Die Welt der Raubkatze:Vom Pummelchen zum Puma

Was war Pumas größter Coup? War das "Wunder von Bern" nur das "Märchen von Bern"? Und überhaupt - warum gibt es Puma noch? Hier die Antworten.

Hans von der Hagen und Peter Martens

Warum gibt es Puma noch? Standen die nicht mal vor der Pleite?

Die Welt der Raubkatze: Vom Pummelchen zum Puma
(Foto: Foto: dpa)

Anfang der neunziger Jahre war die Marke Puma für viele Verbraucher uninteressant geworden. Zu langweilig, ein bisschen muffig. 1993 wurde Jochen Zeitz dann neuer Puma-Chef. Er lancierte ein mehrstufiges Sanierungskonzept. In der ersten Phase ging es vor allem darum, die Finanzlage des Konzerns zu verbessern. In der Phase II wurde nach Unternehmensangaben "überdurchschnittlich" in Marketing und Produkt investiert, in der Phase III sollte "die Begehrtheit der Marke" gesteigert und "in profitables Wachstum umgewandelt" werden. Im Rahmen der Phase IV, die Anfang 2006 eingeleitet wurde, verfolgt Puma da Ziel, "zum begehrtesten Sportlifestyle-Unternehmen" zu werden.

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Vom Pummelchen zum Puma

Warum interessiert sich jetzt ausgerechnet ein Luxuskonzern für einen Sportschuh-Hersteller?

Puma versteht sich schon lange nicht mehr als reiner Sportartikel-Produzent, sondern als Modemarke. Den Unternehmen half die Retrowelle Ende der neunziger Jahre. Plötzlich war es schick, ein Gucci-Kleidchen am Fuß mit einem Sporttreter abzurunden. 1998 vereinbarte Puma eine Kooperation mit der Designerin Jil Sander, in deren Rahmen eine modische Variante des Schuhmodells "King" entwickelt werden sollte. "King" war der Klassiker des Unternehmen: Ihn hatten schon Pelé und Maradona getragen.

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Wer ist der Mann hinter PPR ?

Der 44-jährige Hobbyboxer und jahrelang begehrteste Junggeselle Frankreichs sorgte zuletzt privat für Gesprächsstoff, als seine Verlobung mit Hollywood-Star Salma Hayek bekannt wurde. Erst vor zwei Jahren übernahm er die Führung des PPR-Konzerns. Zuvor musste sich Pinault junior als "ewiger Kronprinz" in der Firma seines Vaters François Pinault beweisen.

Der Firmengründer François Pinault entstammt einer bretonischen Bauernfamilie. Er hat den mächtigen Konzern praktisch aus dem Nichts aufgebaut, als er über ein Sägewerk in den Holzhandel einstieg und sich nach und nach ein Handelsimperium zusammenkaufte.

Mit der angekündigten Puma-Übernahme tritt François-Henri Pinault aus dem großen Schatten seines Vaters heraus. Er war es, der die Verhandlungen mit Pumas größtem Einzelaktionär, der Unternehmerfamilie Herz, aufgenommen hat.

Dass sich Pinault für Puma entscheidet, hat viele überrascht, da eher eine Konzentration auf die gewinnträchtige Luxussparte erwartet wurde. Pinault begründet den Schritt mit dem guten Rendite-Potential, das sich aus der Kooperation des weltweit drittgrößten Sprotartikelherstellers mit dem PPR-eigenen Handelshaus ergebe.

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Wie soll es mit Puma weitergehen ?

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Wie soll es mit Puma weitergehen ?

Bei der Frage nach der Zukunft von Puma sendete PPR-Chef Francois-Henri Pinault beruhigende Signale aus. Puma werde ein "eigenständiges Unternehmen" bleiben und könne mit seiner Gruppe zu einer "Marken-Ikone" werden.

