Die Steuerpläne der Koalition:So gut wie jeder ist betroffen

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Ob Arbeitnehmer, Aktionär oder Pendler: Auf die Bürger kommen zahlreiche Änderungen zu.

Ulrich Schäfer

Union und SPD werden das Steuerrecht in den nächsten Jahren umfassend umbauen. Unternehmen und Erben dürfen sich auf niedrigere Sätze freuen. Zugleich fallen eine Vielzahl von Steuervergünstigungen weg. Auch die Regeln für Mini-Jobber ändern sich. Für Familien gibt es ein Elterngeld.

Unternehmensteuer: Zum 1. Januar 2008 sollen die Steuerregeln für Kapital- und Personengesellschaften vereinheitlicht werden und die Sätze spürbar sinken. Der designierte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) will nach Möglichkeit die Beschlüsse des Jobgipfels vom März einarbeiten, wonach die Körperschaftsteuer von 25 auf 19 Prozent sinken soll. Eine Nettoentlastung der Unternehmen ist nicht geplant.

Degressive Abschreibung: Unternehmen, die in Maschinen oder andere Wirtschaftsgüter investieren, dürfen im Jahr des Erwerbs wie früher 30 Prozent - und nicht bloß zwanzig Prozent - der Anschaffungskosten abschreiben. Diese Maßnahme ist auf zwei Jahre begrenzt (2006 und 2007) und soll die Wirtschaft ankurbeln. Den Fiskus kostet dies 4,3 Milliarden Euro pro Jahr. Dagegen wird die degressive Abschreibung für Mietwohnungen abgeschafft.

Erbschaftsteuer: Spätestens von 2007 an sollen Erben keine Erbschaftsteuer mehr bezahlen müssen, wenn sie ein Unternehmen zehn Jahre weiterführen. Für jedes Jahr, in dem die Jobs erhalten bleiben, wird ein Zehntel der Steuerschuld erlassen. Den Ländern gehen dadurch 500 Millionen Euro pro Jahr verloren.

Ist-Besteuerung bei Umsatzsteuer: Unternehmen müssen die Umsatzsteuer erst dann abführen, wenn ihr Kunde die Rechnung beglichen hat. In Westdeutschland werden die Grenzen dafür auf 250 000 Euro Umsatz verdoppelt. In Ostdeutschland bleiben sie bei 500 000 Euro. In der Vergangenheit gerieten Unternehmen oft in Zahlungsschwierigkeiten, weil sie die Umsatzsteuer vor dem Erhalt des Rechnungsbetrags ans Finanzamt zahlen mussten. Die Umstellung kostet den Staat 2006 einmalig Geld.

Einnahme-Überschuss-Rechnung: Kleinunternehmer können ihren Gewinn einfach mit einer Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben berechnen; eine komplette Bilanz ist nicht nötig. Bisher war die vereinfachte Gewinnermittlung bis zum Umsatz von 350.000 Euro möglich, nun soll die Grenze steigen. Der Koalitionsvertrag lässt die Höhe offen. Im Gespräch sind eine Million Euro.

Steuersparfonds: Die Steuervorteile sollen nun doch bereits ab dem 11. November dieses Jahres wegfallen (Seite 19). Dies sei möglich, erklärt das Finanzministerium, weil die Fondsbetreiber und Anleger sich ohnehin schon darauf eingestellt hätten.

Mehrwertsteuer: Die Abgabe auf den Konsum steigt zum 1. Januar 2007 von 16 auf 19 Prozent. An der ermäßigten Mehrwertsteuer auf Bücher, Zeitungen, Lebensmittel, Schnittblumen oder Tierfutter ändert sich nichts: Sie beträgt auch künftig sieben Prozent.

Versicherungsteuer: Die Steuer steigt gleichzeitig mit der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent. Die Versicherungsteuer wird auf die gezahlten Entgelte erhoben, also Beiträge und Prämien. Eigentlich muss sie der Versicherte tragen, üblicherweise wird die Steuer jedoch vom Versicherungsunternehmen abgeführt. Ausgenommen sind alle gesetzlichen und privaten Lebens- und Krankenversicherungen sowie die gesetzliche Arbeitslosenversicherung

Pendlerpauschale: Von 2007 an wird die Pauschale von 30 Cent pro Kilometer nur gewährt, wenn die Arbeitsstätte mindestens 21 Kilometer entfernt ist.

