

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Bald könnte die Warteschleife bei der Fahrplanauskunft erheblich länger werden - wenn die Bahn tatsächlich ein Drittel der Stellen im Telefondienst streicht.

Noch in diesem Jahr sollen bis zu 700 der fast 2200 Arbeitsplätze der Bahntochter DB Dialog wegfallen und Standorte schließen. Dies teilte die Bahn-Gewerkschaft Transnet mit.

Den Betroffenen drohten Kündigungen, da sie nicht unter das bis Ende 2004 geltende Beschäftigungsbündnis fielen. Darüber hinaus sollen einige der bundesweit 13 Standorte geschlossen werden.

Die Bahn wollte einen Stellenabbau weder bestätigen noch dementieren und sprach von nötigen Sanierungsschritten bei der Telefon-Auskunft.

"Verfehlte Unternehmenspolitik"

Transnet-Chef Norbert Hansen warf der Bahn eine "verfehlte Unternehmenspolitik" vor und warnte vor "diesem personal- und kundenfeindlichen Kahlschlag". Hintergrund seien unter anderem falsche Prognosen des Unternehmens über die Zahl der Anrufer.

Statt der jährlich erwarteten 18,7 Millionen Anrufe seien nur noch 12 Millionen vorgesehen. Die hohen Gebühren von 61 Cent pro Minute schreckten Kunden ab. Damit komme jetzt auch das Vertriebskonzept durcheinander.

Über DB Dialog können Bahnkunden unter der Telefonnummer 11861 unter anderem Informationen zu Fahrplänen und Tickets bestellen. Die Bahn hatte die Preise dafür im vergangenen Herbst deutlich erhöht, jedoch auch eine zustätzliche kostenlose Hotline eingeführt.

Konkurrenz durch Internet und Automaten

Ein Bahn-Sprecher erklärte, DB Dialog befinde sich auf Sanierungskurs. "Alle 13 Standorte werden auf ihre Wirtschaftlichkeit hin geprüft", sagte er, ohne jedoch nähere Angaben über einen möglichen Stellenabbau zu machen.

Der Bahn-Sprecher bestätigte lediglich, dass die Zahl der Anrufe zurückgegangen sei. Dafür gebe es viele Gründe: Neben der Preiserhöhung hätten auch die Konjunkturflaute und Alternativen wie das Internet oder Automaten zu Buche geschlagen.

Unterdessen haben die Grünen von der Bahn erneut mehr Kundenfreundlichkeit gefordert. Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Albert Schmidt, wies jedoch einen Bericht des Handelsblatts zurück. Dem Blatt zufolge hätten die Grünen und der Parlamentarische Staatssekretär im Verbraucherschutzministerium, Matthias Berninger, mit Konsequenzen bei der Besteuerung gedroht.

Mehrwertsteuersenkung bei der Bahn kommt

Konkret soll Berninger gefordert haben, die Senkung des Mehrwertsteuersatzes für den Personenfernverkehr, die im Koalitionsvertrag für 2005 vorgesehen ist, in Frage zu stellen - sollte sich die Bahn weiter sträuben, Verbraucherrechte zu stärken. Auf Bahn-Tickets würden demnach weiterhin 16 statt wie geplant sieben Prozent Mehrwertsteuer berechnet.

Albert Schmidt sagte jedoch, die Grünen drohten nicht mit Dingen, die im Koalitionsvertrag beschlossen worden seien und die im Interesse der Bahn-Kunden auch umgesetzt werden müssten. Darüber hinaus erklärte er, die Kritik von Fahrgästen am Preissystem sollte ernst genommen werden.

Die Angst der Bahn vor der EU-weiten Charta

Die Bahn befürchtet bei Einführung einer EU-weiten Charta für Passagierrechte dem Vernehmen nach erhebliche Mehrkosten. Diese Charta sieht unter anderem vor, dass Europas Bahn-Unternehmen bei Verspätungen und Ausfällen ihren Kunden gestaffelt Entschädigungen zahlen und für Folgeschäden haften müssen.

Auf 500 Millionen Euro schätzt die Bahn die daraus folgenden Mehrkosten im Personenfern- und Nahverkehr. Das Unternehmen geht davon aus, dass die Zusatzkosten wiederum auf die Kunden abgewälzt würden und eine Verteuerung der Ticketpreise zur Folge hätten.

(sueddeutsche.de/dpa)

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