Beim Personal und den Standorten soll es nach seinen Worten keine Veränderungen geben. Ausdrücklich wird hier betont, Wunsch von PPR sei eine Weiterbeschäftigung von Vorstand, Management und Mitarbeitern von Puma. Auch die weltweiten Standorte von Puma sowie die drei Firmenzentralen in Herzogenaurach, Hongkong und Boston sollen ihre volle Eigenständigkeit behalten.

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Warum sitzen Puma und Adidas beide in dem fränkischen Ort Herzogenaurach?

Ursprünglich waren die Unternehmen eins: 1924 gründeten Adolf und Rudolf Dassler die "Gebrüder Dassler Schuhfabrik". Doch nach langem Streit - vor allem die Frauen der beiden Männer hassten sich - trennten sich die Brüder 1948 und waren fortan erbitterte Konkurrenten, die bis zum ihrem Tode kein Wort mehr miteinander wechselten. Der gelernte Lederkaufmann Rudolf gründete in der Würzburger Straße 13 die "Puma Schuhfabrik Rudolf Dassler", der gelernte Bäcker Adolf die Adidas GmbH, die heute in der Adi-Dassler-Straße 1 sitzt.. Die Trennung hatte Konsequenzen: Rudolf Dassler fehlte der technisch versierte Adolf, Adolf Dassler fehlte der Kaufmann Rudolf. Mit den Unternehmen trennte sich der Ort: Familien arbeiteten entweder bei Puma oder bei Adidas und bis heute führen die Sportläden der Stadt entweder Adidas oder Puma - aber nie beide Marken.

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War Puma oder Adidas erfolgreicher?

Puma stand immer im Schatten von Adidas. Schon im Sommer 1949 beschäftigte Adidas mehr als siebzig Personen, Puma hingegen nur 50. Das Verhältnis hat sich seither weiter zu Gunsten von Adidas entwickelt. Ende 2005 hatte Adidas knapp 16.000 Angestellte, Puma nicht einmal halb so viele. Auch beim Umsatz spiegelt sich das Verhältnis wider: Adidas erlöst mit mehr als sechs Milliarden Euro fast drei Mal so viel wie Puma.

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Neben vielen großen und kleinen Zwistigkeiten zwischen Adidas und Puma gibt einen ganz großen Streit: Wer hat den Schraub-Stollenschuh erfunden und damit 1954 auf regennassem Grund das Wunder von Bern ermöglicht?

Bis heute können sich die Unternehmen nicht einigen: Adidas behauptet, dass es den Schraubstollenschuh als erster auf den Markt gebracht hat. Puma sagt, Adidas würde hier das Märchen von Bern auftischen. Und will belegen können, dass schon in der Fußballsaison 1952/53 Puma-Schraubstollenschuhe der eingesetzt wurden. Im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft 1954 hätten überdies acht Spieler des Siegers Hannover 96 das Schraubstollenmodell "Brasil" getragen.

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Wem gehört Puma?

Gut ein Viertel der Unternehmensanteile liegt derzeit noch bei der Mayfair Vermögensgesellschaft der Geschwister Herz. Dieses Paket soll nun an den französischen Luxusgüterkonzern PPR verkauf werden. Knapp fünf Prozent hält die US-Gesellschaft Fidelity Management & Research Company. Mehr als zwei Drittel der Aktien befinden sich im Streubesitz und etwa sieben Prozent hält das Unternehmen selbst.

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Wie viel Geld hat jemand verdient, der die Aktien seit dem Börsengang 1986 hält?

Am ersten Handelstag schlossen die Puma-Papiere bei 33,85 Euro. Mittlerweile kosten sie mit 342 Euro mehr als das Zehnfache. Zum Vergleich: Adidas wird seit 1995 an der Börse notiert. Der Kurs hat sich seither vervierfacht.

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Was war Pumas größter Coup?