Eigenheimzulage: Der Zuschuss für Bauherren und Erwerber von Immobilien fällt vom 1. Januar nächsten Jahres an für alle Neufälle weg. Wer die Staatshilfe bereits jetzt bekommt, ist davon nicht betroffen.

Private Handwerker-Rechnungen: Wer Wohnung oder Haus renovieren lässt, darf die Kosten dafür vom kommenden Jahr an teilweise von der Steuer absetzen. Das gleiche gilt für die private Kinderbetreuung. Details werden im Koalitionsvertrag nicht genannt. Es ist zu erwarten, dass die Regierung eine Obergrenze einzieht. Im Gespräch war bislang, dass von Rechnungen bis 3000 Euro ein Fünftel der Ausgaben abgesetzt werden darf, maximal also 600 Euro. Die Koalition will zudem haushaltsnahe Dienstleistungen fördern und dafür bis 2009 fünf Milliarden Euro ausgeben.

Minijobs: Die Sozialversicherungsabgaben steigen hierfür von 25 auf 30 Prozent. Das bringt dem Staat rund 700 Millionen Euro.

Kindergeld/Elterngeld: Das Kindergeld wird nur noch bis zum 25. Lebensjahr der Kinder gewährt, ebenso der Kinderfreibetrag, der Besserverdienern zusätzlich nützt. Das Erziehungsgeld wird 2007 durch eine einkommensabhängige Leistung für junge Eltern ersetzt. Ein Jahr lang soll ein Elternteil 67 Prozent des letzten Einkommens erhalten, maximal 1800 Euro. Eltern mit geringem Einkommen sollen eine Mindestleistung bekommen.

Veräußerungsgewinne: Besitzer von Aktien, Wertpapieren und Immobilien müssen vom 1. Januar 2007 an auf sämtliche Veräußerungsgewinne eine pauschale Steuer von 20 Prozent bezahlen. Die bisherige Regelung, dass nach einer Haltefrist der Gewinn steuerfrei ist, soll entfallen. Die Pauschalsteuer soll nicht rückwirkend gelten. Sie wird vermutlich nur dann greifen, wenn die Wertpapiere oder Immobilien ab dem Jahr 2007 erworben wurden, oder aber sie wird auf Gewinne ab diesem Zeitpunkt beschränkt.

Sparerfreibetrag: Die Grenze, bis zu der Kapitalerträge nicht versteuert werden müssen, wird 2007 halbiert. Für Verheiratete sinkt sie auf 1500 Euro, für Ledige wird sie auf 750 Euro halbiert. Im Gegenzug soll auch der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nicht steigen; dies war zeitweise als Ausgleich für die sozialen Härten erwogen worden, erwies sich aber offenbar als zu teuer.

Sonstige Steuerfreibeträge: Zum 1. Januar 2006 werden die Freibeträge für Abfindungen und Übergangsgelder gestrichen. Auch die Kosten für den Steuerberater darf man für Steuererklärungen der Jahre 2006 und später nicht mehr absetzen. Die Freibeträge für Bergmannsprämien sowie Heirats- und Geburtshilfen, die der Arbeitgeber zahlt, werden 2007 ersatzlos gestrichen. Zudem darf man sein häusliches Arbeitszimmer nur noch dann absetzen, wenn es wirklich der zentrale Arbeitsplatz ist.

Biokraftstoff: Ab Mitte des nächsten Jahres soll Ökosprit genauso wie Mineralöl voll besteuert werden, was mittelfristig etwa zwei Milliarden Euro pro Jahr bringt. Im Gegenzug werden die Mineralölkonzerne verpflichtet, beim Diesel einen bestimmten Anteil des Kraftstoffes beizumischen, sodass die Ökosprit-Branche weiter florieren kann.

© SZ vom 14.11.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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