Die Zusammenarbeit mit Boris Becker. Der hatte Mitte der achtziger Jahre noch mit einem Adidas-Schläger gespielt. Doch dann, noch vor dem ersten Wimbledon-Sieg Beckers, ging es um die Vertragsverlängerung. Bei Adidas winkte Horst Dassler, der Sohn von Adi Dassler ab, als man die Forderung von Becker-Manager Ion Tiriac hörte. Bei Puma hatte Tiriac mehr Glück. Dazu soll ein Satz genügt haben: "Nimm diese Boris, dann du kannst deine Cousin Horst ein wenig ärgern" - und Armin Dassler, der Sohn von Rudolf Dassler, willigte ein. Bald darauf war Puma Weltmarktführer im Bereich Tennisschläger.

Lesen Sie weiter: Wer steht hinter dem Puma-Verkauf?

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Wer steht hinter dem Puma-Verkauf?

Puma ist nach Nike und Adidas der drittgrößte Sportartikelhersteller der Welt und gilt schon lange als Übernahmekandidat. Größter Einzelaktionär bei Puma ist die Vermögensverwaltungsgesellschaft Mayfair, die wiederum den Geschwistern Günter und Daniela Herz gehört.

Der 66-jährige Günter Herz stand 30 Jahre an der Spitze des Kaffe-und Handelskonzerns Tchibo.

2001 schied Günter Herz nach langen Streitereien mit seinen Brüdern Michael, Wolfgang und Joachim aus dem Unternehmen aus. Zusammen mit seiner Schwester Daniela erhielt er eine Ausgleichszahlung von rund vier Milliarden Euro.

Damit haben die beiden Geschwister die Mayfair gegründet und sind seitdem ständig auf der Suche nach "guten Unternehmen zu vernünftigen Preisen", wie es ein Manager von Mayfair formuliert.

Für rund 500.000 Millionen Euro stiegen die Geschwister bei Puma ein und haben danach ihre Anteile von 17 Prozent kontinuierlich ausgebaut. Zuletzt hielten Günter und Daniela Herz 27,1 Prozent der Anteile an dem fränkischen Sportartikelhersteller.

Das Investment hat sich gelohnt. Mit einem Aktienpreis von 330 Euro bekommen die Geschwister damit vermutlich das Doppelte dessen, was sie 2005 investiert hatten - ein Gewinn von mehr als 500 Millionen Euro in nur zwei Jahren.

Lesen Sie weiter: Wer will künftig bei Puma das Sagen haben?

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Wer will künftig bei Puma das Sagen haben?

Der französische Luxusgüterkonzern PPR verfügt bereits über klangvolle Namen in seinem Markenportfolio - Luxusmarken wie Gucci oder Yves Saint Laurent gehören dazu, aber auch wie Alexander McQueen oder Stella McCartney sowie der französische Buch- und Unterhaltungsmedienhändler Fnac.

Nach der Übernahme einer Kontrollminorität hat PPR bereits angekündigt, auch die restlichen Aktien aufkaufen zu wollen. Den Puma-Aktionären bietet PPR 330 Euro je Aktie, was den Sportartikelhersteller mit rund 5,5 Milliarden Euro bewertet.

Während Analysten dieses Angebot als nicht ausreichend einstufen, empfiehlt das Puma-Management den Aktionären, die Offerte anzunehmen. "Das Engagement von PPR dient den Interessen des Unternehmens", sagte etwa der Vorstandsvorsitzende Jochen Zeitz. Puma profitiere nach den Worten von Zeitz von der Internationalität und dem Vertriebs-Know-How des finanzstarken Konzerns.

Das französische Traditionsunternehmen firmierte bis vor zwei Jahren noch unter dem Langnamen Pinault-Printemps Redoute. Vor zwei Jahren hat François-Henri Pinault von seinem Vater die Konzernführung übernommen. Pinault erwartet, dass nach dem Puma-Kauf die Gewinne bei der gesamten Gruppe steigen werden. Den Milliarden-Deal finanziert PPR über Kredite, allerdings ohne dafür eine andere Tochter zu verkaufen.

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